Maxvorstadt:Passt schon

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Bei der offiziellen Feier am umgestalteten Josephsplatz dominieren nach jahrelangen, teils heftigen Protesten die versöhnlichen Töne. Und die Stadt hat einmal mehr gelernt: Bürgerbeteiligung tut gut

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Rosemarie Hingerl lässt sich das Schwärmen nicht nehmen, bevor deutlich wird, dass der wütende Protest wohl doch etwas bewirkt hat. Die Chefin des städtischen Baureferats steht auf einer Bühne auf dem Josephsplatz, der Duft von Grillwürstchen umweht gut 60 Menschen, die es sich an Biergarnituren bequem gemacht haben. "Es ist wirklich gelungen", sagt die Leiterin jener Behörde, die für das neue Gesicht dieses Platzgefüges verantwortlich zeichnet. Dann spricht sie vom Rücksichtnehmen auf die Wünsche der Bürger. "Wir machen das heute immer", versichert sie.

Es ist Freitagnachmittag, das Baureferat hat zur offiziellen Eröffnung des "neuen Josephsplatzes" geladen. Es gibt Gegrilltes, Bier und Musik - sowie die Bestätigung dafür, dass der spektakuläre Aufstand der Anwohner im Frühjahr 2013 gegen die Tiefgarage und die Umgestaltung des Platzes in der Stadtverwaltung nachhaltige Wirkung hinterlassen hat. "Wir hätten es besser machen können", räumt Hingerl im Gespräch mit der SZ ein. Man hätte besser informieren sollen, vor allem unmittelbar vor Baubeginn, "damit es nicht zum Überraschungseffekt kommt". Die Konsequenz daraus: Inzwischen ist es zum Standard geworden, einen Bürgerworkshop zu halten, bevor die Planungen überhaupt losgehen. "Wir befragen die Anwohner jetzt immer nach ihrer Erwartungshaltung", sagt Hingerl.

Spielwiese: Kinder haben den neuen Josephsplatz schon lieb gewonnen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Behörde hat verstanden, dass sie den Münchnern Transparenz und Mitsprache bieten muss - und echte Teilhabe an der Umgestaltung ihres Umfelds. Das zeigt sich derzeit am aufwendigen Planungsworkshop für die "Stadtreparatur" am Oskar-von-Miller-Ring und der Westrampe des Altstadtringtunnels: ein kompakter Prozess mit klarem Zeitplan, bei dem die Bürger im Schulterschluss mit dem Bezirksausschuss ihre Vorschläge direkt an die Architekten richten können. Dabei lief die Planung für das Tiefgaragen-Bauwerk am Josephsplatz keineswegs heimlich ab - im Gegenteil. Hingerl rechnet in ihrer Rede vor, dass es 18 öffentliche Veranstaltungen gegeben habe.

Das Hin und Her um den Josephsplatz reicht wohl mehr als 20 Jahre zurück. Das Areal um den Sakralbau zählt zu den dichtest besiedelten Teilen Münchens, entsprechend schwer ist es, einen Parkplatz zu finden. Ein Teil der Anwohner forderte immer wieder, eine Tiefgarage zu bauen. Andere waren dagegen, wollten ihren geliebten Josephsplatz nicht angetastet sehen. Die Befürworter setzten sich bei einer Bürgerversammlung durch; 2007 erteilte der Stadtrat den Planungsauftrag; es gab einen Planungs-Workshop, der im Bezirksausschuss sowie in der Bürger- und einer eigenen Einwohnerversammlung vorgestellt wurde.

Doch als die Bagger anrückten, fühlten sich viele überrumpelt - trotz oder wohl gerade wegen des endlos langen Planungsprozesses. Sie marschierten zu Demos auf, hielten Mahnwachen ab. Umweltaktivisten von "Robin Wood" belagerten Bäume; zwei wütende Protestler besetzten das Vorzimmer des damaligen Oberbürgermeisters Christian Ude. Schließlich ließ die Stadt den Platz abriegeln, ein Sicherheitsdienst patrouillierte.

Während der drei Jahre Bauzeit für die 265 Autos fassende Tiefgarage ließen die Kritiker nicht locker. Es ging nun um die Gestaltung der Oberfläche, um die Breite der Hecken etwa, aber auch um das Konzept an sich: Geschwungene Rasensegmente schmiegen sich an sichelförmige Sandkästen, aus denen eine Art Schilfstangen herausragen. Es soll ein durchkomponierter Design-Ansatz sein, bei dem die Spielgeräte mit den Büschen und Bäumen korrespondieren. Der Raum vor der Kirche wurde aufgeweitet, er bietet nun Platz für Wochenmärkte und Stadtteilfeste. "Wir haben ein Juwel im öffentlichen Raum hinzugewonnen", ruft der Bezirksausschusschef Christian Krimpmann bei der Eröffnungsfeier ins Mikrofon.

Die Mehrheit der Anwohner dürfte ihm zustimmen. Denn einige von ihnen können ins Schwärmen kommen über die Atmosphäre an lauen Sommerabenden, wenn sich hier Dutzende aus der Nachbarschaft treffen. Martha Hipp, Grünen-Politikerin im örtlichen Bezirksausschuss, zum Beispiel, nennt es "südländisches Flair".

© SZ vom 29.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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