Pullach:Bürgerbegehren soll Wohnungen verhindern

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Die Wählergruppe Wir in Pullach hat genügend Unterschriften gesammelt, um eine Abstimmung über das kommunale Bauvorhaben an der Heilmannstraße zu erzwingen. Doch die Fragestellung ist möglicherweise nicht zulässig.

Von Martin Mühlfenzl, Pullach

Die Gruppierung Wir in Pullach (WIP) strengt ein Bürgerbegehren gegen die Bebauung der Grundstücke 53 und 55 an der Heilmannstraße mit 22 sozial geförderten Wohnungen an. Am Montagmorgen haben die Initiatoren Christine Salger, Beate von Bergwelt und Stefan Danner - alle drei sind im Vorstand der WIP vertreten - Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) eine Liste mit 745 Unterschriften überreicht.

Nach sofortiger Prüfung der Unterschriften durch das Einwohnermeldeamt wurden 714 als zulässig bewertet; damit ist grundsätzlich das notwendige Quorum von zehn Prozent der Wahlberechtigten zur Beantragung eines Bürgerbegehrens erreicht. Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund indes hält den Antrag auf einen Bürgerentscheid für nicht zulässig und stützt sich auf zwei Gutachten des Bayerischen Städtetags sowie der Rechtsanwaltskanzlei Döring und Spieß aus München, die sie beide noch am Montag in Auftrag gegeben hat.

Juristen zweifeln an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens

Anwalt Gerhard Spieß zweifelt an, dass die Initiative der WIP eine "ausreichend konkrete Fragestellung mit Entscheidungscharakter" besitzt. Zudem sei die Begründung "in wesentlichen Punkten unvollständig", was ebenfalls zur "Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens führt".

Florian Gleich vom Bayerischen Städtetag verweist auf bereits eingegangene vertragliche Verpflichtungen der Gemeinde mit der Baugesellschaft München-Land. Die Tatsache, dass die Gemeinde gegenüber dem künftigen Bauträger bereits Verpflichtungen eingegangen ist, werde in der Begründung für das Bürgerbegehren nicht erwähnt, lässt Gleich verlauten.

Die Bebauung der Heilmannstraße 53/55 ist seit Entstehen der Idee ein Zankapfel im Pullacher Gemeinderat. Dass die WIP nun ein Bürgerbegehren anstrengt, ist letztlich nur die Konsequenz aus ihrer anhaltenden Kritik an dem Projekt. Zu hoch, zu viel Versiegelung, zu teuer, nicht notwendig, unpassend für den ortsbildenden Charakter - die Liste der Argumente der WIP-Fraktion ist lang.

CSU, Grüne, SPD und FDP stehen hinter dem Projekt

Die der Befürworter - und dazu zählen neben der Bürgermeisterin CSU, SPD, Grüne und FDP - ebenso. Pullach, das nur noch wenig Grundstücke in gemeindeeigenem Besitz hält, benötige günstigen Wohnraum, den die Kommune selbst vergeben könne. "Außerdem schaffen wir damit Werte", sagt CSU-Fraktionschef Andreas Most. "Hinzu kommt, dass wir bereits bis zu 1,5 Millionen Euro in die Vorplanung der Heilmannstraße investiert haben. Wenn wir jetzt die Reißleine ziehen, ist das Geld weg." Der WIP wirft Most "eine Art der Empörung vor, die populistische Züge trägt".

WIP-Gemeinderätin Cornelia Zechmeister kontert: "Wir sind nicht gegen Wohnungsbau, das muss ich grundsätzlich klarstellen. Wir wollen ihn nur nicht um jeden Preis." Im Bürgerentscheid soll laut WIP folgende Frage gestellt werden: "Sind Sie dafür, dass das Grundstück Heilmannstraße 53/55 als Vorratsfläche erhalten bleibt und in naher Zukunft nicht bebaut wird?" Für ein Ja wirbt die WIP auf einem Flyer auch mit dem finanziellen Aspekt: Obwohl Pullach fast 600 gemeindeeigene Wohnungen habe, würden zweistellige Millionenbeträge in das kommunale Wohnungsbauvorhaben fließen. Das Geld, argumentiert die WIP, würde bei den Bauvorhaben Schulen und Schwimmbad fehlen. Außerdem wollten "die meisten Pullacherinnen und Pullacher" so eine "massive Nachverdichtung nicht". Diese "falsche Priorität" würde zudem die Rücklagen auf acht Millionen Euro zusammenschmelzen.

"Falsch", sagt CSU-Fraktionschef Most. "Diese Information stimmt nicht. 2016 haben wir mit 53 Millionen an Rücklagen abgeschlossen und wir werden auch in diesem Jahr deutlich über den von der WIP angegeben acht liegen." Die Aussage der WIP sei "irreführend", sagt Most. Auch Rathauschefin Tausendfreund betont, dass gerade die Gewerbesteuereinnahmen "äußerst vorsichtig" angesetzt seien: "Da kommt noch Geld rein.

Außerdem werden wir Projekte wie die Treppe zur Isar, die schon beschlossen ist, auf das nächste Jahr verschieben." WIP-Gemeinderätin Zechmeister kontert, der Antrag sei "sehr knapp und klar formuliert": "Uns geht es darum, dass der Gemeinderat bei so einem wichtigen Projekt nicht alleine entscheidet." Ihre Fraktion werde nicht stillschweigend hinnehmen, dass das Projekt Heilmannstraße vom Gemeinderat durchgedrückt werde.

In der Sitzung am Dienstagabend indes schuf das Gremium gegen die fünf Stimmen der WIP alle Voraussetzungen für den Wohnungsbau. Endgültig entscheiden aber werden die Gemeinderäte über den Bau in ihrer Sitzung am 17. Oktober - dann müssen sie auch darüber befinden, ob der Antrag auf Bürgerbegehren zulässig ist. Cornelia Zechmeister stellt schon jetzt eine Klage in Aussicht, falls die Gemeinderäte ihn für unzulässig halten werden.

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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