Laubholzbockkäfer:Schädling im Winterschlaf

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Baumkletterer werden auch in Zukunft in Waldperlach und Neubiberg zu sehen sein - wenn auch nicht unbedingt mit Kettensäge. (Foto: Robert Haas)

2000 Bäume und Sträucher im Münchner Osten sind dem Kampf gegen den Asiatischen Laubholzbock zum Opfer gefallen. Zuletzt wurden keine neuen Spuren des Käfers gefunden. Doch für eine Entwarnung ist es zu früh.

Von Daniela Bode, Neubiberg/Feldkirchen

Der Protest ist leiser geworden, anders als im Sommer sind keine Kettensägen mehr zu hören, das Thema bestimmt nicht mehr jede Sitzung des Gemeinderats. Es ist ruhiger geworden in Neubiberg und Feldkirchen, was den Kampf gegen den Asiatischen Laubholzbockkäfer (Alb) angeht. Was aber nicht heißt, dass nichts geschieht, und ebenso wenig, dass die Beteiligten den Kampf gegen den aus China eingeschleppten Krabbler als ausgestanden ansehen.

Mittlerweile sind im Landkreis München und am östlichen Stadtrand in Waldperlach rund 2000 Bäume und Sträucher dem Kampf gegen den Käfer zum Opfer gefallen. Die jüngsten Ergebnisse der Fällungen und Monitoringmaßnahmen durch die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) machen derweil Hoffnung. Bei der dritten Fällaktion der LfL in Neubiberg im September, bei der 180 Bäume betroffen waren, wurden keine Spuren des Käfers gefunden. Ebenso wenig wurden bei der Überprüfung der Pheromonfallen im November Käfer festgestellt. "Aufgrund des konsequenten Vorgehens, wie es die Sachlage erfordert hatte, sind wir in Neubiberg auf einem guten Weg", sagt Peter Nawroth, Gebietsbeauftragter der Landesanstalt. Wichtig findet er daher nun umso mehr, "dass sich alle vor Ort an die jeweils aktuellen Vorgaben halten".

"Nach den Ergebnissen der letzten Fällung sind wir vorsichtig optimistisch"

Auch Barbara Linow vom Umweltamt in Neubiberg ist relativ positiv gestimmt: "Nach den Ergebnissen der letzten Fällung sind wir vorsichtig optimistisch." Gleichzeitig betont sie, dass man nie ausschließen könne, dass an anderer Stelle in der Gemeinde wieder ein Befall gefunden werde. In Neubiberg waren im Herbst 2014 zum ersten Mal an mehreren Bäumen Hinweise auf den Käfer festgestellt worden. Seitdem wurden rund 1150 Gehölze unter anderem in der Haupt-, Hohenbrunner und Kaiserstraße abgeholzt, darunter viele Ahornbäume, die Lieblingsspeise des Käfers.

I n Feldkirchen, wo erstmals 2012 Spuren des Schädlings gefunden worden waren, wurden beim jüngsten Monitoring durch Baumkletterer an den 2900 untersuchten Bäumen keine Befallsmerkmale festgestellt. Bei der Kontrolle der Pheromonfallen wurden ebenfalls keine Käfer gefunden. Das stimmt Feldkirchens Rathaus-Geschäftsleiter Heinz-Josef Reiser in Maßen zuversichtlich: "Wir können in Feldkirchen im Augenblick ein bisschen durchatmen, aber sicher sein können wir uns natürlich nicht", sagt er. In den Jahren 2012 und 2013 wurden rund 700 Bäume abgeholzt, das Brunnenwäldchen und die angrenzenden Wälder wurden kahl geschlagen. "Im Nachhinein war das wahrscheinlich die richtige Entscheidung", sagt er, "auch wenn viele Bürger das anders gesehen haben."

Kann man bei der positiven Entwicklung also davon ausgehen, dass die Quarantänezonen rund um Neubiberg und Feldkirchen in vier Jahren wieder aufgelöst werden? Die Areale wurden in einem Radius von 2,2 Kilometern um die Fundorte errichtet. Das in Neubiberg muss wegen der jüngsten Funde voraussichtlich im Nordosten etwas erweitert werden.

Per Allgemeinverfügung ist festgelegt, dass in den Gebieten Grundstücksbesitzer über mindestens vier Jahre in regelmäßigen Abständen ihre Bäume auf Spuren eines Laubholzbockkäfer-Befalls untersuchen müssen. Nawroth kann also noch keine Entwarnung geben. Ob die Zonen in vier Jahren aufgelöst werden, "kann nicht abgeschätzt werden", sagt er, da jederzeit weitere Funde möglich seien. Falls bis einschließlich 31. Dezember 2019 keine Spur des Käfers mehr gefunden wird, können vom 1. Januar 2020 an die erlassenen Bestimmungen aufgehoben werden. Gewissheit gibt es also erst dann.

Die Präventionsmaßnahmen rund um Neubiberg und Feldkirchen laufen derweil weiter: Aktuell wird laut der Landesanstalt für Landwirtschaft in beiden Quarantänezonen das Wintermonitoring der Baumkronen durch Baumkletterer vorbereitet. Entsprechend den neuen EU-Vorgaben werden nun 29 Wirtsbaumarten genau untersucht, nicht mehr wie zuvor nur acht. Es sind die 29 Baumarten, bei denen weltweit schon ein Befall mit dem Käfer aufgetreten ist. Ebenso wird die Erweiterung der Baumkataster vorbereitet. Außerdem wurden die Pheromonfallen abgenommen, sie werden im Winter gewartet, damit sie im Frühjahr wieder eingesetzt werden können.

In Feldkirchen hat die Wiederaufforstung begonnen

Inzwischen steht auch das Thema Wiederbegrünung auf der Agenda: In Neubiberg erarbeitet die Gemeindeverwaltung derzeit in Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative "Gegen Alb-Traum Neubiberg" eine Linie, wie die 20 000 Euro Zuschuss des Landratsamts für die Wiederbepflanzung an betroffene Bürger verteilt werden. Auf Antrag der Bürgerinitiative war die Summe von ursprünglich 10 000 Euro verdoppelt worden und sollte zunächst an sie ausgezahlt und von ihr verteilt werden.

Unter anderem aus datenschutzrechtlichen Gründen bat das Landratsamt aber schließlich die Gemeinde, die Verteilung zu organisieren. In Feldkirchen ist schon damit begonnen worden, die kahlen Stellen wieder zu bepflanzen. Wer sich unsicher ist, was er nun guten Gewissens pflanzen kann, kann die neue Broschüre der LfL zur Hand nehmen. Sie kann auf der Homepage der Behörde als PDF-Datei heruntergeladen werden und nennt diverse Pflanzen wie Felsenbirne und Trompetenbaum.

Neubiberg/Feldkirchen
:Käferbekämpfung mit der Kettensäge

Wegen des Asiatischen Laubholzbocks haben die Behörden im Landkreis München bald 2000 Bäume vorsorglich fällen lassen. Ob die Ausbreitung des Schädlings dadurch verhindert werden kann, ist ungewiss.

Von Irmengard Gnau

Die Bürgerinitiative kämpft weiterhin für Alternativen zu den radikalen Fällungen. Denn noch immer müssen in den EU-Staaten im 100-Meter-Umkreis um einen befallenen Baum alle Wirtsbäume abgeholzt werden. Laut Landesanstalt ist das die einzig wirksame Maßnahme zur Ausrottung des Käfers. Die Mitglieder der Bürgerinitiative sind deshalb in Kontakt mit Fachleuten und recherchieren, wie andere Länder mit dem Käfer umgehen. Derzeit steht ein Artikel über die Handhabe in der Schweiz auf der Homepage der Bürgerinitiative.

In der Schweiz dürfen die Gartenbesitzer entscheiden

"Die Schweizer stellen es den Eigentümern frei, ob der Baum gefällt wird", schreibt Mitglied Andrea Keinert. Auch eine Möglichkeit für Neubiberg? "Es ist einiges in der Mache, aber noch nicht spruchreif", sagt Keinert. Auch die Bürgerinitiative findet es positiv, dass bei der jüngsten Fällung keine Anzeichen des Käfers gefunden worden sind. "Natürlich sind wir froh, aber wir glauben, dass sich der Käfer etabliert hat. Wir wollen, dass ein vernünftiges Management aufgestellt wird", sagt Keinert.

Und der Käfer selbst? In der kalten Jahreszeit werden die Bäume vor weiterem Befall verschont bleiben, da die erwachsenen Insekten am Anfang des Winters absterben. Sollten sich Larven im Holz befinden, schlüpfen diese erst im Sommer.

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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