Kriminalität:Polizei jagt Einbrecher mit Flugblättern

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Alle Einbrüche werden derzeit zwischen 16 und 21 Uhr begangen, typischerweise in Parterrewohnungen oder im ersten Stock. (Foto: dpa)
  • Sechs bis acht Einbrüche registriert die Münchner Polizei derzeit pro Tag.
  • In den Monaten Januar und Februar haben die Einbrecher Hochkonjunktur.
  • Polizeibeamte verteilen nun Wurfzettel in Straßenzügen, in denen sie mögliche Einbrecher vermuten.

Von Martin Bernstein

"Die wissen, was sie tun - und sie wissen, wo und wie sie es tun." Wolfgang Inderst, 52, kennt seine Kundschaft gut. Der Chef der "Lage" im Polizeipräsidium ist mit Wurfzetteln auf Ganovenjagd. Sechs bis acht Einbrüche registriert die Münchner Polizei derzeit - pro Tag. Im Jahresdurchschnitt sind es halb so viele, die Zahlen sinken. Auch 2017 war das so, auch wenn die Behörden noch keine Statistik vorgelegt haben. Nur im Januar und Februar, da haben die Einbrecher Hochkonjunktur. Nicht irgendwelche Langfinger, sondern "hochkarätige" Spezialisten, wie Inderst sagt.

Und so lebt und agiert der typische Dämmerungseinbrecher: Er kommt, das zeigt die Erfahrung, meist aus Osteuropa und legt seine Reiseroute vorab fest. Nichts wird dem Zufall überlassen. In München wohnt er bei Verwandten oder Bekannten. Von dort zieht er los, zunächst, um das Terrain zu sondieren: Wo wird es ihm leicht gemacht? Wo bleibt er ungesehen? Wo schaut der Bruch rentabel aus? Risikoanalyse der Einbrecher-Profis. Die Tat selbst begeht er am Tag darauf, meist allein, vielleicht mit einem, höchstens zwei Kumpanen, die Schmiere stehen.

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Alle Einbrüche werden derzeit zwischen 16 und 21 Uhr begangen, typischerweise in Parterrewohnungen oder im ersten Stock. Durch die Terrassentür kommt der Einbrecher in die Wohnung oder durch Fenster, er klettert auch mal über Mülltonnen. Wenn möglich, immer von der Gartenseite. Da kann es schon mal sein, dass vorn auf der Straße die Polizeistreife vorbeifährt, während sich der Täter hinten im Dunkeln zu schaffen macht. "Der gute Einbrecher weiß, wie er mit der Polizei umgeht", gibt Inderst unumwunden zu.

Doch im Idealfall hat die Polizei in München drei Millionen Augen und Ohren, die der Bürger nämlich. Und das wollen Inderst und seine Kollegen sich jetzt zu Nutze machen. Seit Dienstag verteilen Polizeibeamte Wurfzettel in Straßenzügen, in denen sie mögliche Einbrecher vermuten. Das könne sich tagesaktuell ändern, sagt Inderst. "Nach einer Woche können Sie die Zettel wegschmeißen." Die Flugblätter aus dem Briefkasten rufen die Münchner zu Wachsamkeit auf.

Verdächtige Personen oder Autos sollen ebenso schnell der Einsatzzentrale unter der Notrufnummer 110 gemeldet werden wie etwa merkwürdige Telefonanrufe, bei denen am anderen Ende der Leitung niemand ist. Die Beamten in der Zentrale wissen, in welchem Viertel gerade die Flugblätter verteilt wurden, und sollen besonders sensibel auf solche Notrufe reagieren.

Die Flugblätter werden von uniformierten Polizisten in recht kleinen Bereichen verteilt. Die Beamten klingeln nicht an Türen und bieten keine Aufklärungsgespräche an. Dieser Hinweis ist Inderst wichtig. Denn im Präsidium will man der Gefahr begegnen, dass die Einbrecherjagd von anderen Ganoven missbraucht wird, die sich damit fälschlicherweise als Polizisten ausgeben und in Wohnungen einschleichen könnten. Und noch etwas liegt Inderst am Herzen: "Dauerhaft gefährdete Viertel gibt es in München nicht. Wir sind eine sehr sichere Stadt."

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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