Maxvorstadt:Öffentliche Wundheilung

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Die Westrampe des Altstadtringtunnels gilt als hässliche Narbe im Stadtraum. Ganz verschwinden wird sie nicht, aber vielleicht verblassen: Die Bürger sollen jetzt an einem Planungsprozess zur Gestaltung der Freiflächen mitwirken

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Diese Kreuzung zählt zu den unwirtlichsten öffentlichen Räumen am Rande der Innenstadt: Die westliche Rampe des Altstadtringtunnels ist eine schier unüberwindliche Schneise im Stadtraum - eine öde Straßenschlucht, Überbleibsel der autoverliebten Nachkriegszeit, als die Stadt noch "autogerecht" zu sein hatte. Nun soll dieses Stück Stadt am Oskar-von-Miller-Ring und der östlichen Gabelsbergerstraße den Menschen gerecht gestaltet werden.

Gemäß dem Konzept wird sich am Straßengefüge zwar kaum etwas ändern, die Schneise wird nicht verschwinden. Doch sie soll schmaler werden, gefahrlos passierbar und angemessen hergerichtet für Fußgänger und Radfahrer. Es ist ein Eingriff in eine "Wunde im Stadtraum", wie diese Nahtstelle zwischen City und Kunstareal oft genannt wird - und die Öffentlichkeit darf und soll nun an der Vorbereitung der Operation mitwirken: An diesem Donnerstag, 20. Juli, startet ein Planungsworkshop-Prozess zur Gestaltung der Freiflächen. Die Auftaktveranstaltung findet um 18 Uhr im Oskar-von-Miller-Forum, Oskar-von-Miller-Ring 35, statt.

Die Veranstaltung wird von vielen Menschen in der Maxvorstadt mit Spannung erwartet. Schon deshalb, weil ihre Erwartungen enttäuscht wurden. "Das Bedauern hält an, dass es nicht zum großen Wurf gekommen ist", drückt Martin Fürstenberg vom Münchner Forum, dem Diskussionsverein zu Fragen der Stadtgestaltung, das allgemeine Empfinden aus. Bürger, Lokalpolitik und viele Akteure im Kunstareal haben zähneknirschend akzeptiert, dass die Barriere zwischen Innenstadt und Museumsquartier nicht beseitigt wird. Eine "Stadtreparatur" hatten sie erwartet, eine echte Heilung der Wunde, wenn man so will. Doch die Straßenschlucht bleibet eine Schlucht, sie wird nur zusammengestutzt. In den Worten von Florian Hochstätter, Leiter des Bereichs Stadtgestaltung im Baureferat: "Der Stadtrat hat sich für eine bestandsorientierte Lösung entschieden."

Dies geschieht im Zuge der anstehenden Generalsanierung des Altstadtringtunnels: Richtung Osten fällt eine Fahrspur im Tunnel weg; die Rampe zur Innenstadt wird steiler angelegt, der achtspurige Abschnitt der Gabelsbergerstraße auf fünf Spuren verengt. Dadurch entstehen Freiräume, sowohl auf der Seite des Landesbank-Komplexes als auch vor der Markus-Kirche. Bezirksausschuss und Münchner Forum pochten mit Erfolg darauf, den gestutzten Planungs-Wurf unter Beteiligung der Bürgerschaft durchzuziehen.

Und so läuft nun eine Workshop-Prozedur an, die im Dezember 2018 in einen Stadtratsbeschluss münden soll. 220 000 Euro sind im Haushalt für das Verfahren reserviert, ein Teil davon fließt als Honorar an vier Landschaftsarchitektur-Büros, die um das beste Konzept konkurrieren sollen.

Die erste Phase beginnt bei der Veranstaltung am Donnerstag: Das Baureferat hat 4000 Anlieger angeschrieben; die Besucher bekommen von Baureferats-Mitarbeiter Hochstätter zunächst das Konzept für den Straßen-Umbau vorgestellt. Die Gäste sollen Wünsche und Anregungen äußern, welche für die beteiligten Büros zum "Teil der Aufgabenstellung" werden, wie Hochstätter sagt. Da wird wohl vor allem dem Münchner Forum so einiges einfallen; die Organisation hat dazu schon ein Positionspapier veröffentlicht. Ganz oben auf der Wunschliste: Die "trennende Wirkung" soll reduziert, Altstadt und Kunstareal sollen endlich als "zusammengehörige Innenstadtquartiere" erlebbar werden. Eben dies ersehnen auch die Institutionen im Museumsquartier, damit die Touristen aus der City endlich zu ihnen finden. Vielfach wurde schon gefordert, es müsse in diesem Bereich ein "Entree zum Kunstareal" geben, eine angemessene Passage mit Aufenthaltsqualität zwischen Altstadt und Museumsquartier, womöglich mit künstlerischen Elementen und spezieller Beleuchtung. Ferner wünscht sich auch die Kirchengemeinde von Sankt Markus, nicht mehr durch die Straßen-Barriere buchstäblich an den Rand gedrängt zu sein, sondern Teil des Kunstareal-Gefüges zu werden. "Wir erwarten kreative und auch ungewöhnliche Gestaltungsideen von den Landschaftsarchitekten", sagt Martin Fürstenberg vom Münchner Forum.

Wie auch immer diese ausfallen, sie müssen gemäß der Verfahrensvorgabe bis 30. Oktober eingereicht sein, damit ein so genanntes Beurteilungsgremium aus Architekten sowie Vertretern des Stadtrates, des Bezirksausschusses und des Baureferats Anfang Dezember darüber einen ersten Kommentar abgegeben und die zweite Phase einläuten kann: die Präsentation der Lösungsvorschläge im April oder Mai 2018 bei einem Bürgerdialog mit erneuter Debatte. Im September 2018 soll das Beurteilungsgremium dann eine Realisierungs-Empfehlung an den Stadtrat formulieren, dem zwei Monate später ein Beschlussvorschlag vorliegen soll. Der Beginn der Arbeiten ist für 2020 angepeilt.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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