Streit um Polizeihubschrauber:Harte Landung

Streit um Polizeihubschrauber: Kurz einparken: Die Bundespolizei-Fliegerstaffel in Oberschleißheim hat insgesamt elf Hubschrauber in drei Größen in Oberschleißheim stationiert.

Kurz einparken: Die Bundespolizei-Fliegerstaffel in Oberschleißheim hat insgesamt elf Hubschrauber in drei Größen in Oberschleißheim stationiert.

(Foto: Robert Haas)

In einer Stellungnahme formuliert der Regionale Planungsverband keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Umzug der Polizeihubschrauber nach Oberschleißheim. Der Widerstand in der Gemeinde aber bleibt.

Von Gudrun Passarge, Oberschleißheim

"Es reicht!" "Das Maß ist voll!" "Eine Zumutung!" So lauten die Kommentare von Oberschleißheimern, wenn man sie auf die geplante Verlegung der bayerischen Polizeihubschrauberstaffel auf den Sonderflughafen anspricht. Dort ist schon die Fliegerstaffel der Bundespolizei stationiert. Das würde bedeuten, zu den jetzigen 2500 Flügen im Jahr kämen noch einmal 3500 hinzu. Bürgermeister Christian Kuchlbauer (Freie Wähler) lehnt das Vorhaben vor allem wegen des Lärms ab. Auch die Landeshauptstadt München sieht den Umzug kritisch.

Nun hat sich auch der Regionale Planungsverband München (RPV) geäußert. Er macht keine grundsätzlichen Bedenken geltend, "wenn keine zusätzlichen Lärmbelästigungen entstehen, insbesondere für die Wohnbevölkerung der Gemeinde Oberschleißheim und des 24. Stadtbezirks Feldmoching-Hasenbergl der Landeshauptstadt München", wie es in einem am Dienstag gefassten Beschluss des Planungsausschusses heißt. Diesen Zusatz hatte München beantragt, dessen Vertreter, Stadtdirektor Stephan Reiß-Schmidt, ankündigte, die Stadt werde bis zum 22. Dezember noch eine detaillierte Stellungnahme abgeben.

Wie auch Oberschleißheims Bürgermeister kritisierte Reiß-Schmidt das vom Staatlichen Bauamt München beauftragte Gutachten, "weil es viele Fragen schlichtweg nicht behandelt", etwa welche Maßnahmen möglich wären, um die Bevölkerung vor Lärm zu schützen. Dass es überhaupt ein Planfeststellungsverfahren gibt, ist ein Erfolg der Gemeinde Oberschleißheim, die geklagt und das Verfahren gerichtlich durchgesetzt hatte.

"Wider stand der Bürger ist immer gut."

Die Hubschrauberstaffel der Landespolizei ist bislang am Erdinger Flughafen stationiert, doch ist sie, wie es in der Begründung des Freistaats für die Verlegung heißt, dem allgemeinen Flugbetrieb untergeordnet. Deshalb könne es bei polizeilichen Einsätzen zu Verzögerungen kommen. In Oberschleißheim seien zusätzlich Synergieeffekte möglich, weil die Staffel an die bestehende Infrastruktur der Bundespolizei andocken könnte. Was das konkret für die Anwohner des Flugplatzes bedeutet, darüber gibt es geteilte Meinungen. Der Anwalt der Gemeinde Oberschleißheim hat auf 18 Seiten das Gutachten auseinandergenommen und eine Mustereinwendung verfasst, die Bürger im Internet herunter laden können. Bürgermeister Kuchlbauer setzt auf die Oberschleißheimer und zahlreiche Einwendungen.

Zwar werde die Gemeinde weiter klagen, "aber Widerstand der Bürger ist immer gut", sagt er. Kuchlbauer listet zahlreiche Kritikpunkte am Gutachten auf: etwa die Annahme, dass es zu Spitzenzeiten durchschnittlich nur vier Nachtflüge gebe. Wären es sechs, was Kuchlbauer für realistischer hält, müsste die Regierung Lärmschutzmaßnahmen ergreifen. Sehr verärgert hat ihn auch die Argumentation, Oberpfaffenhofen komme als Alternativstandort nicht infrage, wegen Klagen und zu erwartender Bürgerproteste. "Als ob es die Proteste in Oberschleißheim nicht gäbe."

Gabriele Kämpf zum Beispiel sammelt Unterschriften gegen die Verlagerung der Hubschrauberstaffel. "Wir als Bürger fühlen uns übertölpelt", schimpft sie. Die Anwohnerin lehnt den erhöhten Flugbetrieb nicht nur wegen des befürchteten Lärms ab, sondern auch wegen der Sorge vor Stickoxiden. "Das macht krank", sagt sie. Außerdem sorgt sie sich um die verbliebenen Naturschutz- und Erholungsgebiete. "Warum muss alles in den Münchner Norden gepackt werden?"

Der Einsatzleiter versichert, dass nicht über Wohngebiete geflogen werde

Diesen Punkt spricht auch Angelika Kühlewein an. Die Zweite Bürgermeisterin wohnt in der Fliegersiedlung, sie kennt klirrende Fenster, wenn Flieger darüber hinwegdonnern. Sie sagt aber auch: "Es gibt Zeiten, da ist es ruhig, es gibt Zeiten, da ist es extrem." Zug- und Autolärm belasteten Oberschleißheim schon stark genug. "On top noch diese Fliegerstaffel" - das würde das Maß voll machen.

Wobei die Anwohner den Lärm sehr unterschiedlich erleben. Thomas Neumann etwa lebt in Lustheim. Ihn stören besonders Motorengeräusche in der Nacht. "Ein unterschwelliges Brummen, wie ein kleiner Tinnitus", beschreibt er das Geräusch. Sagt aber auch: "Meine Frau hört es überhaupt nicht." Rainer Walter, Einsatzleiter der Bundespolizei-Fliegerstaffel Oberschleißheim, vermutet, Neumann höre die Standlaufzeiten der Hubschrauber. Gerade vor einem Start in der Nacht könne es schon mal bis zu 15 Minuten dauern, bis der Check abgeschlossen ist. "Hier wird keine Minute länger der Rotor gedreht als nötig ist", versichert Walter. Aber die Checks seien lebenswichtig.

Neumann findet, mit den Hubschraubern gehe ein Teil der Lebensqualität in Lustheim verloren. Er erzählt von Hubschraubern, die direkt über die Siedlung flögen. Der Einsatzleiter widerspricht: "Das sind vielleicht private, die sich hier nicht auskennen, aber nicht unsere", sagt Rainer Walter. "So eilig kann man es gar nicht haben, dass man die veröffentlichten An- und Abflugrouten verlassen müsste." Darauf achte er als Einsatzleiter auch "sehr penibel". Immerhin gebe es ja noch den benachbarten Flugplatz Schleißheim, von dem aus auch Hubschrauber starteten. Tatsächlich gibt es den Sonderlandeplatz, von dem aus Segelflieger, Propellermaschinen bis zwei Tonnen und eben Hubschrauber starten. 10 000 Flüge im Jahr seien erlaubt, berichtet der Vorsitzende des Vereins, Thomas Schuster. Die meisten Flüge entfielen auf die Segelflieger.

Aber wie sagte Landrat Christoph Göbel (CSU) in der Ausschusssitzung des Regionalen Planungsverbands am Dienstag? "Wir müssen den Gesamtbetrieb des Flughafens in Augenschein nehmen." Denn Lärm entsteht hier wie da.

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