Kommunalpolitik:Meiers Rückzug stürzt OB Reiter in die Krise

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OB Dieter Reiter und Brigitte Meier im Münchner Rathaus. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Abtritt von Brigitte Meier offenbart die eklatanten Probleme der Münchner Rathaus-Koalition und des Oberbürgermeisters. Was immer Dieter Reiter wollte, er steht nun beschädigt da.

Kommentar von Kassian Stroh

Sicher, es hätte schlimmer kommen können. Brigitte Meier hätte in der (geheimen) Wahl der Sozialreferentin durchfallen können. Oder der Stadtrat hätte sie doch mit Ach und Krach gewählt, und dann wäre in ihrem an Tretminen reichen Arbeitsfeld eine weitere explodiert und hätte das Rathaus-Bündnis vor die nächste Zerreißprobe gestellt. In beiden Fällen wäre der Schaden für die schwarz-roten Koalitionäre im Rathaus noch größer gewesen. Das ist für sie aber kein Grund zur Beruhigung - der Schaden ist auch so immens.

Meiers Rückzug offenbart viel über das Wesen dieser Koalition, über das Misstrauen in ihr und die klammheimliche Freude beider Seiten am Schaden der jeweils anderen. Mehr noch legt er offen über die innere Verfasstheit der SPD und ihres Oberbürgermeisters. Vor zehn Monaten bereits hatten sie sich ja dafür entschieden, Meier wiederzuwählen - wohl wissend, wie umstritten sie war und ist, wie viele Probleme es in ihrem Referat gab und gibt.

Reiter hat die Meier-Krise laufen lassen, statt sie zu lösen

Aber Meier ist zutiefst verwurzelt in der SPD; so jemanden fallen zu lassen, hätte in der Partei, zumal bei den Genossinnen, einen Flächenbrand ausgelöst. Weil sich in der SPD zudem keine quasi natürliche Alternative anbot, wurde Meier wieder nominiert. Deswegen fällt ihr Rückzug nun auch der SPD auf die Füße.

Die entscheidende Person im Spiel ist Dieter Reiter. Was immer der OB insgeheim wollte, er steht nun beschädigt da. Hätte er Meier im Amt halten wollen, hätte er sich zu ihr bekennen müssen - doch er hat kein entsprechendes Wort fallen lassen, trotz vieler Gelegenheiten. Also spricht viel dafür, dass er Meier fallen lassen wollte; dann aber traute er sich nicht oder war zu machtlos gegenüber seiner eigenen Partei, um dies rechtzeitig zu tun. Oder es war ihm egal, und er schaute einfach zu, wie sich die Sache entwickelte - das wäre für einen OB die größte anzunehmende Unzulänglichkeit.

Es geht ja nicht um irgendeine Abteilungsleitung, sondern um den Chefsessel im zweitgrößten und krisenanfälligsten Referat der Stadt. Die erste zentrale Personalrunde seiner noch kurzen Amtszeit ist Reiter entglitten. Er hat die Meier-Krise laufen lassen, statt sie zu steuern und zu lösen. Und sie so zur Krise seiner selbst und seiner Partei gemacht.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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