Garching:Rinderherde droht die Schlachtung

Lesezeit: 2 min

  • Christine Scherr hält in Garching 115 Zebu-Rinder, das Landratsamt München versucht seit zehn Jahren, ihr die Haltung zu verbieten.
  • Die Tiere mussten wegen eines Erbstreits einen Bauernhof in Ismaning verlassen, jetzt fehlen ein Unterstand und eine ausreichende Weidefläche.
  • Das Verwaltungsgericht München schlägt vor, die Herde zu reduzieren, doch das Landratsamt bleibt hart.

Von Gudrun Passarge, Garching

Die Zukunft der Zebu-Herde in Garching-Hochbrück bleibt ungewiss. Ginge es nach dem Landratsamt München, würde Christine Scherr die Rinderhaltung untersagt. Die 64-Jährige hatte dagegen Klage eingereicht, deswegen hat nun das Verwaltungsgericht München darüber zu entscheiden, wie es mit den 115 Zwerg-Zebus in Hochbrück weitergeht. Auf den Vergleichsvorschlag von Richter Dietmar Wolff, die Herde unter Auflagen auf 40 plus x Tiere zu reduzieren, wollten die Vertreterinnen des Landratsamts nicht eingehen. Sie wiesen auf den schon zehn Jahre anhaltenden Konflikt mit der Halterin hin.

Christine Scherr und ihre 24 Jahre alte Tochter Marie-Sophie, die die Herde gerne übernehmen würde, zeigten sich kämpferisch. Die Zebu-Herde, die nach einem Erbstreit den Bauernhof in Ismaning verlassen musste, brauchte ein schnelles Quartier. Für 30 Bullen fand Scherr einen Platz bei einem Landwirt bei Dorfen, die restlichen Tiere brachte sie im August 2015 auf einem Grundstück bei Hochbrück unter, teils auf dem Platz, wo der FC Hochbrück jetzt bald seinen neuen Sportplatz bekommen soll. Das Landratsamt forderte allerdings für den Winter einen Unterstand für die Tiere, eine Auflage, der Scherr nicht fristgerecht nachkam, auch weil es am Geld mangelte. Deswegen bauten Mitarbeiter des Landratsamts mit Hilfe des THW im Januar Zelte auf. Jetzt soll Scherr für die Kosten aufkommen.

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Den Richter interessierte vor allem die Frage, ob die Maßnahme des Veterinäramts dringend notwendig gewesen sei, was Nancy Biewendt, Assistentin im Veterinäramt, bejahte. "Die Schneedecke war so gut wie geschlossen", in den Nächten herrschten Temperaturen von bis zu zehn Grad minus. Außerdem, so berichtete die Amtstierärztin Sibylle Rehmann, habe man ein totes Zebu gefunden. Sie machte deutlich, dass Zebus nicht zu den robusten Rinderarten gehörten und deswegen auch unter der Kälte besonders litten. Die Halterin und ihre Tochter dagegen hätten das angrenzende Kiefernwäldchen als ausreichenden Schutz genannt.

Das Landratsamt hatte noch eine lange Liste mit Vorwürfen. So etwa reiche die Weidefläche, die derzeit vorhanden ist, lediglich für 20 Tiere. Außerdem bemängelte Rehmann die Futtersituation und den Ernährungszustand mancher Tiere. Und die Bullen seien nicht rechtzeitig von der Herde getrennt worden, auch in diesem Jahr nicht, weshalb wohl wieder Tiere im Winter kalben würden. Gestritten wurde zudem noch über eine Gesundheits-Bescheinigung (IBR), die nötig ist, um die Tiere direkt zu vermarkten. Dazu müssen von allen Tiere Blutproben genommen werden, das sei bei der Herde nicht passiert.

Mutter und Tochter Scherr hielten dagegen. Sie verwiesen auf Gutachten eines Tierarztes der Tierklinik, der auch die Blutproben der Zebus entnommen hatte. Nur bei einer Untersuchung im vergangenen Jahr seien ein paar Tiere entwischt. Sie kündigten an, künftig noch Flächen von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben dazuzumieten, einen festen Stall zu bauen und die Herde zu reduzieren.

Der Richter fand es "schade", dass das Landratsamt darauf nicht eingehen wollte. "Das Gericht hält es für vertretbar, dass Sie noch einmal eine Chance bekommen", sagte er zu Scherrs. Sollte das Gericht jedoch der Forderung der Kreisbehörde folgen, wird Scherr in Berufung gehen, wie ihr Anwalt, der aus der Fernsehserie "Richter Alexander Hold" bekannte Sewarion Kirkitadse, ankündigte. Denn wenn sie die Herde abgeben müsste, blieben nur noch das Keulen und ein nahezu vollständiger finanzieller Verlust, sagt Scherr - vom emotionalen nicht zu reden.

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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