Landkreis Dachau:39-Jähriger zweimal in Lebensgefahr

Lesezeit: 2 min

  • Ein 39-Jähriger reagierte allergisch auf einen Wespenstich.
  • Der Sanitäter spritzte ihm ein falsches Medikament.
  • Deshalb erhält der Mann nun 5000 Euro Schmerzensgeld.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Seinen 40. Geburtstag im Februar kann ein Mann aus dem Landkreis Dachau gleich zweimal feiern. Denn innerhalb kurzer Zeit wäre er zweimal fast an verhängnisvollen Einstichen gestorben: Erst hatte ihn eine Wespe gestochen und so einen lebensgefährlichen Schockzustand ausgelöst - dann enthielt die Spritze eines Rettungssanitäters einen falschen Medikamentencocktail, der den Mann erneut in Todesgefahr brachte. Trösten kann sich der Betroffene nun immerhin mit 5000 Euro Schmerzensgeld.

An einem Augusttag war der 39-Jährige von der Wespe in der Hals gestochen worden. Das hatte zu einer schweren allergischen Reaktion mit Kreislaufversagen, abfallendem Blutdruck, Herzrasen sowie Atemnot geführt. Bekannte riefen sofort den Rettungsdienst. Es kamen sowohl ein Rettungsfahrzeug, zudem auch der Notarzt per Hubschrauber. Der Doktor ordnete zwei Injektionen zur Kreislaufstabilisierung an. Rasch fühlte sich der Patient wieder besser und konnte sogar mit den anwesenden Personen scherzen.

Die Medizinspritzen hatte ein Sanitäter aus dem Rettungswagen vorbereitet, während ein Kollege aus dem Hubschrauber einen venösen Zugang legte. Um den Zustand des Patienten weiter zu stabilisieren, verordnete der Notarzt eine dritte Spritze. "Hier kam es zu einer Medikamentenverwechslung", sagt die Medizinanwältin Beate Steldinger. Gespitzt werden sollte "Prednisolon". Dieses Medikament wird eingesetzt, um akute Entzündungsreaktionen zu unterdrücken, dazu gehören auch ein anaphylaktischer Schock und schwere allergische Reaktionen.

Wo genau der Fehler lag

Als Lösungsmittel für dieses Medikament wurde versehentlich eine Ampulle "Succinylcholin" aufgezogen. Das ist ein Muskelrelaxans, das eine schlaffe Lähmung der Skelettmuskulatur hervorruft und zur Narkoseeinleitung benutzt wird", sagt Fachanwältin Steldinger. "Es kann als Nebenwirkung Herzrhythmusstörungen, aber auch Kammerflimmern bis hin zum Herzstillstand herbeiführen."

Der Notarzt erkannte die Situation zum Glück blitzschnell, beatmete den Patienten künstlich und brachte ihn mit dem Hubschrauber sofort ins Klinikum Großhandern. "Unser Mandant fühlte die Lebensgefahr - er hatte das Gefühl, dass der Brustkorb wie gepanzert ist und sich die Lungen nicht mehr zum Atmen öffnen", sagt die Anwältin.

Der Sanitäter aus dem Rettungswagen hatte auch dokumentiert, dass etwas falsch gelaufen war. Er schrieb in den Einsatzbericht: "Succinylcholinampulle leer vorgefunden." Als Kommentar notierte er "Verdacht auf Medikamentenverwechslung".

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Wie sich Versicherung und der Geschädigte einigten

Noch in der Klinik war der Betroffene auf Betreiben des Notarztes durch die Klinikärzte über den Vorfall informiert worden. Der Mann brauchte Wochen, um die erlebten Todesängste zu verarbeiten. Die Haftpflichtversicherung des Rettungsunternehmens bot dem Patienten "zur endgültigen Beilegung der Angelegenheit" zunächst eine Zahlung von 1500 Euro an.

Den Betrag begründete die Assekuranz damit, "dass das Gefühl der Todesangst nur für einen kurzen Zeitraum von wenigen Sekunden beziehungsweise Minuten bestand". Außerdem sei er in der ganzen Zeit ja ärztlich betreut gewesen, argumentierte sie. Auch habe man ihn nur einen Tag künstlich beatmen müssen.

Damit gab sich die Anwältin nicht zufrieden, die Versicherung bezahlte schließlich "im Erledigungsinteresse und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" 5000 Euro.

© SZ vom 08.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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