Maxvorstadt:Kreativ gegen die Problemzone

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Beim Auftakt des Workshops zur Umgestaltung der trostlosen Straßenkreuzung am Westausgang des Altstadtring-Tunnels machen die Bürger deutlich, dass sie sich eine umfassende Stadtreparatur wünschen

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Kurz bevor es los geht, nehmen sich drei Männer die Zeit für ein Erinnerungsfoto. Manchen der Umstehenden mag das kurios vorkommen: ein Schnappschuss vor einer Stellwand mit einer bunten Planskizze im nüchternen Foyer des Oskar-von-Miller-Forums. Doch Klaus Bäumler, Oskar Holl und Christian Krimpmann dürfte diese Veranstaltung wie ein historischer Moment vorkommen - für sie selbst und für die Maxvorstadt.

Jeder von ihnen hat in den vergangenen 40 Jahren als Vorsitzender des örtlichen Bezirksausschusses für das gekämpft, was am Donnerstagabend seinen Anfang nahm: der Auftakt zum Workshop-Prozess für die Umgestaltung einer Bausünde, der trostlosen Straßenkreuzung am Westausgang des Altstadtring-Tunnels. "Stellen wir uns vor die Zukunft", sagt der aktuelle BA-Chef Krimpmann. Die Zukunft, damit ist die Planskizze an der Stellwand gemeint. Sie zeigt die monströse Straßenschlucht aus der Vogelperspektive, eingerahmt von gelb markierten Flächen. Das sind jene Bereiche, die das Baureferat als Gestaltungsspielraum identifiziert hat, 13 000 Quadratmeter "Umgriff", wie das in der Behördensprache genannt wird.

Allein, die behördliche Zukunftsplanung ist vielen unter den gut 100 Besuchern zu mickrig. Die am häufigsten geäußerte Forderung an diesem Abend: Die Stadt soll sich bemühen, den Umgriff auf die privaten Flächen auszudehnen, vor allem zur Markus-Kirche im Norden und zum Landesbank-Komplex im Süden. "Es muss geklärt werden, ob Nachbarn bereit sind, Flächen für mehr Gestaltungsspielraum zu integrieren", sagt Wolfgang Czisch vom Münchner Forum. Einer der Nachbarn erklärt sich sogleich bereit dazu: "Wir haben großes Interesse daran", versichert der Pfarrer der Markus-Kirche, Olaf Stegmann. Sein dringender Appell: "Sie sollten hier nicht Klein-Klein gestalten, sondern alles zusammen denken."

Derzeit vor allem noch Verkehrsschneise: der Altstadtring vor der Maxvorstädter Markuskirche. (Foto: Stephan Rumpf)

Er artikuliert damit den dringenden Wunsch der Bevölkerung. Die fordert schon seit Jahrzehnten eine "Stadtreparatur" an dieser Stelle ein, die täglich von 60 000 Autos frequentiert wird. Die Chance dazu ergibt sich, weil der Altstadtring-Tunnel generalsaniert und überdies für den Brandschutz ertüchtigt werden muss. Dabei soll auch die alte Bausünde an der Tunnel-Westrampe behoben werden. Der Bezirksausschuss und das Münchner Forum hatten massiv Druck gemacht, dass die Oberfläche nicht einfach nur in den Amtsstuben geplant, sondern unter Mitwirkung der Bürgerschaft gestaltet wird. Das Ergebnis ist ein öffentliches Workshop-Verfahren: Die Behörde gibt die Umrisse der bespielbaren Fläche vor; die Bürger äußern Wünsche, aus denen vier Landschaftsarchitekturbüros bis 30. Oktober Entwürfe stricken. Eine Jury gibt dazu einen Kommentar ab, die Bürger befinden im Frühjahr 2018 bei einem erneuten Workshop-Tag darüber. Die Architekten überarbeiten ihre Entwürfe, die Jury tagt erneut - und der Stadtrat entscheidet im Dezember 2018.

Dabei ist an diesem Abend im Oskar-von-Miller-Forum immer noch die Enttäuschung spürbar, dass die Stadtpolitiker sich gegen einen Total-Umbau entschieden haben: Die Straßenschlucht verschwindet nicht, sie soll nur zusammengequetscht, die Fahrspuren an der Gabelsbergerstraße von elf auf fünf reduziert, Gehsteige und Radwege erweitert werden. So gewinne man etwa 1500 Quadratmeter zusätzlicher Fläche, sagt Florian Hochstätter vom Baureferat. Der Leiter des Bereichs Stadtgestaltung sprach sich durchaus dafür aus, dass die Büros Entwürfe für eine Ausweitung des Umgriffs vorlegen. "Doch ich sehe es als problematisch an, mit Steuergeldern private Grundstücke zu überplanen." Das Interesse der Bayerischen Landesbank sei bisher nicht erkennbar, lässt er im Gespräch mit der SZ durchblicken. Die Bank will sich auf Anfrage dazu nicht äußern.

Die Bürger halten mit ihren Wünschen dagegen nicht hinterm Berg. Mehrfach wird darauf gedrungen, den Bereich als "Entree zum Kunstareal" zu gestalten. Dabei bleibt auch die Bitte nach ausgefallenen Projekten nicht aus - ein schwungvolles Brückenbauwerk etwa, wie es der Architekt Peter Haimerl vorgeschlagen hat. "Das wäre etwas Visionäres", sagt ein Besucher und bekommt dafür Beifall.

Die Idee wird wohl ein Traum bleiben, wie Hochstätters Ausführungen nahelegen: zu teuer, zu überdimensioniert würde das Bauwerk, da es barrierefrei angelegt werden müsse. Dennoch ermunterte er die anwesenden Architekten: "Es ist vieles möglich, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt." Bei der Stellwand mit der Planskizze hat ein 25-jähriger Student schon mal einen Vorschlag: "Tunnel zuschütten, Autos raus aus der Innenstadt."

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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