Klimaschutz:Parodie auf das, was man tun müsste

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Haar schließt sich dem Klimabündnis an. Nicht allen Gemeinderäten geht es schnell genug voran mit der Energievision

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Gemeinde Haar schließt sich dem Klimabündnis des Landkreises an. Der Beschluss fiel im Gemeinderat einstimmig. Und Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) kündigte als nächste Schritte auf dem Weg raus aus der Kohlendioxid-Falle an, dass die Gemeindewerke am Rathaus eine Ladestation für Elektroautos installieren werden und am Seniorenclub eine für E-Bikes. Das Bewusstsein, dass in der Tat aber viel entschlossenere Schritte notwendig wären, um die Erderwärmung zu begrenzen oder gar zu stoppen, brachte etwa SPD-Fraktionschef Alexander Zill zum Ausdruck: "Was wir tun, ist eigentlich eine Parodie auf das, was wir tun müssten."

Dabei hält man sich in Haar durchaus zugute, bisher den Klimawandel ernst genommen zu haben. Und das nicht nur, weil in der Gemeinde Harald Lesch, der Astrophysiker und populäre Moderator von Wissenschaftssendungen im Fernsehen, dafür stets das Feld bereitete. Die erste und bis heute größte Freiflächen-Fotovoltaikanlage im Landkreis ging 2009 in Salmdorf in Betrieb. Ähnliche Projekte folgten. Die Gemeindewerke beteiligten sich 2014 an einem Windpark im oberfränkischen Schauenstein und steckten Geld in Passivhäuser wie etwa die Kindertagesstätte an der Dianastraße. Zuletzt nahm die Gemeinde zusätzliche Kosten für die Anschaffung von Elektro-Fahrzeugen in Kauf. Der Bauhof nutzt eins und der Haarer Fahrdienst fährt elektrisch. Die Schulen engagieren sich in der Umweltbildung und die Gemeinde unterstützt den Ausbau des ÖPNV. Dass es mehr Anstrengungen sein könnten und eigentlich sein müssten, fand nicht nur Alexander Zill.

Mike Seckinger (Grüne) sagte zum Beispiel, dass die Gemeinde beim Klimaschutz längst nicht mehr Spitzenreiter sei im Landkreis. "Wir würden uns mehr Energie wünschen", sagte er zum Einsatz des Rathauses auf diesem Gebiet. Und er brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass nach der Fertigstellung des neu gestalteten Bahnhofszugangs dort auch Ladestationen für E-Bikes geschaffen würden. Seckinger erinnerte daran, dass die Grünen zumindest durchgesetzt hätten, dort Kabel für solche Stationen hinzulegen. Unter anderem aus Kostengründen hatte man sich damals nicht zu einem Beschluss durchringen können, die Ladestationen zu schaffen.

In diese Richtung wird wohl mehr passieren müssen, wenn die Gemeinde Haar mit den anderen 28 und dem Landkreis die selbst gesteckten Ziele der Energievision erfüllen möchte. In der gemeinsamen Erklärung, der sich Haar erwartungsgemäß anschloss, heißt es, die Beteiligten übernähmen "Verantwortung" für ihre Klimapolitik. Sie sähen sich dem Weltklimavertrag von Paris verpflichtet und trieben die Energiewende "entschlossen voran". In drei Jahresschritten, beginnend ab 2017, sollen konkrete Ziele anvisiert werden. "Bis 2030 wollen wir die jährlichen Pro-Kopf-Emissionen im Landkreis München um 54 Prozent von 13 Tonnen CO₂ im Jahr 2010 auf sechs Tonnen CO₂ reduzieren."

Um das zu schaffen, sind konkrete Maßnahmen beschrieben. Unter anderem wird auf Kreisebene eine Kompetenzstelle eingerichtet und eine Energieagentur etabliert. Außerdem ist auch von einer E-Mobilitätsinitiative die Rede. Was erreicht wurde und was getan werden muss, wird in Haar unterschiedlich bewertet.

Alexander Zill (SPD) sagte, er sei in Haar mit dem Erreichten "auf niedrigem Niveau zufrieden". Dietrich Keymer (CSU) zeigte sich mit Blick auf die Zukunft "optimistisch", was wiederum Antonius van Lier (FWG) kritisierte. Er sei nicht optimistisch. Solcher Optimismus sei im Grunde Schuld daran, dass man nicht schnell genug vorankomme. Im Grunde müsse noch sehr viel mehr geschehen, unter anderem, so van Lier, sei es an der Zeit für einen veritablen "Mobilitätswechsel".

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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