Bürgermeisterwahl in Baierbrunn:Über Umwege zum Gipfel

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Ob er nach der Wahl am 11. März noch die Bürgermeisterkette tragen darf? Wolfgang Jirschik (ÜWG), der amtierende Rathausschef, gilt jedenfalls als Favorit. (Foto: Claus Schunk)

Durch den Rücktritt von Barbara Angermaier ist Wolfgang Jirschik unerwartet Interims-Rathauschef geworden. Erst hat der pensionierte Institutsrektor gezögert, doch jetzt will er Baierbrunn gerne noch zwei Jahre gestalten.

Von Udo Watter, Baierbrunn

Auch wenn er früher ein Bergsteiger war, alleine den Jubiläumsgrat durchstieg oder die Watzmann-Überschreitung meisterte - hoch hinaus wollen, ist nicht das, was Wolfgang Jirschik primär antreibt. Jedenfalls nicht in dem Sinne, dass da einer als beruflicher oder politischer Ehrgeizling nach dem Gipfel strebt, auf dem die Sonne nur ihn persönlich anstrahlt.

Dem 68-Jährigen geht es um die Sache, er ist ein Gestalter aus dem Hintergrund. Das Ergebnis, nicht das Ego ist wichtig. Und mit seiner angenehmen Art ist Jirschik, der seit dem Rücktritt von Barbara Angermaier Ende November 2017 amtierender Bürgermeister der Gemeinde Baierbrunn ist, nicht nur ein kompetenter Sitzungsleiter, sondern trifft offenbar auch in der Zusammenarbeit mit der Verwaltung den richtigen Ton. "Das funktioniert sehr gut. Alle sind engagiert", lobt der gebürtige Pullacher.

"Man muss versuchen, sich gut zu strukturieren"

Er selber werkelt derzeit meistens bis zum frühen Nachmittag im Rathaus, danach bei sich Zuhause in Buchenhain. Gerade steht der neue Haushaltsentwurf an. "Es gibt tägliche Herausforderungen. Man muss versuchen, sich gut zu strukturieren", sagt Jirschik.

Der ehemalige Realschullehrer ist ein umgänglicher, kultivierter Mann, der sich nicht in den Vordergrund drängt, der aber schon weiß, was er will. Ambitionen hatte er denn auch schon in jungen Jahren. Jirschik, der sich am 11. März zur Wahl für das Bürgermeisteramt stellt, zeigte schon früh Interesse am politischen Leben. Seit 1963 im Ortsteil Buchenhain ansässig, kandidierte er als Student 1972 auf der Liste der Überparteilichen Wählergruppe Baierbrunn (ÜWG) erstmals für den Gemeinderat. 1986 wurde er als Nachrücker Mitglied des Gemeinderats, schied dann nach neun Jahren aus - er konnte aus berufsbedingter Abwesenheit nur selten an Sitzungen teilnehmen.

Nach dem Eintritt in den Ruhestand mit 63 Jahren entschloss sich der ehemalige Realschullehrer, der auch viele Jahre am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) tätig war, wieder politisch aktiv zu werden. "Ich wollte mich engagieren." 2012 in den Vorstand der ÜWG gewählt, wurde er 2014 erneut Mitglied des Gemeinderats und Zweiter Bürgermeister. Seit drei Monaten leitet er nun interimistisch die Geschäfte im Rathaus.

An kommunalpolitischer Erfahrung ist er seinen Konkurrenten - Felix Maiwald (CSU) und dem Grünen Peter Tilmann - also voraus, über deren Kandidatur er sich gleichwohl freut: "Es ist gut für die Demokratie, wenn es eine Auswahl gibt." Auch seine lange Berufszeit ist für Jirschik, der Wirtschaftswissenschaften, Geografie und Politik für Lehramt an der Uni München studierte, im Amt nicht eben nachteilig. Als Realschullehrer in Geretsried und vor allem in seiner 20-jährigen Tätigkeit am zum Kulturministerium gehörenden ISB lernte er als Verantwortlicher für Lehrplanentwicklung oder Lehrerfortbildung zu gestalten, aber auch mit Gegenwind umzugehen. "Man ist dort oft erst mal Prellbock."

Der verheiratete Familienvater, der zwei Söhne und drei Enkel hat, ist aber ohnehin keiner, der sich schnell aus der Ruhe bringen lässt. Eine Gelassenheit, die sicher auch in seiner Liebe zur Natur wurzelt. Diese zu bewahren, war ihm schon früh ein Anliegen, und es gehört zu den wesentlichen Punkten seiner politischen Agenda. Das vor der Haustür liegende Isartal nennt er einen "Schatz", den es zu schützen gelte. Jirschik ist zweiter Vorsitzender der Ortsgruppe Bund Naturschutz, Mitglied im Isartalverein und im Ausschuss des Baierbrunner Vereins für Heimatpflege. Interessierten zeigt er auf naturkundlichen Streifzügen gerne die Flora und Fauna im Isartal.

Dass beim Neubau der Grundschule am Wirthsfeld "ökologischen Gesichtspunkten Rechnung getragen wird im Sinne der Nachhaltigkeit" ist ihm wichtig. Ebenso die moderne pädagogische Ausrichtung und ein entsprechendes Raum-Funktions-Programm. Ein Problem für die finanziell nicht üppig gesegnete Gemeinde die zuletzt auch eher maue Gewerbesteuereinnahmen hatte: der Kostenfaktor. "Wir wissen noch nicht genau, wie wir es finanzieren." Falls Jirschik die Wahl gewänne, würde er eine Sondersitzung einberufen, in der Experten verschiedene Finanzierungsmodelle vorstellen könnten. "Wir müssen einen Weg finden, der den Spielraum im Vermögenshaushalt nicht einschränkt."

Weitere Punkte, die er angehen will: die Gestaltung der Räume in der Mittagsbetreuung und das Problem des Mangels an Gewerbeflächen. Zudem fragt sich Jirschik: "Was können wir den Jugendlichen am Ort künftig bieten?" Abgesehen vom Jugendtreff am Postwaggon und einem Skaterpark im benachbarten Schäftlarn gebe es da nicht viel. Auch das Angebot für Senioren in der Gemeinde hat noch Luft nach oben. Jirschik schwebt eine interessante Lösung vor. "Die Idee wäre, das alte Schulgebäude in eine entsprechende kulturell-soziale Nutzung zu überführen."

Jirschik, der zunächst gezögert hat, sich als Kandidat für das Bürgermeisteramt zu bewerben, glaubt, dass er ob seiner Erfahrung der Gemeinde am besten dienen könne: "Wir haben einige drängende Projekte, bei denen wir uns keinen Verzug leisten dürfen." Sollte es aber nicht klappen, hätte er wieder mehr Zeit, sich um seine liebsten Hobbys - drei Enkelkinder, Modelleisenbahn, Gartenarbeit - zu kümmern. Und natürlich mit seiner Frau Angelika zu wandern. Vielleicht nicht mehr auf die höchsten Gipfel, aber mit stiller Freude an der Natur.

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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