Hilfsarbeit:Die positiven Beispiele zeigen

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Im Wahljahr 2017 wirbt die Caritas mit zwei Kampagnen für eine offene Gesellschaft

Von Jakob Wetzel

Da ist etwa Oumar Diatta. Der 28-jährige Senegalese flüchtete vor Jahren mit einem Schlauchboot über das Mittelmeer nach Sizilien. Im März 2015 stellte er einen Asylantrag, seither lebt er in Rosenheim. Und seit Beginn dieses Jahres hat er eine neue Perspektive: Er macht eine Ausbildung zum Altenpfleger, der Leiter eines Caritas-Altenheims in Kolbermoor hat für die Genehmigung gekämpft. Und Diatta lächelt nun mit seinem Förderer von einem Plakat der Caritas: Er ist eines von neun Beispielen, mit denen der katholische Sozialverband zeigen will, wie Integration gelingen kann.

"Zusammen sind wir Heimat" heißt die Kampagne, mit der die Caritas bundesweit für die Integration und die gesellschaftliche Teilhabe von Armen, Behinderten und insbesondere von Flüchtlingen werben will. Der Sozialverband meldet sich gezielt im Jahr der Bundestagswahl zu Wort. Und am Dienstag hat der Caritas-Verband in der Erzdiözese München und Freising seinen Beitrag dazu vorgestellt: eine Ausstellung, die online und an verschiedenen Orten in Oberbayern zu sehen sein soll, und die Geschichten erzählt wie die von Oumar Diatta - oder auch etwa die von Sali, einer jungen Christin aus dem Irak, die 2009 mit ihrer Familie nach Deutschland geflohen ist. In München wird Sali nun von der Schulsozialarbeit gefördert. Die Bilder der Ausstellung zeigen das Miteinander der Flüchtlinge und ihrer Helfer.

"Das ist nicht irgendetwas, das man auf Hochglanz gedruckt hat, sondern das passiert tagtäglich", sagt Georg Falterbaum, Vorstandsmitglied des Caritas-Verbandes im Erzbistum und dessen designierter neuer Direktor. In der Arbeit der Caritas gehe es längst nicht mehr darum, Notunterkünfte, Zelte oder Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, sondern um tiefer liegende Probleme: Wie können die Geflüchteten leben? Wie gibt man ihnen eine Perspektive?

Die Caritas leiste hier viel, sagt Falterbaum, und deshalb könne sie auch politische Forderungen stellen. Etwa diejenige, allen Asylsuchenden den Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, damit sie etwas zu ihrem Lebensunterhalt beitragen und lernen können, sich zurechtzufinden. Oder diejenige, auch jungen Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus eine Ausbildung zu ermöglichen. Auf diese Weise hätten sie doch eine Perspektive gewonnen, auch wenn sie am Ende nicht bleiben könnten.

"Wir sind keine Partei, aber wir ergreifen Partei", sagt Hans Lindenberger, der Direktor des Caritas-Verbandes. "Wir positionieren uns, weil Caritas immer auch politisch ist." Eine weitere bundesweite Kampagne der Caritas nimmt deshalb ganz direkt Bezug auf die Bundestagswahl: Unter dem Motto "Wählt Menschlichkeit!", das die Caritas etwa auf Bonbon-Tüten und auf Bierdeckel gedruckt hat, will der Sozialverband für demokratische Werte werben. Bereits am Freitag der vergangenen Woche hat sich der Diözesanverband ein entsprechendes Positionspapier gegeben: Unter der Überschrift "Caritas engagiert sich für einen vielfältige und solidarische Gesellschaft" ruft der Verband hier zu Zivilcourage auf und fordert Politiker auf, keine Ängste zu schüren, sondern Vertrauen zu fördern und benachteiligte Gruppen nicht in eine Konkurrenz um Arbeit und Wohnraum zu treiben.

"Wir wenden uns gegen eine Politik, die Menschen abwertet, Benachteiligte gegeneinander ausspielt, Gruppen zu Sündenböcken macht und eine scheinbar soziale Rhetorik pflegt, die bei näherer Betrachtung kalt und unmenschlich ist", sagt Lindenberger. Die Caritas wolle vielmehr eine Gesellschaft, an der alle Menschen teilhaben können. Man wende sich gegen Feindseligkeiten, die sich verstärkt gegen Muslime, Geflüchtete, Arbeitslose sowie Sinti und Roma richteten - und zuweilen auch gegen Mitarbeiter der Caritas. "Nicht wenige werden dumm angeredet", sagt Lindenberger. "Man muss sich rechtfertigen, warum man sich im Asylbereich engagiert."

Dabei ist die Arbeit der Caritas für Geflüchtete laut Vorstandsmitglied Thomas Schwarz noch nicht einmal kostendeckend refinanziert. Schwarz ist zuständig für die Finanzen; am Dienstag hat er die Bilanz für 2016 vorgestellt. Er danke für die fast zwölf Millionen Euro Spenden sowie für die Zuschüsse des Erzbistums, sagt er. Die Bilanz selbst falle daher insgesamt positiv aus: Bei einer Bilanzsumme von 407 Millionen Euro hat der Verband einen Überschuss erwirtschaftet in Höhe von exakt 814 629 Euro und 77 Cent.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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