Helfer in der Not:Sicher am See

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2015 sind zwei Menschen im Riemer Badesee ertrunken. Die Forderung nach einem besseren Standort für die Wasserwacht ist bisher nicht erfüllt. Die Retter empfehlen deshalb vor allem eines: Schwimmen lernen

Von Renate Winkler-Schlang, Messestadt Riem

Keine Hiobsbotschaften in dieser Saison, keine Todesfälle am Riemer See, obwohl die Ufer meist überfüllt waren, denn der Sommer war schön. Mirko Schröder, Ortsgruppenleiter der Wasserwacht, kann sogar von einer glücklichen Rettung berichten: Ein älterer Mann hatte eine elfjährige Nachbarin mit zum Schwimmen genommen. Er frischte sich kurz ab, beim Weg aus dem Wasser stürzte er und fiel auf den Hinterkopf. Ohne zu überlegen, watete das Mädchen hinein und hielt ihm den Kopf über der Oberfläche, bis andere Badegäste halfen und die Wasserwacht alarmierten.

Der Gedanke, dass so ein Unfall passieren könnte, schwinge immer mit, wenn er das Tor der Wachstation aufschließe, sagt der 34-jährige Ortsgruppenleiter, der schon seit seinem elften Lebensjahr bei der Wasserwacht engagiert ist. Er weiß, dass er sich auf sein Team aus rund 50 Aktiven verlassen kann, die hier abwechselnd Dienst tun und es in der vergangenen Badesaison auf mehr als 2000 Einsatzstunden brachten. Jeder Handgriff ist tausendfach geübt, er wird im Notfall sitzen. Er wisse aber auch, dass selbst die Präsenz der Wasserwacht keine Garantie dafür gibt, dass kein Unglück passiert. Dass selbst gute Augen nicht überall sein können.

Knick im See: Auch vom Bootssteg der Wasserwacht aus kann Ortsgruppenleiter Mirko Schröder nicht das gesamte Ufer überblicken. (Foto: Florian Peljak)

Dies gilt für den Riemer See ganz besonders, denn der Landschaftsarchitekt Gilles Vexlard hat die Wachstation aus ästhetischen Gründen am nordöstlichsten Punkt des Gewässers stationiert. Weil das am Reißbrett geplante Ufer auf der Nordseite einen Knick aufweist, sehen die Retter von ihrem Domizil aus selbst mit dem Fernglas nur die Hälfte der rund zwölf Hektar großen Wasseroberfläche. Nach dem Sommer mit den zwei Toten - insgesamt sind in diesem See bereits zehn Menschen ertrunken - wurde deshalb über die Verbesserung der Sicherheit nachgedacht, denn dieser See hat seine Tücken: Zuerst geht es seicht hinein, dann fällt der Seegrund jäh steil ab auf bis zu 18 Metern Wassertiefe. Das Baureferat hat inzwischen das Ufer mit Warnschildern versehen, die diesen Sachverhalt bildlich darstellen. Das versteht auch, wer kein Deutsch kann, wie die Flüchtlinge, die gerne zum Planschen kommen. Orangefarbene Bojen im Wasser zeigen zusätzlich die Kante am Boden: Auch diese Bojen wurden mit dem Piktogramm versehen.

Die Wasserwacht bekam zudem zwei E-Bikes, damit die Erkundungstouren rund um den See und bis hin zur Skateranlage besser zu bewerkstelligen sind. Wasserretterin Donata von Raison macht sich gerade wieder auf den Weg, holt das Bike aus der Garage, die voll ist mit Equipment für die regelmäßigen Übungsstunden.

Besser für die Wacht wäre eine neue, optimal in der Mitte des südlichen Längsufers platzierte neue Station. Die alte könnte man zum Biergarten umfunktionieren, der ohnehin fehlt in diesem Park. Eine eigene Anlegestelle für das Rettungsboot wäre dann auch wünschenswert, derzeit muss das Boot an jedem Einsatztag mit dem Auto zu Wasser gelassen werden. Zudem müsse Einsatzmaterial frostfrei und auch mäusesicher gelagert werden können. Eine Trennung von Übungs- und Aufenthaltsraum würden sich die Mitglieder ebenfalls wünschen, berichtet Schröder.

Nicht untergehen: Mirko Schröder und seine Jugendleiterin Tanya Pflügler setzen sich auch dafür ein, dass mehr Kinder richtig schwimmen lernen. (Foto: Privat)

Die Unterstützung des Bezirksausschusses Trudering-Riem für all diese schon im vergangenen Jahr bei einem runden Tisch geäußerten Wünsche war der Wasserwacht sicher. Das städtische Planungsreferat, das sonst gerne auf Gilles Vexlards Urheberrecht hinweist, zeigte sich prinzipiell aufgeschlossen: Man werde es prüfen, wenn das dafür zuständige Baureferat einen konkreten Antrag stellt. Sogar Vexlard selbst zeige sich gesprächsbereit. Das Baureferat ist dabei, Badegäste-Statistiken auszuwerten, und hat ein Büro mit einer "Machbarkeitsstudie mit Schwerpunkt Sicherheit" beauftragt. Ob diese auch einen konkreten Plan für ein neues Wasserwachthaus enthält, konnte bis Redaktionsschluss dort niemand sagen, denn der zuständige Mitarbeiter hat Urlaub. Schröder hat sich vorgenommen, gleich nach den Ferien nachzuhaken.

Er hat aber noch weitere kleine und große Wünsche: An den Rettungsring-Standorten rund um den See solle die Telefonnummer und auch ein Richtungspfeil für die Station angebracht sein. Beim Unfall mit dem Mann und dem Mädchen hatte einer der Helfenden die Nummer erst mit dem Handy gegoogelt. Von den Bürgern wünscht er sich weniger Vandalismus an den von einer Stiftung finanzierten Notruftelefonen im Gelände.

Das Allerwichtigste für alle aber sei: "Schwimmen lernen", sagen Schröder und Jugendleiterin Tanya Pflügler wie aus einem Munde. Die Retter seien bereit, Schulschwimmkurse zu begleiten, wie das gemeinsam mit dem Jugendzentrum Quax für die Lehrer-Wirth-Schule schon klappe. Leider gebe es für Schwimmunterricht von der Wasserwacht in Münchner Bädern kaum, nur spät abends oder recht teure Kapazitäten, man müsse auf Haar und Ismaning ausweichen. Deshalb werde er auch schon jetzt Wasserwacht-Schwimmstunden für die auf dem neuen Gymnasiums- und Realschul-Campus geplante Schwimmhalle beantragen, sagt Schröder.

© SZ vom 30.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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