Marilyn Manson in München:Der Schock-Opa

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Früher verbreitete Marilyn Manson Angst und Schrecken. Heute ist er nur noch ein Schatten seiner selbst. Das Konzert in München endet in einem Desaster.

Beate Wild

Diesen Mann liebt man - oder man hasst ihn. Dazwischen gibt es nichts bei Marilyn Manson. Doch selbst das Publikum am Dienstagabend in der Münchner Tonhalle scheint sich seiner Liebe nicht mehr so sicher. Als Manson auf die Bühne kommt, bricht zwar ekstatischer Jubel aus, doch die Begeisterung hält nicht lange an.

Nicht mehr schockierend: Marilyn Manson. (Foto: Foto: ddp)

Manson sieht aus wie erwartet. Dramatisches Make-up, dunkle Klamotten, schwarze kinnlange Haare. Man merkt, dass er älter geworden ist. Der 40-Jährige hat Bauch angesetzt. In sein Straps-Outfit von früher passt er nicht mehr. Doch das Ganze wäre nicht so dramatisch, wenn seine Energie noch genauso groß wäre wie früher. Manson, der ehemalige Schockrocker, ist lasch geworden.

Brian Hugh Warner heißt der Mann eigentlich, der sich - vor seinem Durchbruch war er übrigens als Musikjournalist tätig - nunmehr schon seit 20 Jahren in bizarren Kostümen und mit furchterregender Gesichtsbemalung zu einem Künstler geriert, vor dem brave Bürger Angst haben (sollen). Auch der Künstlername ist bewusst gewählt, um das Image des Schrecklichen zu betonen. Marilyn ist der Vorname von Amerikas größtem Sex-Idol Marilyn Monroe, Manson der Nachname von Amerikas personifiziertem Albtraum, dem Massenmörder Charles Manson. Eine Liaison aus Gut und Böse.

Doch dass heute noch jemand Angst hat vor Marilyn Manson ist nicht zu befürchten. Spätestens seit Michael Moores Dokumentationsfilm "Bowling for Columbine" zeigte Manson, dass er im Grund ein Kerl mit ganz anständigen Ansichten ist und zudem auch noch was im Kopf hat. Der ehemalige Schockrocker ist längst im Mainstream angekommen.

Am Dienstagabend gibt es in der Tonhalle einen bunten Reigen aller möglicher Manson-Songs zu hören, Gitarrengewitter und Elektroeffekte inklusive. Und auch wenn man seine Musik schon seit Jahren kennt und liebt, ist man enttäuscht ob der faden Darbietung. Manson sagt ab und zu etwas zum Publikum, doch man versteht ihn kaum.

Seine Fans scheinen gelangweilt. Vor allem die neuen Songs kommen nicht an. Bei den alten Stücken wie "Rock is dead" oder "The Dope Show" ist kurz mal Ekstase angesagt. Doch dann stehen die Konzertbesucher wieder da wie Schafe auf der Weide und glotzen teilnahmslos nach vorne. Dass das nicht nur an Manson liegt, sondern auch am Münchner Publikum, muss hier aber ausdrücklich betont werden.

Gut, der Mann, der so gerne provozieren möchte, tritt musikalisch und künstlerisch auf der Stelle. Doch was soll der Rocker tun? Sich ein angesagtes Produzententeam ins Studio holen, wie sich etwa Madonna den Alleskönner Timbaland geholt hat? Da kann man doch noch froh und dankbar sein, dass sich Manson wenigstens treu bleibt.

Vielleicht sollte der Rocker einfach nur mal eine längere Pause machen. Wenn er in zehn Jahren zurückkommt auf die Bühne, wird er bestimmt bejubelt wie ein Messias. In München endete der Abend im Desaster. Als er nach 90 Minuten aufhört zu spielen, klatscht kaum jemand. Es ruft niemand "Zugabe". Trotzdem kommt er noch einmal zurück und spielt zum Abschluss noch einen Song: "The Beautiful People". Ob er damit das Münchner Publikum meinte, bleibt offen.

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