Maxvorstadt:Schub oder Schublade

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Nach den Pfingstferien will der Stadtrat einen Kompromiss bei der Verkehrsregelung rund um die Pinakotheken finden. Stadtviertelpolitiker befürchten, dass das Projekt erneut in der Versenkung verschwindet

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Wenn es um die Geschwindigkeit bei der Neugestaltung des Museumsviertels geht, ist dies mit dem Begriff Schneckentempo immer noch als zu langsam charakterisiert. Seit Jahrzehnten kursieren Konzepte, wie das Kunstareal in der Maxvorstadt attraktiver gestaltet und besser an die Innenstadt angebunden werden kann. Passiert ist wenig. Und ein wichtiger Eingriff zur Verbesserung der Situation kommt - nach 35 Jahren Planung - nur im Kriechschritt voran: die Aufhebung der Einbahnregelung in Abschnitten der Gabelsberger- und Theresienstraße. Seit Monaten wird das Projekt von einer Sitzung zur nächsten vertagt. Die Rathaus-Koalitionäre ringen um Details; es ist unklar, ob sie nach den Pfingstferien einen Kompromiss finden. Stadtviertelpolitiker befürchten, dass die "Modifizierte Alternative 5", wie das Projekt im Behördendeutsch heißt, erneut in der Schublade verschwindet.

Die "Schatzkammer", wie Stadtbaurätin Elisabeth Merk das Museumsquartier einmal nannte, ist von Verkehr umschlossen. Die zweispurigen Ost-West-Tangenten Gabelsberger- und Theresienstraße sowie ein kurzer Abschnitt der Türkenstraße wirken wie Barrieren - und wie eine Einladung zum Rasen. Als "Autobahnen" werden sie von Anwohnern geschmäht. Schon lange fordern sie den Richtungswechsel, was auch im Bürgergutachten zum Kunstareal dokumentiert ist: Nahezu alle Arbeitsgruppen dieses Quartiersprojekts sahen die Aufhebung der Einbahnregelung ganz oben auf der Prioritätenliste.

Im Planungsreferat steht sie dort schon seit dem 21. Mai 1980. An diesem Tag legte die Behörde dem Stadtrat nach langer Variantendebatte den Beschluss zur "Alternative 5" vor: Demnach sollen auf der Gabelsbergerstraße die Fahrzeuge zwischen Arcis- und Türkenstraße wieder in beiden Richtungen fahren, auf der Theresienstraße im Abschnitt von der Türken- zur Luisenstraße. Seit 1991 existiert die Entwurfsplanung, wurde aber nicht ins städtische Investitionsprogramm aufgenommen, sprich: Das Projekt wanderte in die Schublade. Anfang dieses Jahres wurde es wieder herausgeholt. In der Vorlage für die Stadträte heißt es: Mit dem Zweirichtungsverkehr werde die "prägende Dominanz des Kfz-Verkehrs" im Stadtteil und auch die Verkehrsbelastung reduziert, und zwar um 15 Prozent. Die Behörde rechnet mit einer "grundsätzlichen Verbesserung der Aufenthaltsqualität", zudem werde der ganze Bereich "stadträumlich aufgewertet".

Seitdem hat der Stadtrat die Entscheidung zwei Mal vertagt. Zuletzt auf Drängen der CSU. Der Knackpunkt für die Christsozialen: Mit den neuen Radwegen fallen 90 Parkplätze weg. "Es kann nicht sein, dass so viele Stellplätze wegrasiert werden", sagt der Planungsexperte der CSU-Stadtratsfraktion, Walter Zöller. Zudem sei er nicht überzeugt, dass der Zweirichtungsverkehr eine Verkehrsberuhigung bringen werde. Einen Kompromiss will er aber nicht ausschließen. Der SPD-Planungsexperte Christian Amlong sieht einer Einigung sehr zuversichtlich entgegen. Man könne über einzelne Details reden. "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sich die CSU-Fraktion insgesamt gegen das sehr sinnvolle Konzept sperren wird." Er sieht in der Neuregelung des Autoverkehrs rund um die Pinakotheken eine erhebliche Aufwertung des Stadtteils.

Die Lokalpolitiker im Viertel sind davon schon seit geraumer Zeit überzeugt - und vom Gezerre um die "Alternative 5" ziemlich frustriert. "Ich sehe die Gefahr, dass das Projekt wieder in die Ablage kommt", sagt der Vorsitzende des örtlichen Bezirksausschusses, Christian Krimpmann (CSU). Er zeigt sich sehr enttäuscht über die Verzögerung. "Mit der Einstellung wird es nie kommen", appelliert er an die Rathauskoalitionäre, endlich eine Entscheidung zu treffen. "Sehr enttäuschend" nennt die SPD-Fraktionssprecherin im BA, Sigrid Mathies, den Aufschub der Abstimmung. Bei allem Frust zeigt sie sich dennoch optimistisch, dass die Koalitionäre sich einigen. Grünen-Sprecherin Svenja Jarchow sagt: "Ich glaube, die Mehrheit weiß, dass es im Kunstareal vorangehen muss."

Die "Alternative 5" ist dabei allerdings nur ein Baustein im an offenen Infrastrukturproblemen nicht armen Kunstareal: Die Rampe des Altstadttunnels am Oskar-von Miller-Ring riegelt das Quartier ab, sie soll neu gestaltet werden. Dazu soll das Abbiegen von der Ludwigstraße auf den Altstadtring möglich werden. Schließlich will die Stadt den maroden Altstadtringtunnel sanieren, der obendrein nach den Vorgaben des Brandschutzes nachgerüstet werden muss. Die Reihenfolge der einzelnen Projekte ist noch offen. Auch, ob die "Alternative 5" vor der Altstadttunnel-Sanierung durchgezogen werden kann, ist noch nicht abschließend geklärt.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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