Kontra:Teuer und aktionistisch

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München braucht keine neuen Poller, weil sie nur ein Beruhigungsmittel sind

Von Dominik Hutter

Gegen Anschläge mit Fahrzeugen sei keine absolute Absicherung möglich. Man könne nicht jede Straße und jedes Café im Außenbereich nach dem Vorbild der Wiesn mit Pollern sichern. Und: Das Risiko, bei einem Verkehrsunfall zu sterben, sei weitaus höher. Sagt Joachim Herrmann, der CSU-Innenminister von Bayern. Ähnlich skeptische Aussagen über Poller gibt es vom CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach. Die beiden kennen die Falle, in die die Politik regelmäßig nach Terroranschlägen zu tappen droht: dass irgendetwas passieren muss, damit die Bürger den Eindruck haben, dass sich jemand um ihre Sicherheit Gedanken macht. Egal, ob es wirklich etwas bringt. So etwas nennt man Aktionismus.

Natürlich dürfen Politik und Sicherheitskräfte nicht untätig sein. Aber wenn sie etwas unternehmen, muss es gründlich durchdacht sein. Es sollte verhältnismäßig und effektiv, aber nicht effekthascherisch sein. Einfach mal so nach Pollern für die Fußgängerzone zu rufen, weil es ja schließlich niemandem schadet, riecht stark nach Wahlkampfgetöse. Anschläge können nicht nur mit Lieferautos, sondern auch mit Schusswaffen, Messern, Flugzeugen oder Sprengstoff verübt werden. Die Fußgängerzone ist ebenso gefährdet wie die Leopoldstraße, der Weihnachtsmarkt am Rotkreuzplatz oder die Menschentraube vor den Zugangskontrollen zur Wiesn. Und die U-Bahn.

Sichert man alle diese Risiken ab (falls das überhaupt geht), bleibt vom freien Leben in einer offenen und lebenswerten Stadt nicht mehr viel übrig. Diesen Triumph sollte man den von archaischen Ideologien getriebenen Terroristen nicht gönnen. Poller in der Fußgängerzone sind in erster Linie ein Beruhigungselixier. Leider ein ziemlich teures.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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