Umweltschutz:Haar arbeitet an seiner Klimabilanz

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Obwohl der CO₂-Ausstoß vergleichsweise niedrig ist, will ihn die Gemeinde weiter senken

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Haarer dürfen sich gut fühlen. Auch wenn der einzelne natürlich nicht unbedingt etwas dafür kann. Jedenfalls blasen die Bewohner der 20 000-Einwohner-Gemeinde im Durchschnitt deutlich weniger Kohlendioxid in die Luft als die Bundesbürger insgesamt. Auch im Vergleich der Landkreis-Kommunen weist Haar eine gute Klimabilanz auf. Uwe Dankert, Geschäftsführer der Udeee Consulting GmbH mit Sitz in Haar, die die Zahlen im Auftrag der Gemeinde jährlich ermittelt, warnte aber trotz zuletzt sogar noch verbesserter Werte vor Selbstzufriedenheit.

Auf diesen Trugschluss ließ sich im Gemeinderat auch keiner ein. Denn allzudeutlich wurde bei der Präsentation, dass eine so kleinräumige Betrachtung ihre Tücken hat. Haar verfügt über wenig energieintensives Gewerbe und profitiert, was etwa den Verkehr angeht, von seiner Stadtrandlage. Anders als in kleinen, ländlichen Orten leben relativ viele Menschen auf engem Raum zusammen, was etwa den Heizaufwand begrenzt.

Der Energieverbrauch in Haar ist laut Dankert seit 2007 um 3,7 Prozent auf circa 448 Gigawattstunden pro Jahr gestiegen, was sich in Relation zur Zunahme der Zahl der Gemeindebürger um 16,5 Prozent in demselben Zeitraum als guter Wert erweist. Der Energieverbrauch entspricht einem Kohlendioxid-Ausstoß von 118 000 Tonnen, was laut Dankert einer Pro-Kopf-Emission von 5,5 Tonnen im Jahr entspricht. Das ist immerhin eine halbe Tonne weniger als noch im Vergleichszeitraum 2013/2014. Im Bundesdurchschnitt bläst jeder Deutsche 9,1 Tonnen des gefährlichen Klimagases in die Luft. Als Vergleichswerte führte Dankert dann noch Zahlen aus dem Jahr 2010 an. Damals kam man im Landkreis auf 20 Tonnen pro Landkreisbewohner, und eine Gemeinde wie Baierbrunn auf 16 Tonnen.

Die große Diskrepanz führte Dankert auf strukturelle Unterschiede zurück. So profitiert Haar etwa auch davon, dass die Wärmeversorgung schwerpunktmäßig auf Fernwäme und Erdgas basiert und nicht auf Heizöl. Das zur Fernwärmeversorgung genutzte Blockheizkraftwerk in Eglfing, das Eon Bayern betreibt, arbeitet mit Biogas und dürfte, sobald von dort aus auch das Wohngebiet im Jugendstilpark versorgt wird, dazu führen, dass Haar eine noch bessere Klimabilanz ausweisen kann. 172 installierte Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von drei Megawatt peak produzierten in Haar 2016 etwa 2,6 Gigawattstunden Strom. Der Anteil regenerativ erzeugten Stroms am Stromverbrauch in Haar lag 2016 bei 62 Prozent und damit weit über dem bundesweiten Durchschnitt von 31,7 Prozent.

Für die aus Haarer Sicht erstaunlich positiven Zahlen hatte Dankert dann aber ganz einfache Erklärungen. Unter anderem wirkte sich nach seinen Worten gravierend aus, dass die Gemeindewerke ihren Stromvertrieb auf Strom aus regenerativen Quellen umgestellt haben. Zum Jahresbeginn 2015 stellten die Gemeindewerke die Stromversorgung für Privatkunden komplett auf Ökostrom aus Wasserkraft um. Seit Oktober 2014 läuft im Frankenwald im Landkreis Hof im Windpark Schauenstein ein Windrad, an dessen Finanzierung sich die Gemeindewerke Haar beteiligt haben.

Dennoch muss man sich auch in Haar noch kräftig strecken, um klimaverträgliche Werte zu erreichen. Dankert nannte als Ziel einen Pro-Kopf-Ausstoß an CO₂ von 1,5 Tonnen. So viel könne die Erde verkraften. Jeder Haarer müsste demnach noch vier Tonnen im Jahr einsparen. Die Gemeinde will nun prüfen, ob es sinnvoll wäre, kommendes Jahr ein auf Geodaten basiertes Solarkataster zu erstellen, das für jedes Dach das Potenzial ermittelt, Sonnenstrom zu produzieren. Vorbild ist ein solches Kataster im Landkreis Ebersberg. Werner Kozlik (Grüne) regte an, die Wärmedämmung an kommunalen Gebäuden genauer anzuschauen. Zuletzt stellte sich heraus, dass ausgerechnet die Gemeindewerke in einem energetisch nicht optimalen Gebäude residieren. In Haar kam jüngst ein möglicher Neubau dafür zur Sprache. Kozlik würde auch befürworten, in Haar eine Erdgas-Tankstelle einzurichten.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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