Kulturtipp:Fabelhafte Mistkerle

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Lisa Wagner, Thomas Meinhardt, Markus Fennert, Lena Dörrie und Gerd Lohmeyer (von links) verkörpern Dylan Thomas' abgründig-lustiges Spiel der Stimmen. (Foto: Hilda Lobinger)

"Unter dem Milchwald" im Metropol-Theater

Von Barbara Hordych, Freimann

Von Beziehungen, die nicht zustande kommen und solchen, "bei denen man sich wünscht, sie wären nie zustande gekommen" erzähle das Stück "Unter dem Milchwald". Sagt die ehemalige Residenztheater-Schauspielerin Ulrike Arnold, die Dylan Thomas' Hörspiel am Metropol-Theater für fünf Schauspieler adaptiert hat. So berührend und schräg zugleich, dass ihre Inszenierung 2014 bei den Deutschen Privattheatertagen mit dem Monica Bleibtreu-Preis ausgezeichnet wurde. Von Dienstag, 11. April, an werden noch einmal dreizehn Aufführungen der hoch gelobten und immer schnell ausverkauften Inszenierung zu sehen sein.

Was hat sie an dem Stück gereizt? Dylan Thomas habe eine "heroische Komödie des einfachen Lebens" geschrieben, sagt Arnold. In der gehe es zwar um einfache Menschen wie den Briefträger, den Metzger, das Dienstmädchen, eine Lehrerin, den Pfarrer und den Kneipenwirt. "Doch die Abgründe, die diese Figuren offenbaren, zeigen, dass sie alles andere als einfach sind": Der Briefträger liest alle Briefe selber, der Metzger hat Katzenleber wie Menschenrippchen im Angebot und wäre gerne ein Schauspieler geworden; unter dem Reinheitswahn der Pensionsbetreiberin leiden sogar noch die verstorbenen Ehemänner, der Gemeindepfarrer dichtet heimlich, wenn ihm nicht gerade der Heiland selbst ins Wort fällt und ein Ehemann phantasiert von Giftmorden. Als ein "Komposthaufen", der die "Geschwüre der Menschen" zeige, habe Dylan Thomas das fiktive walisische Fischerdorf Llareggub in seinen Briefen bezeichnet, erzählt Ulrike Arnold . Nicht von ungefähr ergibt dessen Name rückwärts gelesen "Bugger, all", was mit "Mistkerle, Alle", noch zurückhaltend wiedergegeben ist. Im Stück tag- und nachtträumen lauter fabelhaft komische und beschädigte Menschen von ihren kleinen Ausflüchten und großen Sehnsüchten, in einer Sprache von überbordender Poesie, die Erich Fried kongenial ins Deutsche übersetzte.

55 Rollen, kleinere wie größere, verkörpern die Schauspieler auf der Drehbühne des Metropol-Theaters. Die stellt mal die Metzgersküche, mal das Schulhaus vor, mal das Meer und dann natürlich den titelgebenden Wald, der den Pärchen als "johannisbeerstrauchelndes Doppelbett" dient. Darunter ist auch Lisa Wagner, Arnolds ehemalige Kollegin am Residenztheater, die neben der hinreißend komödiantisch in Chaplin-Manier gestalteten Figur des Gemeindepfarrers die Rolle der spröden Lehrerin mimt. "Ein Beispiel für die schönen, nie zustande kommenden Beziehungen in diesem Dorf, obwohl sie in den Schankwirt, und der in sie verliebt ist", sagt Ulrike Arnold. Lisa Wagner wird etwa die Hälfte der Aufführungen spielen, die anderen übernimmt Eli Wasserscheid, die Arnold auch bei der Regie assistierte. Ein Stück, mit dem Jochen Schölchs Metropol-Theater einmal mehr seinen Ruf als Star unter den Privattheatern festigte - 2015/2016 wurde es bereits zum zweiten Mal als beste Off-Bühne Deutschlands ausgezeichnet.

Unter dem Milchwald , Di., 11. April, 20 Uhr, weitere Termine bis 29. 4. , Floriansmühlstraße 5

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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