Schulneubauten:"Wir haben keine Zeit zu verlieren"

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Weil die Realschulen in Neubiberg, Vaterstetten, Aschheim und Taufkirchen (Foto) voll sind, will der Landkreis rasch weitere Schulen auf den Weg bringen. (Foto: Angelika Bardehle)

Landrat Christoph Göbel erklärt im SZ-Interview, warum der Landkreis gleichzeitig vier zusätzliche weiterführende Schulen auf den Weg bringt

Interview von Stefan Galler, München

Am kommenden Montag wird der Ausschuss für Bauen und Schulen des Landkreises München höchstwahrscheinlich den Bau von vier neuen Schulen auf den Weg bringen: Ein neues Gymnasium soll in Aschheim entstehen, eine Realschule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, dazu ein Campus mit einer weiteren Realschule und einer Fach- und Berufsoberschule (FOS/BOS) entweder in Oberhaching oder in Sauerlach. Landrat Christoph Göbel (CSU) erläutert, warum es plötzlich so schnell gehen muss.

SZ: Herr Göbel, in einer einzigen Ausschusssitzung wird nicht nur der Bedarf für vier zusätzliche weiterführende Schulen dargelegt, sie werden aller Voraussicht nach auch gleich noch auf den Weg gebracht. Das wirkt so, als hätten Sie und Ihre Verwaltung erheblichen Zeitdruck.

Christoph Göbel: Schon seit einigen Jahren, auch schon unter meiner Vorgängerin Johanna Rumschöttel, versuchen wir, in der Kreispolitik nicht mehr auf den Bedarf bei den Schulen zu reagieren, sondern in eine vorausschauende Planung überzugehen. Durch die ständig steigende Bevölkerung wird natürlich mehr Infrastruktur nötig. Und wir versuchen, so schnell wie möglich jene Schulen zu realisieren, die konkret anstehen. Bei den vier aktuellen Schulen ist es nicht so, dass wir dieses Thema am Montag erst aus dem Hut ziehen. Ich habe die Beteiligten in den jeweiligen Gemeinden sehr wohl in den vergangenen Wochen darauf vorbereitet und mit Informationen beglückt.

Das heißt, es kann dann gleich losgehen, wenn der Kreistag Anfang April die Notwendigkeit anerkennt?

Wenn das der Fall sein sollte, wovon ich ausgehe, werde ich sofort an das Kultusministerium herantreten, mit dem ich ohnehin in ständigem Austausch stehe. Wir haben keine Zeit zu verlieren, einige Schulen sind an ihren Grenzen angelangt.

Welche Schulen meinen Sie konkret?

Die Realschule Neubiberg hat erheblichen Bedarf an Entlastung, gleiches gilt für die Realschulen in Vaterstetten und Aschheim und auch für jene in Taufkirchen. Deshalb ist es auch dringend notwendig, die neuen Realschulen auf den Weg zu bringen.

Weil die Realschulen in Neubiberg, Vaterstetten, Aschheim und Taufkirchen (Foto) voll sind, will der Landkreis rasch weitere Schulen auf den Weg bringen. (Foto: Angelika Bardehle)

Es sieht so aus, als würde sich Oberhaching als Standort für den Schulcampus gegen Sauerlach durchsetzen. Was ist das ausschlaggebende Kriterium?

Ich will der Sitzung vom Montag nicht vorgreifen, aber so viel kann man sagen: Wenn eine Realschule keine Dreizügigkeit mit rund 450 Schülern gewährleisten kann, ist eine Genehmigung durch den Freistaat sehr fraglich. Das kann Sauerlach gerade so, Oberhaching dagegen sicher. Bei der FOS/BOS wäre die Mindestanzahl der Schüler übrigens kein Problem.

Sie schildern den Bedarf bei den Realschulen schon als ziemlich dramatisch. Wie sieht es dann erst bei den Gymnasien aus?

Noch dramatischer! Wir haben weiterhin extrem hohe Übertrittsquoten. Aktuell prognostizieren wir für das Gymnasium Kirchheim 1900 Schüler. Das ist schlichtweg nicht denkbar. Wie soll man bei einer Schule dieser Größenordnung eine behutsame und gleichsam ordentliche Vorbereitung der Schüler auf die Universität gewährleisten? Deshalb haben wir sofort einen Entlastungsbau auf den Weg gebracht. Und schon vor der Sitzung am kommenden Montag im Zweckverband die Errichtung des Gymnasiums Aschheim beschlossen.

Noch vor wenigen Jahren war die große Frage, ob man überhaupt ein Gymnasium in Unterföhring oder in Ismaning bauen solle und ob jenes nicht eine zu große Konkurrenz zu Garching sein würde. Nun ist Ismaning im Bau, Unterföhring beschlossen und Aschheim kommt noch hinzu. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Im Nachhinein ärgert mich die überhitzte Debatte von damals. Schon dieser Streit Unterföhring/Ismaning war total sinnlos, da sind viele Dinge zu Bruch gegangen und alles gipfelte in der Auflösung des Zweckverbandes. Mittlerweile zeichnet sich ab, dass das Gymnasium in Unterföhring, das noch nicht einmal im Bau ist, im Jahr 2035 gut 1600 Schüler haben wird! Das ist total wahnsinnig, da besteht schon wieder Handlungsbedarf. Wir werden also sicher an vielen weiteren Standorten Entwicklungen im Auge behalten und handeln müssen. Deshalb kann auch Feldkirchen gut damit leben, dass wir das neue Gymnasium jetzt in Aschheim bauen.

In Oberhaching hat man noch vor zehn Jahren keinen Bedarf für eine Realschule gesehen, jetzt schon. Woher kommt dieser Sinneswandel?

Das lag auch daran, dass wir damals andere Zahlen zur Verfügung hatten. Man hat beispielsweise die Potenziale von Schülern, die aus München in den Landkreis kommen, gar nicht eingerechnet. Das war ein Grund dafür, dass wir der Realität immer hinterhergehinkt sind. Das soll in Zukunft nicht mehr passieren.

Wie lange wird es in etwa dauern, bis die beiden neuen Realschulen, das Gymnasium und die FOS/BOS ihren Betrieb aufnehmen?

Die Faustregel ist, dass man von Genehmigung bis Inbetriebnahme mit fünf Jahren rechnen muss. Es ist kein akuter Stress angezeigt, zumal zuvor auch Vorläuferklassen eingerichtet werden. Aber angesichts solcher Vorlaufzeiten gibt es keinen Grund, Entscheidungen zurückzustellen.

Bleibt noch die leidige Frage nach der Finanzierung der vier zusätzlichen Schulen...

Klar ist, dass Unterhalt und Betrieb der Schulen inzwischen zu 100 Prozent vom Landkreis getragen werden. Was den Bau angeht, so bezahlen wir die FOS/BOS nach dem geltenden Finanzierungssystem als Landkreis selbst. Bei Realschulen und Gymnasien dagegen zahlt der Landkreis 30 Prozent der förderfähigen Baukosten, das dürfte etwa 20 Prozent der tatsächlichen Kosten entsprechen. Hinzu kommen - je nach kommunaler Leistungsfähigkeit - staatliche Zuschüsse. Das ist natürlich sehr wenig. Wir verfahren damit immer noch nach dem System von 1966: Jene Gemeinden sollen vorrangig in die Pflicht genommen werden, die zuvor Baugebiete ausgewiesen haben, die Schulen erst notwendig machen. Andere - über Kreisumlage - nur mittelbar. Diese Regelung wird ständig kritisch diskutiert. Das wird sicher auch diesmal wieder der Fall sein.

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Im Süden des Landkreises sollen eine Realschule und eine FOS/BOS entstehen. Die besten Chancen auf den Zuschlag hat derzeit Oberhaching, aber auch Sauerlach ist als Standort noch im Rennen.

Von Stefan Galler und Martin Mühlfenzl

Und wenn alles gut ist und die Schulen stehen, gibt es nur noch das Problem, ob genügend Lehrer gefunden werden.

Dass die Stellen vom Freistaat geschaffen werden, sollte sicher sein. Aber in der Tat ist die Frage, ob der Arbeitsmarkt die Zahl an Lehrern hergibt; in manchen Fachrichtungen wie Mathe oder Physik herrscht durchaus ein Mangel. Mein Tipp an alle, die dieses Jahr Abi machen: gleich ab an die Uni, dann seid ihr gleichzeitig fertig, wenn die neuen Schulen in Betrieb gehen. Das Problem ist nur: Ich habe die Anstellung der Lehrer nicht in der Hand.

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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