Konzertsaal:Seehofers "Zwillingslösung" auf dem Prüfstand

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Horst Seehofer (links) und Dieter Reiter bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zum Konzertsaal. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Am Freitag wird ein Gutachten veröffentlicht, das klären soll, ob die beiden großen Orchester Münchens gemeinsam die Philharmonie und den Herkulessaal bespielen könnten.
  • Die Experten werden sich vermutlich gegen die von Ministerpräsident Seehofer ins Spiel gebrachte "Zwillingslösung" aussprechen. Diese schließt einen neuen Konzertsaal für München aus. Stattdessen würde der Gasteig sarniert werden.
  • Obwohl sich Oberbürgermeister Dieter Reiter ursprünglich für Seehofers Plan begeistern konnte, geht er nun auf Distanz zur Sanierung des Gasteigs.

Von Christian Krügel, München

Die Gutachter der Münchner Unternehmensberatung Actori haben in diesen Tagen wirklich Stress. Bis Freitag müssen sie eine politisch hochbrisante Expertise vorlegen, die wegweisend für die Musikszene der Stadt sein könnte: eine klare Aussage zu der Frage, ob nicht doch Münchner Philharmoniker und BR-Symphonieorchester gemeinsam die Philharmonie und den Herkulessaal bespielen können - und sich der Freistaat somit den oft versprochenen neuen Konzertsaal in München sparen könnte.

Ministerpräsident Horst Seehofer hatte die Idee entwickelt, Oberbürgermeister Dieter Reiter dafür kurzfristig begeistert - und Anfang Februar einen Proteststurm der Kultur- und Musikszene ausgelöst. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Staat und Stadt, der beiden Orchester und der freien Musikveranstalter müht sich seitdem damit ab, Seehofers "Zwillingslösung" neutral zu bewerten - weswegen der Auftrag gleich mal an die Unternehmensberatung Actori weitergereicht wurde, die nun unter Hochdruck arbeitet. Denn am Freitag will die Arbeitsgruppe auf Basis der Expertise ihren Abschlussbericht verfassen, und schon bis zum Dienstag kommender Woche soll Reiter und Seehofer eine klare Aussage zur "Zwillingslösung" präsentiert werden.

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Sämtliche Beteiligte haben sich höchste Verschwiegenheit und diplomatische Zurückhaltung auferlegt. Und doch ist die Tendenz dem Vernehmen nach, dass die Experten von der "Zwillingslösung" wohl eher abraten werden: Rechnerisch könnte die zwar gehen, aber weder die Orchester noch die Musikszene insgesamt gewönnen dadurch. OB Reiter geht denn auch schon mal auf vorsichtige Distanz zu der Idee: "Ich bin nicht bereit, für eine Lösung, die für die Orchester keinen erkennbaren Vorteil bringt, eine dreistellige Millionensumme zu bezahlen", sagt er im Gespräch mit der SZ.

Reiter kündigt Entscheidung vor der Sommerpause an

Sein Hauptaugenmerk liege auf der Sanierung des gesamten Gasteigs. Und sollten die Experten eben nichts davon halten, dort auch Räumlichkeiten für das BR-Symphonieorchester unterzubringen und dem Ensemble mehr Auftritte zu ermöglichen, dann werde die Stadt rasch und zügig anders planen: "Wir werden noch vor der Sommerpause im Stadtrat einen Grundsatzbeschluss über die Sanierung des Gasteigs fassen", kündigt Reiter an.

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Immer klarer wird auch, wie diese Sanierung aussehen könnte. "Wir stellen uns auf Kosten von bis zu 450 Millionen Euro ein. Dabei muss es auch eine akustische Sanierung der Philharmonie geben, die nicht billig zu haben sein wird", sagt der OB. Denn die Philharmoniker, das städtische Orchester, dürften am Ende nicht unter der Konzertsaal-Debatte leiden. "Wir müssen dafür sorgen, dass auch unser Orchester künftig eine sehr gute Spielstätte hat." Deshalb werde er auf einer detaillierten Planung für eine Ersatzspielstätte für die Zeit des Umbaus bestehen. "Das muss in die Gesamtkalkulation einfließen", so Reiter, "zwei Jahre Bauzeit werden nicht reichen."

Bei einem Nein zur "Zwillingslösung" zöge die Stadt also ihr Ding am Gasteig durch. Ob aber der Freistaat dann einen neuen Konzertsaal bauen würde, bleibt ungewiss. Sicher ist nur: Die Debatte über die Finanzierung und mögliche Standorte ginge weiter.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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