Kommentar:Ein Fest darf auch schrumpfen

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Man könnte viel darüber spekulieren, ob es am Regenwetter lag oder an der Angst vor Terror, dass am ersten Wochenende erheblich weniger Besucher auf die Wiesn gekommen sind. Den Behörden jedenfalls kann man überhaupt nichts vorwerfen. Im Gegenteil

Von Franz Kotteder

Man könnte viel darüber spekulieren, ob es am Regenwetter lag oder an der Angst vor Terror, dass am ersten Wochenende erheblich weniger Besucher auf die Wiesn gekommen sind als in anderen, normaleren Jahren. Letztlich ist es aber auch müßig, denn eines dürfte ja schon feststehen: Die Besucherzahlen werden noch geringer sein als im vergangenen Jahr, auch wenn man deshalb noch nicht von einer "leeren Wiesn" sprechen kann. Manchem Wiesngänger mögen Kontrollen und der viel diskutierte Zaun den Besuch verleiden. Auch wenn er zuvor noch nie über die Anhöhe zwischen Haupteingang und Bavaria gegangen ist und das bisschen Abtasten, das man im Höchstfall bei Kontrollen zu erwarten hat, bei jedem größeren Popkonzert oder am Flughafen die Regel ist. Ist halt lästig.

Dabei kann man den Behörden überhaupt nichts vorwerfen, im Gegenteil. Sie gehen überwiegend mit großem Fingerspitzengefühl vor und bemühen sich, die Volksfeststimmung so wenig wie möglich zu trüben. Manches funktioniert nicht reibungslos, bei der Gepäckaufbewahrung etwa und auch beim Ordnungspersonal. Da muss man wohl noch nachbessern. Aber es kann eben nicht vom ersten Tag an alles perfekt laufen.

Das Sicherheitskonzept hat sich also am ersten Wochenende bewährt, auch der Zaun ist jetzt sinnvoll, allein wegen der Taschenkontrollen. Trotzdem bleibt aber ein schales Gefühl: Absolute Sicherheit ist ja nie zu erreichen, und wie will man jetzt, falls das Bedürfnis aufkommt, noch mehr tun gegen die Gefahr eines Anschlags? Überdies lehrt der Besucherrückgang etwas Paradoxes: Je mehr Maßnahmen man ergreift und je mehr man darüber redet, desto unsicherer fühlen sich die Menschen offenbar und bleiben weg. Vermeiden lässt sich das wohl leider nicht. Man wird sich also darauf einrichten müssen, dass die Besucherzahlen der Wiesn nicht mehr in den Himmel steigen. Wenigstens kriegt man dann vielleicht mal einen Platz in den Zelten, ohne zu reservieren.

© SZ vom 19.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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