Flowerstreet Festival:Die Retter der Münchner Musikszene

Lesezeit: 3 min

33 Bands auf 3 Bühnen an einem Abend: Hanna und Amadeus feiern den zweiten Geburtstag ihrer Plattenfirma "Flowerstreet Records" - ein Besuch in einer Musiker-WG.

Martina Kollroß

Im Gang stapeln sich Kartons voller CDs. Auf einer Seite von Hannas Zimmer lagern eingerollte Plakate und weitere CDs. Es klingelt: Noch mehr Pakete. Hannah öffnet eines. Glänzende Flyer kommen zum Vorschein. Hannah ist zufrieden. Dann setzt sie sich neben Amadeus an ihr Notebook. Sie müsse nebenher ein bisschen arbeiten, sagt sie. Viel Zeit bleibt nicht mehr: Am Freitag, 10. September, steigt im Feierwerk das zweite "Flowerstreet Festival". Hanna Kolb und Gregor Amadeus Böhm, beide Mitte 20, feiern damit den zweiten Geburtstag ihres Labels "Flowerstreet Records". Martina Kollroß, 19, war zu Besuch in der Münchnern Musik-WG, in der die Sozialpädagogin und der Musiker zusammen wohnen.

Lassen derzeit die Münchner Bandszene aufblühen: Hanna Kolb und Gregor Amadeus Böhm. (Foto: Flowerstreet Records)

SZ: Hanna, wirst Du am Freitag dein sozialpädagogisches Wissen anwenden und die nervösen Musiker beruhigen? Immerhin haben viele noch nie auf so einem großen Festival gespielt...

Hanna: Die Jüngeren sind schon manchmal nervös. Aber das Festival hat einen familiären Charakter, die Bands kennen sich untereinander. Da ist die Nervosität dann nicht so groß.

Amadeus: Die Sozialpädagogin kam eher immer mir gegenüber durch.

SZ: Aha, wie das?

Hanna: Ich war Tourbegleitung bei Five!Fast!!Hits!!! ( Amadeus' frühere Band, Anm. d. Red.), da habe ich alles gelernt. Ich musste zum Beispiel schauen, dass die Jungs nicht zu betrunken in den Bus steigen. Oder besser gesagt, dass sie überhaupt in den Bus steigen.

SZ: Und wie schaut Eure Unterstützung für die Bands heute aus?

Hanna: Wir machen viele unterschiedliche Dinge. Mit Pardon Ms Arden habe ich vergangenen Herbst den Fan-Walk mitgemacht. Da sind wir zehn Tage lang von Hamburg nach Berlin marschiert und Pardon Ms Arden hat abends für alle gespielt.

SZ: Und was war da Deine Aufgabe, Hanna?

Hanna: Vor allem die Band motivieren, weiterzulaufen. Das Ganze haben Leute von einer Werbeagentur organisiert - die sind auf ihrem Gebiet sehr gut, kennen sich mit Bands jedoch weniger aus. Da ist eine Anlaufstelle zwischen Band und Agentur oft nicht schlecht.

SZ: War dieses Engagement bei dem Fan-Walk und dass Pardon Ms Arden auf einmal bei MTV gespielt wurde, eine Folge Eures ersten Festivals vergangenes Jahr?

Amadeus: Es ist irgendwie alles eine Folge von allem. Es kann sein, dass du im Hinterland ein Konzert spielst und da ist dann zufällig ein Booker, der dich an ein Festival weiterleitet.

SZ: Dieses Jahr spielen 33 Bands auf Eurem Festival. Vergangenes Jahr waren es sieben. Außerdem habt ihr gerade noch ein neues Label eröffnet. Warum?

Amadeus: Wir haben mit Flowerstreet so viel zu tun, dass wir mit den fünf Bands, die wir betreuen, voll ausgelastet sind. Wir arbeiten ja eher als Agentur für die Bands, machen alles von Management bis Booking. Beim neuen Schwesterlabel "In Bloom Records" arbeiten wir auf einer anderen Ebene mit. Das betreut vor allem unsere ehemalige Praktikantin Siona, das Label gibt es auch erst seit ungefähr zwei Monaten.

SZ: Stimmt es, dass bei Konzerten Eurer Bands immer stapelweise Ausweise an der Kasse liegen, weil das Publikum so jung ist?

Hanna: Das ist echt so. Es wird inzwischen sogar extra koordiniert. Die Clubs haben für uns Karteikästchen, in denen die Ausweise beim größten Ansturm um 24 Uhr schnell griffbereit sind.

SZ: Wie alt ist Euer Publikum am Freitag?

Amadeus: Ganz unterschiedlich. So 14 bis 60 Jahre alt, würde ich sagen. Es kommen auch Menschen, die sich einfach für die Münchner Musikszene interessieren.

SZ: Wie werdet ihr in der Szene eigentlich aufgenommen?

Amadeus: Sehr positiv. Die Veranstalter freuen sich richtig, wenn wir da sind. Wir haben es gerne gut organisiert. Das ist auch für die Clubbetreiber angenehm. Weil die Hanna da ist...

SZ: Das wird aber ganz schön stressig für Dich am Freitag, oder Hanna?

Hanna: Wir haben das dieses Jahr eigentlich so geplant, dass wir beide dort keine Aufgaben haben. Wir können nicht bei jeder gerissenen Gitarrensaite helfen, dafür sind andere zuständig. Unser Team besteht aus etwa 25 Leuten.

SZ: Und die müssen aber auch bezahlt werden.

Amadeus: Wir hoffen auf guten Besuch. Aber selbst, wenn nicht so viele kommen: Wir feiern unseren Geburtstag. Über das Finanzielle haben wir nicht so nachgedacht. Nur ein Teil der Bands bekommt Gage, aber alle werden versorgt.

SZ: Und ihr verdient wirklich Geld mit dem Label?

Amadeus: Mit Musik ist es generell extrem schwer, Geld zu verdienen. Wir machen das auf eine andere Art, als Eventmanager und so. Außerdem stecken wir das Geld, das wir verdienen, zum Beispiel in die Produktion einer neuen Platte von einer unserer Bands. Sachen können nur schieflaufen, wenn du einen geraden Weg verfolgst. Das tun wir aber nicht.

SZ: Die Bands auf Eurem Festival bilden eine Art neue Musiker-Generation? Was verbindet sie untereinander?

Amadeus: Von 2005 bis 2008 war ich viel mit meiner Band unterwegs. Sobald da eine Band einen guten Status hatte, wurde ihr der Erfolg missgönnt. Es gab keine richtige Zusammenarbeit zwischen den Bands.

SZ: Und heute?

Amadeus: Da kennen sich die Bands besser. Die Szene in München ist derzeit echt am Blühen. Viele Bands trauen sich aus dem Proberaum raus - und wir helfen ihnen dabei.

© SZ vom 06.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: