Konzept für Unterkünfte:Flüchtlinge sollen in Container-Dörfer ziehen

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Bis zu 500 Flüchtlinge sollen in einem Container-Dorf leben. (Foto: Sonja Marzoner)
  • München muss bis Ende des Jahres zusätzlich 4500 Plätze für Flüchtlinge schaffen. Dabei will man alles nehmen, "was der Markt bieten kann".
  • Der Stadtrat stimmt deshalb für Container-Dörfer für bis zu 500 Menschen.
  • Wo genau die neuen Container aufgestellt werden, will das Sozialreferat in den kommenden Wochen entscheiden.

Von Andreas Glas

Alexander Reissl hörte sich die Debatte eine Weile an und sah ziemlich ungerührt aus. Doch dann trat der SPD-Fraktionschef ans Rednerpult und rüffelte die Sozialreferentin, die direkt hinter ihm saß. Dass Brigitte Meier (SPD) ein Papier vorlegte, in dem sie zusätzliche "Notunterkünfte" für Flüchtlinge fordert, das passte Reissl gar nicht. "Das Wort Not", sagte er, "halte ich für unglücklich, für prekär." Am Ende sollte sich Reissl mit dieser Haltung durchsetzen, am Ende musste Meier den Begriff "Notunterkünfte" widerwillig streichen und durch das Wort "Übergangseinrichtungen" ersetzen. Am Inhalt des Papiers änderte das freilich nichts: Die Stadt wird bis Ende des Jahres zusätzlich 4500 Plätze für Flüchtlinge schaffen.

Alle Stadträte - mit Ausnahme des rechtsextremen Karl Richter (BiA) - haben diesem Vorschlag am Mittwochvormittag zugestimmt. Wirklich glücklich war dabei allerdings niemand. "Es fällt uns schwer, den Container-Weg mitzugehen", sagte zum Beispiel Grünen-Fraktionschefin Gülseren Demirel - und sprach damit das Dilemma an, das in Brigitte Meiers erweitertem Unterbringungskonzept für Flüchtlinge steckt.

Das Problem liegt nicht darin, dass die Stadt bis Dezember weitere 6000 Flüchtlinge aufnehmen muss und damit deutlich mehr als erwartet. Sondern darin, dass sie auf die Schnelle nicht genug angemessene Unterkünfte für all diese Menschen schaffen kann. Die Stadt muss nun etwas tun, was sie eigentlich nicht tun wollte: Die Asylsuchenden in Wohncontainern unterbringen.

Streit um den Begriff "Notunterkünfte"

Mit dem Begriff "Notunterkünfte" wollte Referentin Meier eigentlich nur klar machen, dass es sich bei den Containern nicht um eine dauerhafte, sondern um eine vorübergehende Lösung handelt, die einzig und allein den unerwartet hohen Flüchtlingszahlen geschuldet ist. SPD-Fraktionschef Reissl wiederum schien Meier zu unterstellen, sie wolle das Notfall-Etikett als Vorwand nutzen, um die ohnehin schon ärmlichen Bedingungen in Flüchtlingsunterkünften weiter zu senken.

Wo in München Unterkünfte für Flüchtlinge geplant sind. (Foto: ipad)

Ein Verdacht, den Meier nicht auf sich sitzen lassen wollte und betonte, sie habe den Begriff "Notunterkünfte" auch deshalb "ganz bewusst" gewählt, um schnell handeln zu können und langwierige baurechtliche Fristen zu umgehen, die beim Bau fester Gebäude eingehalten werden müssten.

Warum bisherige Standards nicht mehr garantiert sind

Dass die Standards in den neuen Containern eingehalten werden, konnte Meier trotzdem nicht versprechen. Der Grund ist einfach: Der Markt für Wohncontainer ist wegen der hohen Flüchtlingszahlen praktisch leergefegt. Letztlich müsse man nehmen, "was der Markt bieten kann und was wir fertig haben können", sagte Meier, versprach aber, die Standards so gut wie möglich einzuhalten.

Wo genau die neuen Container aufgestellt werden, will das Sozialreferat in den kommenden Wochen entscheiden und den Stadtrat Ende April darüber informieren. Fest steht bislang nur, dass für die neuen Übergangsunterkünfte nicht mehr die Kapazitätsgrenze von 200 Personen gilt, sondern künftig bis zu 500 Menschen in einem Container-Dorf leben werden.

Außerdem versprach die Sozialreferentin, mit der Regierung von Oberbayern darüber zu reden, wie schon bald eine Unterkunft ausschließlich für Frauen und Kinder geschaffen werden könne.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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