Unterföhring:Hürdenlauf mit Maibaum

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Bis so ein Maibaum steht - wie der hier am Tutzinger Golfplatz - gilt es, jede Menge bürokratischer Hürden zu überwinden. (Foto: Fuchs)

Wer einen Maibaum aufstellen will, muss erstmal bürokratische Hürden überwinden. Darüber ärgern sich manche Bayern so sehr, dass nun sogar die Staatskanzlei reagiert.

Von Bernhard Lohr, Unterföhring

Spätestens als die TÜV-Sachverständigen zum Ortstermin bei ihm auf dem Hof aufkreuzten, wusste Josef Frey, dass es anstrengend werden würde. Er hatte sich gerne wieder bereit erklärt, in Unterföhring dem Trachtenverein und der Feuerwehr in bewährter Manier zu helfen. Es galt, einen immerhin 28 Meter langen künftigen Maibaum aus Attenkirchen bei Freising nach Unterföhring zu bringen. Da war Frey mit seiner modernen Zugmaschine und seinem hydraulisch gesteuerten Aufleger genau der Richtige. Doch am Ende fragten sich die Beteiligten in Unterföhring, ob sie jemand richtig auf den Arm nehmen will.

Denn wer gedacht hatte, die Unterföhringer würden sich einfach mal eine Genehmigung besorgen, losfahren, den Baum aufladen und diesen dann stolz von der Blasmusik und klatschenden Zuschauern begleitet in Unterföhring zum Wachplatz fahren, der sah sich getäuscht.

"Oh mei", schnauft Josef Frey auf, als er an den 12. März erinnert wird. "Uferlos" sei dieses Mal der bürokratische Aufwand rum um das Maibaum-Einholen gewesen. Dann berichtet er, wie er eine Ausnahmegenehmigung für einen Schwertransport beantragte, wie die Sachverständigen zu ihm kamen und wie er es noch mit der Regierung der Oberpfalz zu tun bekam. Das i-Tüpfelchen war die Begegnung mit den akkuraten Münchner Polizisten, die damals seinen Schwertransport an der Landkreisgrenze bei Dietersheim stoppten, weil an dem Stamm Reflektoren fehlten.

Ausgerechnet in dem Bereich, in dem sich Burschen, Feuerwehren und Trachtler in Bayern den Freiraum für einen Rest an Anarchie bewahrt haben, ist etwas in Bewegung geraten. Der Gebirgstrachten-Erhaltungsvereins Edelweiß Unterföhring stellt seit 1950 die Maibäume auf. Einen Zirkus wie dieses Jahr hat Vorsitzender Franz Klietsch nicht erlebt. "Das ist nicht zielführend", sagt er vorsichtig.

Brauchtum
:Dutzende Paragrafen für einen Maibaum

Auch Traditionen sind längst reglementiert: Inzwischen reden beim urbayerischen Brauchtum Förster, Polizisten, Gutachter, Versicherungen und sogar Gerichte mit.

Von Sarah Beham

Diese Botschaft, die mancher schon in deftigere Worte gefasst hat, ist mittlerweile ganz oben in der bayerischen Politik angekommen. Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) verkündete deshalb kurz vor den Maifeiern: "Weg mit unnötiger Bürokratie im Ehrenamt." Bayern bleibe nur Bayern, wenn das Brauchtum gepflegt werden könne. Man habe den "Weg für eine vollständige Genehmigungsfreiheit" bei Maibaumtransporten freigemacht.

Schon bisher musste nicht jeder Transport angemeldet werden. Wer wollte sich auch schon vorstellen, dass die Burschen aus Aschheim im Haarer Rathaus, bei der Unteren Verkehrsbehörde im Landratsamt oder gar bei der Regierung der Oberpfalz angemeldet hätten, dass sie am 30. März vorgehabt hätten, in Haar den Maibaum zu stehlen? Welcher TÜV-Prüfer hätte davor deren Aufleger kontrolliert und welcher Polizist, am besten noch von der Haarer Inspektion, den nächtlichen Maibaumtransport von Haar nach Aschheim abgesichert.

Der Leiter der Haarer Inspektion, Karl-Heinz Schilling, muss bei dem Gedanken lachen. Nein, bisher hätten seine Leute noch keinen Maibaumdiebstahl eskortiert. Dass die Diebe dabei rechtlich nicht Kopf und Kragen riskieren, verdanken sie einer Ausnahmeverordnung zur Straßenverkehrsordnung, die Transporte innerhalb des Ortsgebiets, zuzüglich 15 Kilometer im Umgriff, als Brauchtumsveranstaltungen auch so erlaubt.

Nun sollen zusätzlich Transporte über längere Distanzen ohne Ausnahmegenehmigung möglich werden. Allerdings müssen laut Landratsamt Polizei und Feuerwehr oder THW diese in Kolonne begleiten. Damit sich die Maibaumfreunde im Paragrafen-Dschungel zurecht finden, soll es in Zukunft einen Leitfaden und Ehrenamtslotsen in jedem Landkreis geben. Landwirt Josef Frey bringt das nichts mehr.

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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