In  Wien als Mörder verurteilt:Zwei Kugeln, ein Verdacht

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Ilija I. soll einen Marktleiter angeschossen haben - vor 23 Jahren

Von Susi Wimmer

Der Mann ist wegen Mordes in Wien zu lebenslanger Haft verurteilt, in Deutschland wegen schweren Raubes mit Geiselnahme zu zehneinhalb Jahren und in Ungarn steht auch noch eine Verhandlung wegen Raubmordes aus. Also lebenslang, plus lebenslang, plus zehn Jahre. An diesem Donnerstag sitzt Ilija I., 50, wegen versuchten Mordes mit Raub in München vor Gericht. Der Kroate, der seit Mai 1996 ununterbrochen in Haft sitzt, soll im April 1993 einen Edeka-Markt überfallen und den Besitzer mit zwei Schüssen verletzt haben. "Mein Mandant hat anderweitig Schuld auf sich geladen", sagt Rechtsanwältin Christina Keil, "aber er hat mit dieser Tat nichts zu tun".

Es ist der Fleißarbeit der Polizei zu verdanken, dass der Fall 23 Jahre später vor Gericht kommt. Bei der regelmäßigen Überprüfung der ungeklärten Verbrechen stieß ein Ermittler auf einen Geldsack, den der Schießende damals angefasst hatte. Er gab ihn ins Labor, und es konnte eine DNA-Spur gesichert werden, die zum Muster von Ilija I. passte. Der wurde nun von Wien, wo er wegen Mordes einsitzt, zur Verhandlung nach München verlegt.

Ilija I. hat die Haare auf dem Schädel abrasiert, er wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt, er hatte vor ein paar Tage versucht zu flüchten. Der gelernte Heizungsmonteur erzählt, dass mit dem Krieg die Probleme angefangen hätten. Da wollte er mit seinem Kumpel "auf leichte Weise" Geld verdienen. Dabei steigerten sie die Brutalität, nahmen Geiseln, schossen auf Menschen, mordeten.

Am 6. April 1993 drangen sie nach Ladenschluss in einen Edeka-Markt an der Implerstraße ein. Während der eine die Verkäuferin mit einer Waffe in Schach hielt, soll Ilija I. laut Anklage im Büro dem Filialleiter, der das Ganze für einen Scherz hielt, sofort in den Bauch geschossen haben. Der Verletzte versicherte, dass kein Geld da sei, woraufhin Ilija I. ihn getreten und ihm einen weiteren Schuss in den Oberschenkel versetzt haben soll. Dann sollen die Täter mit Wechselgeld in Höhe von 1400 Mark entkommen sein. Der Marktleiter gab nach dem Überfall sein Geschäft auf, er leidet bis heute an den Auswirkungen der Schussverletzungen.

Die Zeugenbefragung gestaltete sich am ersten Prozesstag schwierig. Die Verkäuferin ist mittlerweile verstorben, und eine heute 76-jährige Nachbarin, die die Männer gesehen und die Polizei verständigt hatte, konnte sich nach 23 Jahren kaum noch erinnern.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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