Hilfsorganisation:Für jeden Cent dankbar

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Seit zehn Jahren kümmert sich der Oberhachinger Verein "Unser täglich Brot" um Menschen mit wenig Einkommen. Vor allem Familien mit Kindern oder Alleinerziehende werden unbürokratisch unterstützt

Von Cristina Marina, Oberhaching

Der Gemeinde Oberhaching ist es wirtschaftlich immer schon gut gegangen. Das sagt Helga Schmetzer, die sich seit mehr als 20 Jahren in der evangelischen Kirche engagiert. Wer die wohlhabenden Viertel sehe, Luxusautos vor der Haustür, erkenne das sofort, sagt die 57-Jährige, die eines weiß: Hinter diesem Reichtum gebe es noch eine andere Realität, in Oberhaching lebten auch bedürftige Familien mit Kindern. 2008 hat Schmetzer deshalb den Verein "Unser täglich Brot" gegründet, der Betroffenen hilft. Heuer wird zehnjähriges Bestehen gefeiert.

Der Verein ist vergleichsweise klein. Jedes Jahr werden zwischen 8000 und 12 000 Euro umgesetzt. Allerdings verfügt "Unser täglich Brot" über einige Besonderheiten: So ist der gemeinnützige Verein nicht nur in Oberhaching, sondern auch in Taufkirchen und Unterhaching tätig. Und er arbeitet überkonfessionell: Zehn evangelische und katholische Gemeinden aus dem Hachinger Tal hatten sich ursprünglich zusammengetan; mittlerweile sind es immerhin noch vier, die dem Vereinsvorstand angehören. "Unser täglich Brot" finanziert sich ausschließlich aus Spenden und es gibt keine hauptamtlichen Stellen. Alle Arbeit verrichten Ehrenamtliche, das gespendete Geld kommt allesamt bei den Kindern an.

Denn der Verein kümmert sich vor allem um bedürftige Kinder. "Unser Ziel ist es, das Bewusstsein für die Not der benachteiligten Familien zu schaffen", sagt Helga Schmetzer. Die Realität der Armut sei in der an sich wirtschaftsstarken Region nicht gut sichtbar: Familien, die durch das soziale Raster fallen, würden sich häufig für ihre Not schämen und nicht gerne darüber sprechen oder gar von sich aus um Hilfe bitten. "Unser täglich Brot" arbeitet deswegen mit Einrichtungen zusammen, welche die betroffenen Menschen persönlich kennen, wie Schulen oder die Schuldnerberatung der Caritas. Letztere hat gleich nach Vereinsgründung auch das ehrenamtliche Personal zum richtigen Umgang mit den Menschen geschult, die in eine Notlage geraten. Warum sie schließlich durch das Raster fallen? "Die meisten unserer Klienten befinden sich an der Hartz IV-Grenze", sagt Schmetzer. "Entweder knapp darunter oder sie bekommen sogar Hartz IV, kommen aber zum Beispiel als alleinerziehende Mütter trotzdem nur schwerlich über die Runden". Wenn dann etwas anfalle, wie beispielsweise eine Klassenfahrt oder eine Zahnspange, dann könnten die Familien es sich nicht leisten. Diese Kosten, für die niemand sonst einstehe, übernimmt der Verein. Unter den Betroffenen befinden sich laut Schmetzer aber auch Menschen, die nicht arm waren, sondern erst durch einen Schicksalsschlag wie Krankheit aus dem Gleichgewicht kamen. "Es kann schnell gehen. Auf einmal hat man ein Problem." Die Hilfe durch den Verein findet, je nach Situation, einmalig oder häufiger, doch nach Möglichkeit immer rasch und unbürokratisch statt.

Denn die Vereinsmitglieder wissen aus ihrer eigenen Erfahrung, wie viel Aufwand einzig der Papierkram schlucken kann. Gerade die Gründungszeit mit dem ersten Antrag, als gemeinnützig anerkannt zu werden, habe sich damals vor zehn Jahren als eine harte Herausforderung erwiesen. Mittlerweile haben die Ehrenamtlichen an Erfahrung gewonnen, jedes Jahr aufs Neue bekommen sie mit der Steuererklärung den Status eines gemeinnützigen Vereins ausgesprochen. Damit dürfen sie Spendenquittungen ausstellen.

Denn auf die Spenden der Privatpersonen, Unternehmen und Einrichtungen sind sie angewiesen. Unter den Spendern befinden sich Geburtstagskinder, Bastelkreise, Kirchen, die Kolpingfamilie, Banken, Verlage, die Evangelische Landeskirche und - auch erwähnenswert - der ökumenische Chor "mix'n free", den Schmetzer als Dirigentin leitet.

Doch die Vereinsvorsitzende Schmetzer ist über die ganz kleinen Spenden oft am meisten gerührt: Die 50 Euro der älteren Damen aus dem Bastelkreis in Unterhaching zum Beispiel, die Spende des Pfarrers aus Taufkirchen, der mit seiner eigenen Band auftritt und den Reinerlös der Veranstaltung zur Verfügung stellt, die 80 Euro in Ein- bis Zehn-Cent-Stücken, die die Kinder in Kindesgottesdiensten das ganze Jahr über gesammelt haben und an Weihnachten feierlich überreichen.

Der Verein "Unser täglich Brot" stellt sich nun auf weitere zehn arbeitsreiche Jahre ein und hofft auch in Zukunft auf großzügige Unterstützung durch die Spender. "Die Schere zwischen Arm und Reich geht leider immer weiter auseinander", sagt Helga Schmetzer. "Wir wollen allen Menschen ans Herz legen, aufeinander zu achten; dass man sich nicht aus den Augen verliert."

© SZ vom 12.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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