Protest:Wasser auf die Mühlen der Anwohner

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Das Freizeitbad in Pullach soll irgendwann abgerissen werden, doch noch ist unklar, wann. (Foto: Angelika Bardehle)

Per Anwaltsschreiben kündigt ein Nachbar der Kuhwiese in Pullach massiven Widerstand gegen den Neubau eines Freizeitbades in seiner unmittelbaren Nähe an

Von Michael Morosow, Pullach

Weit oben auf der Wunschliste der Pullacher Bevölkerung steht ein neues Schwimmbad. Etwa 22 Millionen Euro will die Gemeinde dafür in die Hand nehmen. Ein "freizeitorientiertes Familienbad" soll es werden, eines der Schmuckstücke, die sich die Gemeinde ausweislich ihrer Agenda zum Ortsentwicklungsplan leisten will. Wenn alles gut geht,soll es im Jahr 2025 fertiggestellt sein.

Ob alles gut gehen wird, hängt dabei in erster Linie davon ab, ob die Planer ein hieb- und stichfestes Lärmschutzkonzept für den Standort an der so genannten Kuhwiese vorlegen können. Wenn nicht, wäre ein juristischer Streit programmiert. Im Pullacher Rathaus liegt bereits ein Schreiben eines Münchner Rechtsanwaltsbüros auf, in dem die Gemeinde unmissverständlich dazu aufgefordert wird, zuerst eine immissionsschutzrechtliche Prüfung vorzunehmen, ehe sie weitere kostenintensive Planungsschritte unternimmt.

Anwohner fürchten die ständigen Blicke der badenden

Mandant ist Anton Mix, der nach eigenen Worten im Sinne von weiteren etwa 30 Familien handelt, deren Wohnhäuser rund um die Kuhwiese stehen, auf der das neue Schwimmbad gebaut werden soll. Die Anlieger befürchten dabei nicht nur den Lärm, der von den Schwimmbecken und von der Liegewiese direkt vor ihren Grundstücken ausgeht.

Sie empfänden es außerdem als unzumutbar, wenn sie in ihren Gärten ständig den Blicken der Badegäste ausgesetzt wären. Eine Klage einreichen können die Anlieger jedoch erst, nachdem der Bebauungsplan für die Kuhwiese erstellt ist, und zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht noch nicht einmal fest, ob die Gemeinde einen normalen oder einen Vorhaben gebundenen Bebauungsplan aufstellen wird.

Im Rathaus und im Gemeinderat ist man sich dieser Problematik durchaus bewusst. Der Lärmschutz sei der springende Punkt, hatte CSU-Fraktionschef Andreas Most bereits im November 2016 gesagt, zu einem Zeitpunkt also, da die Standortfrage noch ungeklärt war. "Wir werden keine Planungen machen, die den Lärmschutz nicht berücksichtigt", beruhigt Bauamtsleiter Jürgen Weiß.

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Ins gleiche Horn stößt Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne), die überdies auf das frühe Stadium verweist, in dem sich das ehrgeizige Vorhaben noch befindet. "Wir stehen noch ganz am Anfang", betont die Rathauschefin. Eine Schallschutzbegutachtung werde freilich von Anfang an begleitend gemacht, sagt Tausendfreund. "Wir haben bislang ein Raumkonzept, aber noch kein Gebäudekonzept", gibt sie zu bedenken.

Aber offenbar hat sie sich bereits auf Ungemach eingestellt: "Die Nachbarn können klagen, wir müssen uns darauf einrichten." Das müssen sie wohl auch. Man werde sich "mit allen rechtlichen Mitteln wehren müssen und zu wehren wissen", heißt es im Anwaltsschreiben an die Gemeinde. Was dies im schlimmsten Fall für das ehrgeizige Vorhaben der Gemeinde bedeuten kann, erklärt Bauamtsleiter Weiß in wenigen Worten: "Worst case wäre, dass wir sagen müssten: 'Es geht nicht'." Mit anderen Worten: Alles zurück auf Null.

Der Gemeinde bliebe dann wohl nur die Möglichkeit, den Sanierungsplan wieder aus der Schublade zu holen, in die er diesen nach der Gemeinderatssitzung vom 25. Juli 2017 gesteckt hatte. An diesem Tag legte sich das Gremium per Mehrheitsbeschluss auf die Kuhwiese als neuen Schwimmbad-Standort fest. Außerdem beschloss es, die frei werdende Fläche am bisherigen Standort an der Hans-Keis-Straße als Grün- und Vorratsfläche von anderen Nutzungen freizuhalten.

Eine Sanierung lehnte der Gemeinderat ab

Eine Sanierung des Freizeitbades lehnte der Gemeinderat aus Kostengründen ab. Mit diesen Beschlüssen folgte das Gremium den Empfehlungen der Gesellschaft für Entwicklung und Management von Freizeitsystemen (GMF) aus Neuried, die dem Neubau eines Freizeitbades auf der Kuhwiese mehrere Vorteile zuspricht. So etwa die gute Erreichbarkeit und die relativ problemlose Planung der Parkplätze. Insbesondere aber die Möglichkeit, das alte Bad während der Bauphase weiterbetreiben zu können.

Bei einem Neubau oder einer Sanierung am jetzigen Standort würden die Pullacher zwei Jahre lang auf dem Trockenen sitzen, worunter nicht zuletzt die Schulen leiden müssten, deren Schwimmunterricht sprichwörtlich ins Wasser fallen würde. Alternativen stehen kaum zur Verfügung, denn freie Grundstücke sind in der Isartalgemeinde ein knappes Gut, und Wohngebiete liegen überall in unmittelbarer Umgebung.

Und für diese gelten Grenzwerte zwischen 45 und 55 Dezibel, die nach Darstellung des Münchner Rechtsanwaltsbüros nur schwerlich einzuhalten sind, selbst nicht durch die Errichtung eines großräumigen Schallschutzschirmes zwischen Freibecken, Sport- und Bewegungsarealen sowie den in mehreren Richtungen liegenden Wohnhäusern. Im Westen Wohnbebauung, im Norden das Wohnhaus der Armen Schulschwestern, im Süden Wohnbebauung - "da ist ein effektiver Lärmschutz problematisch", sagt Anwohner Mix.

Jedenfalls würde es nicht ausreichen, durch eine entsprechende Situierung das Schwimmbadgebäude als Schallschutz zu verwenden. "Da müsste das Gebäude u-förmig gebaut werden", sagt Mix, der außerdem die verkehrliche Anbindung des Freizeitbades als äußerst problematisch sieht und die Meinung vertritt, dass "aus einem Filetgrundstück Hackfleisch gemacht wird". . Er und sein Rechtsanwalt halten aber auch mit ihrer Befürchtung nicht hinterm Berg, dass die Grundstücke rund um die Kuhwiese durch einen Freizeitbad-Bau an Wert verlieren würden. Noch für April hätten er und Bürgermeisterin Tausendfreund ein Gespräch vereinbart, sagt Anlieger Mix.

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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