Hasenbergl:Eine bunte Spielwiese

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Konzentriert: Darijo und Louis basteln Indiaca, ein Wurfspielzeug mit indianisch-südamerikanischen Wurzeln. Louis' Bruder schaut interessiert zu. (Foto: Catherina Hess)

Das vielfältige Programm der Kulturtage im Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl zieht junge und alte Besucher an. Bestritten wird die Veranstaltung von den Vereinen aus dem Viertel

Von Franziska Gerlach

Früher, sagt Gerta Scholz, sei das hier eine grüne Wiese gewesen. Die alte Dame rückt an ihrem Stand - bei den "Granny Socks" - die Reihe mit den Wollsocken zurecht. "Im Sommer haben wir hier Völkerball gespielt", sagt die 73-Jährige und lächelt selig. Ob der schönen Erinnerung wegen oder weil bei den Kulturtagen im Stadtbezirk 24 gerade der Chor zu singen begonnen hat, wird nicht ganz klar.

Sicher dagegen ist: Als Grün lässt sich der ordentlich gepflasterte Platz vor dem Kulturzentrum 2411 an der Blodigstraße kaum mehr bezeichnen. Dafür hat sich jetzt nicht nur die Fläche vor dem Kulturzentrum drei Tage lang in eine Spielwiese verwandelt, sondern der ganze Stadtteil. Am Samstagnachmittag jauchzen auf dem antiken Karussell am 2411 zwei Mädchen, und immer mehr Leute gehen bei der interaktiven Papierkunstaktion der Frage nach, was unbezahlbar im Leben ist - die meisten schreiben "Familie" oder "Kinder". Letztere hingegen sind weniger an Kulturellem interessiert als an Luftballons, mit jeder Minuten streben mehr davon der wankelmütigen Sonne entgegen. "Zum Glück sind wir zu viert", sagt eine Frau, die am Stand der Diakonie Hasenbergl mit Ballon-Zuknoten beschäftigt ist.

Ebenfalls gefragt: Indiacas basteln am Stand des Kindertageszentrums Kitz. Ein Junge ist schon fast fertig, nur vier, fünf Federn muss er noch an dem Jutesäckchen befestigen. Pink, gelb, orange und blau sind sie - so bunt wie die Kulturtage selbst. Die städtisch geförderte Veranstaltung, für die sich die Bezirksausschüsse bewerben können, erwies sich als Stelldichein der örtlichen Vereine, aber auch als Konzentrat dessen, was Kultur im Stadtteil alles sein kann: klassische Musik und Pop, Clowntheater, Film- und Stadtführungen umfasste das Programm. Vor allem erreichten die Kulturtage eines: dass sich die Generationen mischten.

Manchmal muss man da nämlich erst Missverständnisse aus der Welt räumen, genau wie in "Du und ich und das Meer dazwischen". Denn Taigué Ahmed und Tobias Ginsburg, die beiden Hauptdarsteller des Theater- und Tanzstückes über Flucht und Freundschaft, sprechen unterschiedliche Sprachen. Und so hat der intrigante Hai, dem die beiden auf ihrer Floßfahrt über das offene Meer begegnen, leichtes Spiel, einen Keil zwischen sie zu treiben. Am Ende siegt natürlich das Gute, die Verständigung der Kulturen bricht sich Bahn. "Uhhhh", rufen die kleinen Zuschauer, die Eltern applaudieren. Das Stück kommt an.

Am sogenannten Sinnes-Parcours des Referates für Gesundheit und Umwelt sollen es eigentlich Kinder sein, die Gegenstände ertasten, ohne hinzusehen, doch Paul Gröner hat es auch mal versucht - und bis auf die Kastanie alles erkannt. Der 60-Jährige bekommt sein Viertel an diesem Tag ohnehin so, wie er es schätzt. Unkompliziert und gemütlich, nah an der Stadt und doch selbstbestimmt - eine Welt für sich. "Ich geh hier nicht mehr weg", sagt er. Es sei einfach schön, durch das Viertel zu schlendern, mal hier zu ratschen, mal dort, mit alten Bekannten genauso wie mit Fremden. Nur Bürgermeister Dieter Reiter (SPD) könne sich ruhig etwa mehr unter die Leute mischen, findet er. "Im Hasenbergl habe ich den jedenfalls noch nicht gesehen."

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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