Nach Überfall in Taufkirchen:Bankräuber muss siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis

Lesezeit: 2 min

Die Polizei konnte den Täter beim Verlassen der Bank fassen. (Foto: Claus Schunk)

Gericht wertet Überfall in Taufkirchen als erpresserischen Menschenraub, berücksichtigt aber dessen verzweifelte Lage.

Von Irmengard Gnau, Taufkirchen

Wenige Augenblicke lang war Gustavo G. seinem Wunsch nahe gewesen. Er habe mit seiner Vergangenheit abschließen und ein neues Leben beginnen wollen, schilderte der 29-jährige Kolumbianer am Dienstag der Großen Strafkammer des Landgerichts München die Hintergründe für das, was sich am 24. Mai vergangenen Jahres ereignet hat.

Um sein Vorhaben zu verwirklichen, brauchte er jedoch dringend Geld - das er bei einem Banküberfall in Taufkirchen erbeuten wollte.

Für diese Tat muss G. nun ins Gefängnis. Das Landgericht München sah seine Schuld als erwiesen an und verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen erpresserischen Menschenraubs und besonders schwerer räuberischer Erpressung. Damit blieb das Gericht unter der Forderung von Staatsanwalt Laurent Lafleur, der sich für neun Jahre Freiheitsentzug ausgesprochen hatte.

Vermummt und mit dem Messer in der Hand

An jenem 24. Mai drang G. um die Mittagszeit vermummt und mit einem Messer bewaffnet in die Filiale der VR-Bank in Taufkirchen ein. Er bedrohte die fünf Mitarbeiter, die sich in der Filiale befanden, und zwang sie, ihm insgesamt mehr als 207 000 Euro aus Tresoren und Safes auszuhändigen. Beim Fluchtversuch allerdings kam G. nicht weit: Inzwischen von einer Mitarbeiterin alarmierte Polizeibeamte nahmen den 29-Jährigen direkt am Personalausgang der Bank fest.

Während der viertägigen Verhandlung hatte sich G. einsichtig gezeigt. Bereits am ersten Tag räumte er den Überfall ein und entschuldigte sich im Verlauf bei den betroffenen Mitarbeiterinnen der Bank. Das rechnete ihm das Gericht positiv an. Auch das Motiv des 29-Jährigen fand Berücksichtigung. Dieser habe, betonte Staatsanwalt Lafleur, sich nicht sinnlos bereichern wollen, sondern glaubhaft gemacht, dass er mit dem Geld seine Schulden bei Drogenhändlern aus seinem Heimatland habe bezahlen wollen. Diese hätten 50 000 Euro von ihm gefordert und gedroht, andernfalls seinem siebenjährigen Sohn oder seiner Familie etwas anzutun, hatte G. erklärt. Er habe sich nicht im Stande gesehen, durch seine Arbeit als Bauhilfsarbeiter diese Summe aufzubringen und sei schließlich aus Verzweiflung auf die Idee des Bankraubs verfallen.

Dass der Kolumbianer ausgerechnet die Bank in Taufkirchen als Tatort wählte, hat offensichtlich familiäre Gründe: Ein Onkel G.s war zum Tatzeitpunkt dort stellvertretender Filialleiter. Beim Überfall hatte G. auch ihn bedroht. Obgleich sich die Situation etwas seltsam darstellt, wie auch die vorsitzende Richterin bemerkte, zumal G. die Filiale just an dem Wochentag überfiel, als diese von einem Geldtransporter beliefert worden war, erhärtete sich im Verfahren der Verdacht nicht, dass der Onkel möglicherweise an dem Überfall beteiligt war. Die Indizien dafür seien zu schwach, hieß es in der Urteilsbegründung. Zudem hatten die vier Bankmitarbeiterinnen, die den Überfall miterlebt hatten, als Zeuginnen ausgesagt, ihr Kollege habe während der Tat nicht vortäuschbare Anzeichen von Angst gezeigt. G. selbst wollte zur Rolle seines Onkels keine Aussage machen.

Eine Nacht in der Gartenlaube

Als erwiesen sah es das Gericht an, dass G. den Überfall geplant hat. Zwei Tage zuvor reiste der 29-Jährige mit Hilfe seines Onkels illegal aus Kolumbien über Kroatien nach Deutschland ein - nach einer Haftstrafe in Spanien vor einigen Jahren durfte G. den Schengenraum bis 2018 eigentlich nicht mehr betreten. Der Onkel brachte ihn für die Nacht in seiner Gartenlaube in Taufkirchen unter, nach eigener Aussage in der Annahme, der Neffe würde am Montag zu seiner Mutter nach Spanien weiterreisen.

G. allerdings blieb und betrat am Dienstagmittag die Bankfiliale, ausgestattet mit einer Sporttasche, Maskierung, Kabelbinder und einem Messer. Dabei habe er die betroffenen Mitarbeiter zwar nicht körperlich verletzt, erklärte die Richterin. Der Überfall hatte gleichwohl Auswirkungen: Zwei Mitarbeiter waren länger in psychologischer Behandlung. Das Urteil ist rechtskräftig.

© SZ vom 02.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: