Maxvorstadt:Ein Platz für Forscher

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Vor zwei Jahren scheiterte eine Initiative mit dem Versuch, den Münchner Nobelpreisträgern ein Denkmal zu setzen. Ein neuer Vorstoß hat jetzt zum Ziel, ihnen stattdessen das Areal um die Alte Pinakothek zu widmen

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Der Präsident der Heisenberg-Gesellschaft ist ziemlich deprimiert gewesen im Dezember 2014. Der Grund: Das Kulturreferat der Stadt hatte ein Denkmal für die Münchner Nobelpreisträger abgelehnt. Kurz vor Weihnachten setzt sich Konrad Kleinknecht an seinen Computer und schreibt seine Enttäuschung nieder.

"Wenn man bedenkt, wie viele Denkmale für Personen geringerer Bedeutung in München aufgestellt wurden und werden, ist das eine enttäuschende Haltung", steht im Weihnachtsgruß an Karin Hiersemenzel. Der Brief endet mit dem Satz: "Vielleicht kann die Idee auf andere Weise Gestalt annehmen." Hiersemenzel denkt sich: Ja genau - und so startete die FDP-Fraktionssprecherin jetzt im Bezirksausschuss Maxvorstadt eine neue Initiative, um eine bleibende Erinnerung an bedeutende Forscher zu schaffen, die in München gewirkt haben. Das Bürgergremium war von dem Antrag sehr angetan - und fordert nun: Das Areal um die Alte Pinakothek soll zum Platz erklärt werden und den Namen "Platz der Münchner Nobelpreisträger" erhalten.

Selten hat die Forderung eines Bürgergremiums solch begeisterte Reaktionen ausgelöst, wie Hiersemenzels Vorstoß für ein Nobelpreisträger-Denkmal im Sommer 2013. Der damalige Wissenschaftsminister und heutige Münchner Stadtrat Wolfgang Heubisch (FDP) war ebenso euphorisch wie die Vizevorsitzende des Landtagsausschusses für Hochschule, Wissenschaft und Kultur, Isabell Zacharias (SPD). Geradezu entzückt zeigte sich TU-Präsident Wolfgang Herrmann, bei der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) fand man den Gedanken "durchaus interessant".

Initiatorin Karin Hiersemenzel führte damals an - und tut das auch heute noch-, dass in keiner anderen europäischen Metropole so viele Nobelpreisträger aus den Bereichen Physik, Chemie und Medizin lebten und arbeiteten wie in München. Die Technische Universität (TU) verzeichnet 13 Wissenschaftler aus ihren Reihen, die mit dieser höchsten Forscher-Ehrung ausgezeichnet wurden, darunter Ernst Otto Fischer (1973, Chemie) und Heinrich Wieland (1927, Chemie). Letzteren führt auch die LMU in ihrer 13 Personen umfassenden Nobelpreisträger-Historie, in der auch etwa Wilhelm Conrad Röntgen (1901, Physik) und Werner Heisenberg (1932, Physik) aufgelistet sind. München verbunden sind aber auch die Literatur-Nobelpreisträger Paul Heyse und Thomas Mann und der Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde.

Der Kulturausschuss des Stadtrates entschied sich - auf Anraten des Kulturreferats - vergangenen Herbst dennoch gegen ein Denkmal. Es sei wegen der unterschiedlichen Disziplinen nicht geeignet; sinnvoller sei ein Themengeschichtspfad, bei dem auf die Forscher eingegangen werde.

Für Hiersemenzel und ihre BA-Kollegen ist das nicht angemessen. Es sei "dringend geboten", so steht es in dem Beschluss, "im öffentlichen Raum an prominenter Stelle darauf zu verweisen, welche bedeutende Rolle München in Wissenschaft und Forschung im vergangenen Jahrhundert gespielt hat und noch immer spielt. Die neue Idee: Wenn schon kein Denkmal errichtet wird, dann soll zumindest ein Platz an die verdienstvollen Forscher erinnern.

Wilhelm Conrad Röntgen entdeckte 1895 die nach ihm benannten Röntgenstrahlen und wurde dafür 1901 mit dem ersten Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. (Foto: dpa)

Der Ort soll indes der gleiche bleiben: Nach Vorstellung der Stadtviertelpolitiker soll der Vorplatz der Alten Pinakothek als eine Art Kollektiv-Ehrung in "Platz der Münchner Nobelpreisträger" benannt werden. Derzeit trägt die Pinakothek die Adresse Barer Straße 29. Dass das Areal dem Freistaat gehört, sieht die FDP-Politikerin kaum als Hinderungsgrund für die Umbenennung. Sie nennt den Bernd-Eichinger-Platz als vergleichbares Beispiel. So heißt die Fläche vor der Hochschule für Film und Fernsehen unweit der Alten Pinakothek an der Gabelsbergerstraße. "Wenn es bei dem Filmproduzenten geklappt hat, müsste es doch möglich sein, für die Nobelpreisträger einen Platz zu finden."

Manche Nobelpreisträger sind in der Tat in Vergessenheit geraten. Einige haben nur in München ihr Studium absolviert und waren als Forscher an anderen Hochschulen tätig. Indes sind nach einzelnen Preisträgern durchaus Straßen benannt: Es gibt die Heinrich-Wieland-Straße in Neuperlach, die Max-von-Laue-Straße am Harthof oder den Adolf-Baeyer-Damm in Perlach. In Großhadern ist eine Straße nach Feodor Lynen benannt, im Vorort Planegg trägt das Gymnasium seinen Namen; und am TU-Standort Garching steht das Werner-Heisenberg-Gymnasium.

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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