Konzerthaus:Drei neue Säle für München

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Zukunftsmusik: Bei einer Kunstaktion spielte das BR-Symphonieorchester virtuell schon dort, wo das neue Konzerthaus eines Tages stehen soll. (Foto: Stephan Rumpf)

Ministerpräsident Seehofer will das Konzerthaus bis zum Ende seiner Amtszeit 2018 im Bau sehen. Tatsächlich kommt es voran. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Christian Krügel

Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte sich die Tage im Frühjahr 2017 schon mal rot im Kalender markieren. Denn wenn wahr wird, was Kunstminister Ludwig Spaenle (CSU) ankündigt, dürfte die Kanzlerin in dieser Zeit ein bisschen Ruhe vor Querschüssen durch Horst Seehofer haben. Der Ministerpräsident habe sich ausbedungen, selbst an den Jury-Sitzungen des Architektenwettbewerbs für das neue Konzerthaus teilzunehmen.

Das dürfte schon ein paar Tage in Anspruch nehmen, und Ludwig Spaenle weiß selbst noch nicht, wie sich das mit dem Terminkalender eines Ministerpräsidenten in Einklang bringen lässt. Aber es zeigt: Seehofer ist das Projekt und dessen Baubeginn noch vor Ende seiner Amtszeit 2018 extrem wichtig. Sein Kabinett hatte im Dezember 2015 beschlossen, im Werksviertel am Münchner Ostbahnhof eine neue Philharmonie zu errichten - nachdem jahrelang über das Projekt gestritten und Seehofer zwischenzeitlich deshalb schwer dafür gescholten worden war. Jetzt soll aber alles umso schneller gehen. Der Druck aus der Staatskanzlei ist also hoch, entsprechend intensiv wurde zuletzt gearbeitet - zum Teil mit überraschenden Ergebnissen. Sieben Fragen und Antworten zum Stand des Projekts.

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Wer zieht die Fäden?

Der eigentliche Manager des Projekts kommt aus der Staatskanzlei: Thomas Osterkamp. Der gebürtige Westfale und promovierte Jurist, Jahrgang 1973, war dort seit 2008 Leiter des Referats für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Jetzt führt er in Spaenles Kunstministerium das eigens geschaffene Referat XI.5.

"Das Thema ist so komplex, das wäre im normalen Betrieb nicht zu erledigen gewesen", sagt Spaenle. Andere sagen, Seehofer habe lieber einem seiner besten Männer als Spaenles Leuten das Projekt anvertraut. Osterkamp muss viel koordinieren: eine Lenkungsgruppe der Ministerien, einen Fachbeirat mit Vertretern des BR, der Musikhochschule, privater Veranstalter und vielen mehr sowie einen künstlerischen Beirat. Dem gehören BR-Chefdirigent Mariss Jansons, die Violinistin Anne-Sophie Mutter, der Percussionist Martin Grubinger und der Bariton Christian Gerhaher an.

Aus allen Runden tönt Lob für Osterkamp: Er führe das Projekt so effizient, dass selbst Skeptiker Seehofers ehrgeizigen Zeitplan inzwischen für realistisch halten. Zumal ein zweiter starker Mann als Berater im Hintergrund arbeitet: Josef Poxleitner, der frühere Chef der Obersten Baubehörde, soll sich immer dann einschalten, wenn es im Zusammenspiel der Behörden hakt.

Was soll in dem Haus unterkommen?

Manche Kritiker des Standorts im Werksviertel dürften sich bestätigt sehen: Auf dem rund 8400 Quadratmeter großen Areal ist zwar ordentlich Platz für ein Konzerthaus, aber bei weitem nicht für jeden Wunsch. Deshalb wurde die Münchner Beratungsgesellschaft Actori mit einem Gutachten beauftragt.

Ergebnis: Die Musikhochschule bekommt einen größeren Saal statt vieler kleinerer Übungsräume. Für einen kleinen Kammermusiksaal gebe es in München gar keinen Bedarf, wohl aber für einen mit bis zu 700 Plätzen. Ein großes Speiserestaurant wird es nicht geben, dafür ausreichend Platz für Bildungsangebote. Offen ist wohl noch, ob das BR-Symphonieorchester auch seine Verwaltung im Haus unterbringen kann.

Was wird aus der Musikhochschule?

Sie soll nun doch im runderneuerten Gasteig mit 3400 Quadratmetern an Übungsräumen vertreten sein. Den entsprechenden Bedarf habe man offiziell angemeldet, sagt ihr Präsident Bernd Redmann. Ziel sei eine langfristige Vereinbarung von Stadt und Staat zur Kooperation im Gasteig über das Jahr 2030 hinaus.

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Das Hauptgebäude an der Arcisstraße soll von 2019 an grundsaniert werden, als Ausweichquartier steht das Gebäude an der Frankenthaler Straße zur Verfügung, das derzeit vom Gärtnerplatztheater genutzt wird. Fix sei die Zusage für einen Verwaltungsbau, der von 2019 an hinter dem Gebäude an der Arcisstraße errichtet werden soll.

Der frühere Führerbau soll daher nach der Sanierung nur noch zum Musizieren genutzt werden. "Es bleibt wohl eine Utopie, alle Standorte auf einem Campus zu vereinen", sagt Redmann. Aber mit den Zusagen für Gasteig und Konzerthaus habe man exzellente Möglichkeiten, sich zu präsentieren.

Bauherr und Betreiber wird der Freistaat sein, so viel steht schon fest. Aus dem künstlerischen Beirat war gefordert worden, dass es einen eigenen Staatsintendanten für das Haus gibt, der Programm und Profil des Hauses verantwortet.

Das lehnt Spaenle ab: Da die Orchester des BR ein Erstbelegungsrecht haben und damit einen Teil des Programms vorgeben werden, mache ein Konzerthausintendant keinen Sinn. Vorstellbar sei eine Mischung aus Intendanz und wirtschaftlicher Betriebsleitung, Details seien aber noch offen.

Was kostet das Projekt?

Das lasse sich, so Spaenle, erst nach dem Architektenwettbewerb abschätzen. Nach SZ-Informationen wird das Projekt im Doppelhaushalt 2017/18 erstmals mit einer signifikanten Summe auftauchen. Für beide Jahre ist jeweils ein einstelliger Millionenbetrag für Notar-, Wettbewerbs- und Erschließungskosten vorgesehen.

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Spaenle erwartet aber auch Unterstützung: Neben dem BR müsse auch "Münchens Zivilgesellschaft" einen "nennenswerten Beitrag" aufbringen, also ordentlich Spenden sammeln. Im Verein der Konzertsaalfreunde gibt es daher Pläne, schon bald eine Stiftung für das Projekt einzurichten.

Wie soll das Haus aussehen?

Für den Architekten-Wettbewerb gelte: Möglichst wenig Vorgaben, möglichst viel Kreativität. Deshalb werde es auch keine Auflagen an Material und Fassadengestaltung geben. Oberste Prioritiät hat freilich gar nicht so sehr die Gestaltung, sondern die Akustik der Säle. Es solle eine Weltklasse-Philharmonie werden, hatte Horst Seehofer immer gefordert. Entsprechend wird das Augenmerk beim Architektenwettbewerb auf der Frage liegen, ob in der geplanten Raumhülle auch Spitzenklang entstehen kann. Deshalb wurde vor einigen Wochen auch schon Yasuhisa Toyota konsultiert. Der Japaner gilt als der beste Akustiker weltweit, zeichnet unter anderem für den Klang der neuen Hamburger Elbphilharmonie verantwortlich und ist zudem ein enger Bekannter von Mariss Jansons. Kunstminister Spaenle bestätigt, dass sich Toyota schon mit der Münchner Situation bereits befasst hat. Es gebe aber keinen Beratervertrag.

Kann das Projekt noch scheitern?

Der Landtag muss den Bau des Konzerthauses und vor allem die Kosten genehmigen, weshalb es bei den nächsten Etatberatungen schon zum Schwur kommen könnte. Insbesondere in der CSU-Landtagsfraktion gibt es immer noch Vorbehalte, weil einige den Bau für ein Münchner Prestigeobjekt halten.

Auch die Konditionen passen einigen nicht: Mit Grundstückbesitzer Werner Eckart soll ein langfristiger Erbpachtvertrag geschlossen werden, der dem Freistaat ein Erstkaufrecht einräumt. Der Pachtzins liegt nach SZ-Informationen bei 4,9 Prozent des Bodenwertes. Abgeschlossen ist der Vertrag noch nicht - es hänge aber nur an Formalien, sagen beide Seiten.

Ob der Zeitplan gehalten werden kann, hängt vom geplanten Hotelhochhaus nebenan ab. Das muss zumindest im Rohbau fertig sein, damit mit dem Konzerthaus begonnen werden kann. Für das Hochhaus wird es aber erst Anfang 2017 eine Baugenehmigung geben. Dann drängt die Zeit - auch wegen Horst Seehofer.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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