Kriminalität:Hochsaison der Dunkelmänner

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Beamte, die undercover Gassi gehen und ein Programm, das Einbrüche vorhersagen soll: Die Münchner Polizei will Einbrecher mit ungewöhnlichen Methoden stoppen.

Von Stephan Handel

Wenn die Tage kürzer werden, beginnt die Hochsaison der Dunkelmänner: Obwohl die Zahl der Wohnungseinbrüche für die ersten neun Monate des Jahres 2014 schon neun Prozent über der des gesamten vergangenen Jahres liegt, erwartet die Polizei mit Beginn der dunklen Jahreszeit eine weitere Steigerung. Ihre Rezepte dagegen: Repression, Prävention, Computertechnologie - und der Appell an die Bürger, aufmerksam und hilfsbereit zu sein.

Viele Fahndungsmethoden laufen beim Wohnungseinbruch ins Leere: Täter und Opfer kennen sich in den allermeisten Fällen nicht, es gibt auch während der Tat keinen Kontakt, und wenn ein Einbrecher gefasst wird, hat er selten Lust, sein Gewissen reinzuwaschen, anders als etwa Mörder, die sich ihre Tat oft von der Seele reden wollen. Deshalb setzt die Polizei auf vielfältige Formen der Repression. "Wenn der Einbrecher merkt", sagt Robert Kopp, Vize-Chef des Münchner Präsidiums, "dass die Polizei in München aufmerksamer ist als in anderen Städten, dann geht er vielleicht woanders hin."

So werde etwa die Hundestaffel verstärkt für Streifengänge eingesetzt. Kopp: "Wenn man also einen Mann sieht, der scheinbar seinen Hund Gassi führt, dann sollte man sich nicht darauf verlassen - vielleicht ist es ja auch ein Polizeibeamter in Zivil."

Computerprogramm sagt künftige Brennpunkte voraus

Ein neues Computerprogramm, das seit vergangener Woche probeweise im Einsatz ist, soll den Ermittlern helfen festzustellen, wo die Einbrecher momentan besonders gerne zuschlagen - und welche Prognosen daraus abzuleiten sind: "Precobs" (Pre Crime Observation System) wurde und wird mit Daten der vergangenen sieben Jahre sowie aktuellen Fällen gefüttert und soll Wahrscheinlichkeiten über künftige Brennpunkte ausspucken. Das Programm wird zunächst bis Ende März getestet, dann soll über seinen Nutzen entschieden werden.

Die Appelle der Polizei an die Bürger, ihre Wohnungen gegen Einbrüche zu sichern, scheinen Früchte zu tragen - jedenfalls folgert Vizepräsident Kopp das aus der gestiegenen Zahl der versuchten Taten, bei denen der Täter also entweder nicht in das Objekt seiner Begierde eindringen konnte, vorher gestört wurde oder so lange brauchte, dass er den Versuch abbrach.

Profis brauchen zwei Minuten

Für mindestens so wichtig wie diesen aktiven Selbstschutz hält die Polizei aber die Aufmerksamkeit der Bürger. Kopp erläutert dies anhand eines Falles aus dem vergangenen Jahr: Da hat eine Frau nachts in Pasing verdächtige Geräusche gehört und die Polizei verständigt. Ein Mann hatte unabhängig davon ein ihm merkwürdig erscheinendes Auto bemerkt und ebenfalls die 110 angerufen. Die Polizei konnte diese beiden Mitteilungen zusammenführen und auch an benachbarte Dienstbereiche weitergeben - so konnte nur drei Stunden nach der Tat der Täter in seinem Auto auf der Salzburger Autobahn festgenommen werden. Die Beute hatte er dabei.

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In den kommenden Tagen will die Polizei, passend zum "Tag des Einbruchschutzes" am 26. Oktober, an Infoständen in Einkaufszentren und auf öffentlichen Plätzen über Möglichkeiten aufklären, die Wohnung einbruchssicherer zu machen - durch technische Vorrichtungen, aber auch durch eigenes Verhalten. Den Dieben soll die Arbeit so schwer wie möglich gemacht werden - ein Profi, das weiß die Polizei, braucht vielleicht zwei Minuten, um ein ungesichertes Türschloss zu öffnen, und nach spätestens einer Viertelstunde ist er auch schon wieder weg. Jede Minute, die er länger braucht, erhöht die Chance, dass die Polizei rechtzeitig da ist und die Tat verhindert.

© SZ vom 25.10.2014/mest - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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