FC Bayern:Spielen statt kämpfen

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Haben Münchens Fußballvereine ein grobes Foul begangen und ihr Gebot zu politischer Neutralität verletzt? Der FC Bayern und der TSV 1860 haben sich dem Bündnis für die dritte Startbahn am Flughafen angeschlossen. Grünen-Landesvorsitzender Janecek will nun seine Vereinsmitgliedschaft kündigen - obwohl er lange in FC-Bayern-Bettwäsche schlief.

Astrid Becker und Marco Völklein

Dieter Janecek, der Landesvorsitzende der Grünen, ist leidenschaftlicher FC-Bayern-Fan. Als Bub hat er einst in der Bettwäsche des Vereins geschlafen. Doch nach 30 Jahren währender Liebe will Janecek nun die Mitgliedschaft kündigen, weil sich der FC Bayern - ebenso wie auch der TSV 1860 - dem neuen Bündnis für die dritte Startbahn angeschlossen hat, das sich am Mittwoch offiziell vorgestellt hat.

Dass der FC Bayern sich dem neuen Bündnis für die dritte Startbahn angeschlossen hat, kommt nicht bei allen Fans gut an. (Foto: dapd)

Neben den beiden Fußballvereinen gehören dem Bündnis, das von CSU, SPD und FDP initiiert wurde, mehr als 35 Unternehmen und Verbände an. Was aber, so fragt Janecek, hat bitteschön der FC Bayern hier verloren? Über seinen Lieblingsklub, von dem er sich so enttäuscht fühlt, schreibt Janecek in seinem Internet-Blog: "Du bist ein Fußballverein und keine politische Kampforganisation, dachte ich mir immer."

Die Unternehmen und Verbände, die das Startbahn-Bündnis unterstützen, verfolgen mit ihrem Engagement ein gemeinsames Ziel: Durch den Flughafenausbau sollen Arbeitsplätze in Bayern geschaffen werden. Weil auch die Profi-Fußballer den Flughafen regelmäßig nutzten, hätten sich die Vereine dem Bündnis angeschlossen, sagt eine Sprecherin des TSV 1860. Janecek kann dies nicht verstehen. In seinem offenen Brief an den "Lieben FC Bayern München" schreibt er: "Was mich wirklich ärgert, ist, dass Du Dich als mein Verein zum wiederholten Male über die Köpfe Deiner Mitglieder hinweg in die Politik eingemischt hast."

Der Grünen-Politiker steht mit dieser Ansicht nicht allein, in Internetforen äußern sich etliche Bayern-Fans ähnlich, während Anhänger von Borussia Dortmund über den Kurznachrichtendienst Twitter in Richtung Janecek sticheln: "Wir nehmen Dich gerne auf, spielen eh gerade den schöneren Fußball." Ein anderer Borussen-Anhänger schreibt: "Da lobe ich mir den BVB. Der wäre höchstens für die Verlängerung der Startbahn in Wickede."

In München kritisieren auch andere Politiker den FC Bayern und die Löwen. Michael Piazolo von den Freien Wählern, der Sprecher des Bündnisses gegen den Flughafenausbau, sagt: "Mit diesen klar politischen Aktivitäten verletzen die Vereine ihr jeweils satzungsgemäßes Gebot zu politischer Neutralität." Derlei Neutralität verlangen die Münchner Grünen auch von den Chefs der städtischen Tochtergesellschaften. "Es war bisher nicht Usus, dass sich städtische Tochtergesellschaften offen in die aktuelle politische Auseinandersetzung vor einem Bürgerentscheid einmischen", sagt Grünen-Fraktionschefin Lydia Dietrich.

Tierpark-Chef Andreas Knieriem, hatte daraufhin am Donnerstag seine Unterstützung für das Startbahn-Bündnis zurückgezogen: "Ich fühle mich vor den Karren gespannt", sagt Knieriem. Als die Bündnis-Koordinatoren vor einigen Wochen angefragt hätten, sei ihm "die politische Dimension" nicht klar gewesen. "Ich habe nur die touristischen Gründe gesehen, die für den Ausbau sprechen."

© SZ vom 09.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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