Lochhausen:Bangen um den Dorf-Charakter

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Genau hinsehen: Die Expansionspläne in Lochham standen im Mittelpunkt des Bürger-Interesses. (Foto: Robert Haas)

Lochhausen wird immer größer, geplant sind derzeit 2400 neue Wohnungen. Bei einem Workshop formulieren die Bürger ihre Sorgen und Forderungen für Verkehr und Infrastruktur

Von Ellen Draxel, Lochhausen

Die Bewohner von Lochhausen fordern einen großräumigen "Masterplan" für den Verkehr und die Infrastruktur in ihrem Viertel. Keine Einzellösungen für jedes neue Quartier, das in den kommenden Jahren realisiert wird. Der dörfliche Charakter des Stadtteils an der Grenze zu Gröbenzell soll auch in Zukunft erhalten bleiben, "wir wollen keinen Siedlungsbrei mit kasernenartigen Blocks und Hochhäusern wie in Neuperlach".

Bis zu 400 Wohnungen für etwa 1000 Menschen will die Büschl Unternehmensgruppe zwischen Hufschmied-, Langwieder Hauptstraße, Osteranger- und Lochhausener Straße errichten. Etwa 120 Bürger haben den aktuellen Entwurf jetzt mit Architekten, Verkehrsplanern und Vertretern des Planungsreferates diskutiert und zu verbessern versucht. Das Konzept sieht unterschiedliche Haustypen vor - Mehrspänner, Reihenhäuser und ein Hochpunkt -, die sich um vier Höfe gruppieren. Zwischen zwei und sechs Stockwerken sollen die Gebäude in die Höhe wachsen, zu den Siedlungsrändern hin abfallend. Im Zentrum befindet sich ein Quartiersplatz, im Westen ist eine Einrichtung für Kinder mit drei Krippen- und drei Kindergartengruppen inmitten einer öffentlichen Grünzone vorgesehen. Sämtliche Autos der künftigen Bewohner sollen in Tiefgaragen verschwinden, für Besucher sind rund 30 oberirdische Stellplätze geplant. Die Zufahrt erfolgt über eine neue Kreuzung mit Ampel und Linksabbiegespur an der Lochhausener Straße. Zum Schutz vor Lärmimmissionen sieht der Entwurf außerdem einen fünf Meter hohen, begrünten Lärmschutzwall im Süden zur Lochhausener Straße und im Westen zur Autobahn A 99 vor.

"Die Planung", kritisieren die Anlieger, "passt nicht zu unserem ländlichen Ortsbild". Die Gebäude seien zu hoch, sie sollten maximal vier Geschosse haben. Lange Riegel müssten untergliedert, Dachlandschaften modelliert werden, denkbar seien auch Sattel- statt Flachdächer. Am besten aber verändere man die Anordnung der Bauten: eine hohe Riegelbebauung an der stark befahrenen Lochhausener Straße, dahinter dann die niedrigeren Häuser, angeglichen an die Umgebung. Werde diese Variante umgesetzt, wäre die Lärmschutzwand obsolet.

Die städtebauliche Optik ist ein Kritikpunkt, die spezifische Lage ein anderer. Weil Lochhausen Sumpfgebiet mit einem extrem hohen Grundwasserspiegel ist, machen den Menschen die Tiefgaragen Sorgen. Die unterirdischen Parkhäuser, befürchten sie, könnten den Pegel steigen lassen und das Wasser in ihre Keller drücken. Sie fordern die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens. Am meisten aber beklagen die Bürger die fehlende Infrastruktur. Lochhausen verfügt bis jetzt über keinen einzigen Supermarkt, zum Einkaufen fahren die Münchner ins benachbarte Gröbenzell. Und: "Wir haben keine kulturellen und sozialen Einrichtungen, keinen Versammlungsraum, nichts für unsere Jugendlichen und Vereine und kaum Ärzte." Auch die neue Planung sehe nichts vor.

Kritisiert wird außerdem die verkehrliche Entwicklung. Die Lochhausener Straße ächzt bereits heute unter der Transitlast, die Route müsse daher unbedingt ausgebaut werden, finden die Anwohner: "Wir brauchen Kreisverkehre statt Ampelanlagen und eine Anbindung Gröbenzells an die Autobahn A 8, damit die Pendler aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck nicht mehr durch Lochhausen fahren müssen." Gleichzeitig gelte es, den öffentlichen Nahverkehr den neuen Siedlungsverhältnissen anzupassen, beginnend mit einem 30-Minuten-Takt der Buslinie 159 auch an Samstagen. "Ein schlüssiges Gesamtkonzept für den Münchner Westen vor Baubeginn ist dringend geboten, wir können nicht alles isoliert betrachten", betont ein Bürger und erntet anhaltenden Applaus.

Das "Wohnen am Osteranger" ist mit den bereits geplanten Neubaugebieten "Spatzenwinkel" und "Henschelstraße" zwar die konkreteste, aber nicht die alleinige Zukunftsvision eines größeren Lochhausens. Langfristig vorgesehen sind zusätzlich ein Quartier östlich der Osterangerstraße und ein weiteres Quartier namens "Kel-tenafferstraße". Summa summarum würden rund 2400 neue Wohnungen gebaut. Aktuell hat Lochhausen lediglich etwa 5500 Einwohner.

Ob die Vorschläge der Bürger Eingang in die Planung finden, wird geprüft. Ende des Jahres soll das Konzept dem Stadtrat vorgelegt werden, endgültig entschieden wird es voraussichtlich im Sommer 2017. Mit Baubeginn ist frühestens 2018 zu rechnen.

© SZ vom 23.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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