Obdachlosigkeit:Die Gemeinden sollen es richten

Das Landkreis will sich nicht stärker im Kampf gegen Obdachlosigkeit engagieren

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Die Kreistagsfraktion der Grünen hat den Landkreis dazu aufgefordert, ein Konzept zur Bekämpfung der weiter wachsenden Obdachlosigkeit zu erstellen sowie einen öffentlichen Träger mit der Unterstützung der Obdachlosen zu beauftragen. Über dieses Anliegen wird der Sozialausschuss des Kreistags am kommenden Dienstag, 4. Juli, beraten - und die Verwaltung des Landratsamtes empfiehlt dem Gremium, den Antrag abzulehnen.

Die Grünen-Kreisräte Christoph Nadler und Stefanie Bessler hatten das Landratsamt zugleich gebeten, eine transparente Übersicht aller bereits bestehenden Hilfsangebote im Bereich der Obdachlosenhilfe zu erstellen. Das hat die Verwaltung von Landrat Christoph Göbel (CSU) getan. Das existierende Angebot sowie der Umstand, dass grundsätzlich die Kommunen für die Unterbringung von Obdachlosen verantwortlich zeichnen, führten laut Landratsamt zu der Beschlussempfehlung.

Im Landkreis München gibt es die sogenannte Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit, die vom Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt organisiert wird. Mit der Beratungsstelle soll vor allem drohender Wohnungslosigkeit vorgebeugt werden; sie bietet laut Landratsamt eine "qualifizierte Beratung in allen Fragen bei drohender Obdachlosigkeit". Die Kosten von etwas mehr als einer halben Million Euro im Jahr trägt der Landkreis München.

Hinzu kommt ein weiteres Angebot der Arbeiterwohlfahrt in Zusammenarbeit mit dem Katholischen Männerfürsorgeverein: Die beiden Partner stellen im Landkreis insgesamt 42 Plätze im Bereich "unterstütztes Wohnen" zur Verfügung. Auch dies stellt eine präventive Maßnahme dar, soll doch durch spezielle Einzelbetreuung der Verlust der Wohnung vermieden werden. Wenn Betroffene etwa die Miete nicht mehr zahlen können oder durch unpassendes, soziales Verhalten den Hausfrieden stören.

Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als 200 Menschen im so reichen Landkreis München tatsächlich obdachlos sind. Doch bisher gibt es nur in Planegg, Gräfelfing, Pullach, Unterschleißheim und Höhenkirchen-Siegertsbrunn Unterkünfte für Wohnungslose. Auch dies hat die Grünen veranlasst, weitere Angebote einzufordern. Denn die Fraktion um den Vorsitzenden Christoph Nadler geht davon aus, dass diese Zahl in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Auch anerkannte Flüchtlinge seien von Obdachlosigkeit bedroht, wenn sie als sogenannte Fehlbeleger nicht mehr in ihren bisherigen Unterkünften bleiben können. Hinzu kommt nach Aussage der Grünen der voraussichtlich ab 2018 einsetzenden Familiennachzug. Die Grünen fragen daher: Gibt es einen Koordinationsbedarf zwischen den Kommunen?

Koordinationen finden auch zu diesem Thema derzeit vor allem in den Bürgermeisterdienstbesprechungen statt, an denen auch Landrat Göbel teilnimmt. Bei der Sitzung des Gremiums im April stellte die Arbeiterwohlfahrt ihr bestehendes Angebot vor; im Anschluss wurde der Antrag der Grünen beraten. Diskutiert wurde die Möglichkeit, dass die Kommunen ihre Aufgaben und Kosten komplett auf den Landkreis übertragen wie auch der Verbleib der Kompetenzen bei den Städten und Gemeinden, da es sich bei der Obdachlosigkeit um ein Thema handle, das "höchst individuell" sei und in der jeweiligen Kommune am geeignetsten gelöst werden könne.

Der Landkreis stelle sich - auch mit der Unterstützung aller Parteien - der präventiven Verantwortung, betont Göbels Verwaltung. Zusätzlich habe die Arbeiterwohlfahrt ein Konzept mit dem Titel "Obdachlosenbetreuung in Kommunen" erarbeitet, das von den Städten und Gemeinden umgesetzt wird. Da es für den Kreis keine Verpflichtung zur Übernahme der Unterbringung von Obdachlosen gebe, müsse der Antrag abgelehnt werden, so das Landratsamt. Die Grünen werden gegensätzlich argumentieren.

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