Historischer Bildband:Die alte Maxvorstadt

Sie war das Viertel der Könige - und das der Nationalsozialisten: Ein neuer Bildband zeigt die Geschichte der Maxvorstadt in Schwarz-Weiß-Fotos. Zu sehen sind etwa ein menschenleerer Odeonsplatz, eine Pferdetram und ein Viertel im Rechteck-Raster.

Von Andrea Lindner

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(Foto: Münchner Stadtmuseum)

Sie war das Viertel der Könige - und das der Nationalsozialisten: Ein neuer Bildband zeigt die Geschichte der Maxvorstadt in Schwarz-Weiß-Fotos. Zu sehen sind etwa ein menschenleerer Odeonsplatz, eine Pferdetram und ein Viertel im Rechteck-Raster. Es ist immer wieder ein großes Vergnügen, alte Bilder aus München anzuschauen. Auf manchen erkennt man heutige Straßenzüge wieder, auf anderen nicht - so wie hier: Im Juni 1886 verfolgten Tausende den Leichenzug von König Ludwig II., etwa in der Elisenstraße (Bildmitte). Im Hintergrund sind der Alte Botanische Garten und der Glaspalast (re.) zu sehen, links das sogenannte Clemensschlössl, an dessen Stelle steht heute der Justizpalast.

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(Foto: Münchner Stadtmuseum)

Schon 1935 galt das Café Luitpold an der Brienner Straße als beliebter Treffpunkt: entspannte Plauderstimmung und Sonnenstrahlen auf der Nasenspitze. Für Normalsterbliche war es schon damals fast unbezahlbar in dem Viertel - hier lebte der Adel und das gehobene Bürgertum. "Maxvorstadt" ist das fünfte Buch aus der Stadtteilreihe des Münchner Stadtarchivs. Historiker und Mitarbeiter sammelten über Jahre unzählige Fotos, Bilder und Postkarten von München. "Viele Fotos wurden auch aus privaten Beständen von Sammlern erworben", sagt Richard Bauer, der ehemalige Leiter des Stadtarchivs. "Einige Bilder aus dem 19. Jahrhundert kosten heute mehrere Hundert Euro."

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(Foto: Stadtarchiv München)

So menschenleer ist der Odeonsplatz heute kaum noch zu sehen. Diese Aufnahme von 1855 zeigt außerdem die Standbilder der Komponisten Orlando di Lasso und Christoph Willibald (re. im Bild). 1960 wurden sie auf den Promenadenplatz vor dem Bayerischen Hof versetzt. Bauer hat für das Buch vor allem nach Fotos von Orten gesucht, die jetzt, 2013, ganz anders ausehen.

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(Foto: Stadtarchiv München)

Blick vom Odeonsplatz auf die weitläufige, pompöse Ludwigstraße: Das Bild aus dem Jahr 1870 zeigt rechts den Eingang zum Hofgarten - und das Café Dengler, das heute Tambosi heißt. "Unser Ziel ist es, der Öffentlichkeit zu zeigen, wie die Maxvorstadt wirklich war. Außerdem wollen wir den Lesern die historische Vielfalt der Landeshauptstadt in Erinnerung rufen", sagt Bauer. "Städte sind nie fest, sie entwickeln sich immer weiter. Ich möchte mit dem Buch auch zeigen, was sich verändert hat - und was nicht."

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(Foto: Stadtarchiv München)

Auf der Ludwigstraße war 1895 noch nicht so viel Verkehr wie heute. Das ließ den überdimensionalen Charakter der Prachtstraße auffälliger in Erscheinung treten. "Die Maxvorstadt galt seit ihrer Planung als königliche Vorstadt", sagt Bauer. So beruft sich München heute noch auf dieses besondere Viertel, wenn es um das Thema Kunst oder Architektur geht. "In der Ludwigstraße wurde nach dem Krieg viel rekonstruiert, um das historische Erscheinungsbild zu erhalten", sagt Bauer. "Das war den Münchnern sehr wichtig."

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(Foto: Stadtarchiv München)

Der Obelisk auf dem Karolinenplatz wurde 1833 aufgestellt, um an die 30.000 Soldaten zu erinnern, die im napoleonischen Russland-Feldzug gefallen sind. Der Karolinenplatz (hier eine Aufnahme von 1870) galt schon immer als Herzstück der königlichen Vorstadt.

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(Foto: Stadtarchiv München)

Die Nationalsozialisten bauten den klassizistischen Königsplatz bis 1935 um. Dadurch wurde er zu einem Aufmarschplatz und zu einer Kultstätte. Allerdings wurde er damit auch zu einem "Plattensee", wenn es regnete. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten sich die Münchner schnell für eine erneute Begrünung ein. So gelang es, den Königsplatz von den baulichen Relikten dieser Zeit zu trennen. Am Königsplatz wird ein Gegensatz erkennbar, der auch Thema des Buches ist: Auf der einen Seite hat das Viertel eine sehr glanzvolle, prächtige Geschichte, befeuert von Königen wie Ludwig I.; auf der anderen Seite war die Maxvorstadt das Zentrum der nationalsozialistischen Herrschaft. Die Reichsleitung der NSDAP belegte in der Maxvorstadt etwa fünfzig Gebäude. "Die Nationalsozialisten versuchten schon früh, das Viertel in ihre Hand zu bekommen", sagt Bauer.

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(Foto: Stadtarchiv München)

Das Münchner "Quartier Latin": Dieses Bild von 1909 zeigt den Blick vom eben fertiggestellten Universitätsbau auf die Amalienstraße. Im Bereich um die Universität leben und arbeiten bis heute viele Studenten und Akademieschüler. Die Gegend wurde Zentrum eines einzigartigen intellektuellen Aufbruchs in die Moderne: Es entstanden viele Bibliotheken, Museen und Geschäfte, wie der "Akademische Buchladen".

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(Foto: Stadtarchiv München)

Luftaufnahme der nordwestlichen Maxvorstadt von 1920: Um den Alten Nördlichen Friedhof lässt sich sehr gut das starre Rechteck-Raster des Viertels erkennen. "Als die Maxvorstadt 1808 gegründet wurde, wurde sie sehr systematisch geplant, da schnell viel Platz benötigt wurde", sagt Bauer. In anderen Vierteln wurden die Straßen bereits zuvor kurviger angelegt. Zu verdanken hat München das Theodor Fischer, der seit Ende des 19. Jahrhunderts eine phantasievollere Stadtplanung durchsetzte.

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(Foto: Münchner Stadtmuseum)

Diese Aufnahme von 1937 zeigt die Elisenstraße, sie wurde von acht auf 17 Meter verbreitert, um die Altstadt zu erschließen. "Dem Park wurde dadurch ein Drittel seiner Breite genommen", sagt Historiker Bauer. Heute fällt das deswegen auf, weil das ehemalige Eingangstor des Gartens nun an der Sophienstraße/Ecke Elisenstraße steht. Früher lag es genau in der Mitte der Längsseite, an der Sophienstraße.

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(Foto: Stadtarchiv München)

Die Reise durch die Maxvorstadt endet am Stiglmaierplatz. Bereits 1883 eröffnete der Löwenbräukeller, der noch heute ein beliebtes Ziel vieler Touristen ist. Pferdetrambahn (der kurze Zug, li.) und Dampftrambahn (re.) brachten die Menschen nach Nymphenburg und in den "Volksgarten" - ein großes Vergnügungsareal. Heute befindet sich dort der Romanplatz. Richard Bauer: "Maxvorstadt - Zeitreise ins alte München", Volk Verlag, 192 Seiten, 24,90 Euro.

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