Kreis und quer:Danke, München

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Nach dem Ja zum Kohleausstieg am Heizkraftwerk Unterföhring hätte unser Autor noch ein paar Vorschläge

Von Lars Brunckhorst

Durch die Brille des Landredakteurs soll an dieser Stelle ja schon das eine oder andere Mal etwas abfällig über die Münchner und ihre Stadt gelästert worden sein, die ihre Negativeinrichtung mit Vorliebe an den Stadtrand verlegen: das Klärwerk nach Großlappen etwa, Neuperlach den Unterhachingern vor die Nase oder die Fußball-Arena nach Fröttmaning. Das tut uns leid. Deshalb sagen wir hier und heute ausnahmsweise einmal:

Danke, liebe Münchner!

Danke dafür, dass ihr am vergangenen Sonntag ausnahmsweise mal an uns gedacht und in eurem Bürgerentscheid für eine vorzeitige Abschaltung des Kohleblocks im Heizkraftwerk Unterföhring gestimmt habt!

Gut, genau genommen gilt unser Dank nur denjenigen 118 713 von euch 1,1 Millionen, die stimmberechtigt waren, zur Wahl gegangen sind und ihr Kreuz an der richtigen Stelle gemacht haben. Die Mehrheit von euch hat das Thema Kohleausstieg und Klimaschutz ja nicht hinter dem Ofen hervorgeholt, wie Manuel Pretzl, der Fraktionsvorsitzende der CSU im Münchner Stadtrat, treffend feststellte. Vielleicht war die Frage, ob die Steinkohleverbrennung bis 2020 eingestellt werden soll, auch schlicht zu kompliziert für die meisten von euch. Wie auch immer: Die Unterföhringer und alle anderen, die im Strom der mit dem Westwind nach Osten geblasenen Abgase leben, freuen sich über euer Votum. So viel Mitgefühl mit uns hier draußen hätten wir euch in der Stadt gar nicht zugetraut.

Dabei: Vor fünfeinhalb Jahren habt ihr ja schon einmal in unserem Interesse abgestimmt. Da habt ihr in einem anderen Bürgerentscheid eine dritte Startbahn am Flughafen im Erdinger Moos verhindert. Auch damals durften ja die unmittelbar Betroffenen nicht mit abstimmen. Und vor vier Jahren habt ihr ebenfalls mit einem Nein verhindert, dass der Raum zwischen München und Garmisch unter die fünf olympischen Räder, äh Ringe gerät. Danke, danke, danke.

Wir hätten bei der Gelegenheit aber auch noch ein paar Bitten: Wenn ihr gerade schon einmal dabei seid, uns alles Unbill dieser Welt vom Hals zu schaffen, dann könntet ihr gleich weitermachen. Wie wäre es mit einem Nein zur nächsten Baumaschinen-Messe in Riem, die wieder wochenlang die Straßen im Münchner Osten verstopft? Oder einem Nein zum weiteren Ausbau des Autobahnrings, der nur noch mehr Verkehr anzieht? Ebenfalls gerne genommen: ein Nein zur Wiesn, deretwegen jedes Jahr vollgekotzte S-Bahnen sogar bis ins schöne Aying fahren. Oder ein Nein zu Stellwerksstörungen am Ostbahnhof, zu Kampfradlern und Dauerpartymachern an der Isar und überteuerten Schicki-Micki-Lokalen. Oder einfach ein Nein zum November-Sauwetter. Liebe Münchner, euch wird schon etwas einfallen. Wir sind uns da ganz sicher. Danke.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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