Halle 51 in Freimann:Warum ein Sportverein die Expansion von BMW fürchtet

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(Foto: N/A)
  • BMW will 1500 neue Stellen in Freimann schaffen - dafür wird gerade geprüft, das Areal an der Lilienthalallee auszubauen.
  • Möglicherweise könnte die Halle 51 dann abgerissen werden. Dort ist auch der Eisenbahner-Sportverein München-Freimann untergebracht.
  • Der Verein will weiter für seine Räume kämpfen. Den bisherigen Versprechungen traut der Vorsitzende Günter Neumann allerdings nicht.

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Mit Versprechen hat Günter Neumann so seine Probleme. Der Vorsitzende des Eisenbahner-Sportvereins München-Freimann (ESV) bangt seit 20 Jahren um die Zukunft seines Vereins, Zusagen für dessen Fortbestand hat er schon viele gehört. "Wir wollen eine gute Nachbarschaft mit dem ESV, das Gebäude bleibt bestehen", versichert der Mann am Mikrofon, es ist ein Vertreter von BMW.

Er spricht in einer Sitzung des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann über die Ausbaupläne des Autokonzerns auf dem Areal an der Lilienthalallee. Es geht auch um den möglichen Abriss der Halle 51 - ein Teil davon ist die Heimat des ESV. Neumann hört die Beteuerungen und sagt: "Es ist immer noch alles in der Schwebe." Und schiebt trotzig hinterher: "Wir werden weiter kämpfen."

Aufteilung ohne Teilungserklärung

Dabei macht es den Anschein, als könnte für das Dilemma um die Halle, die sich der große Konzern und der kleine Verein teilen, eine Lösung in Sicht sein. BMW will offenbar massiv in den Standort investieren und dabei auch den ESV als Nachbarn integrieren. Das klingt nach großer Zukunft, für den Konzern ebenso wie für den Verein. Doch BMW hat eine Entscheidung über das Projekt noch nicht gefällt. Und die Verträge für den Fall eines Abrisses sind noch nicht fixiert. "Wir hängen weiter in der Luft", sagt Neumann.

Die vertrackte Situation reicht zurück bis 1995, als die Deutsche Bahn AG gegründet wurde. Das Vermögen wurde aufgeteilt, darunter auch die Flächen an der Lilienthalallee. BMW hatte damals bereits einen Mietvertrag für das Areal, darunter auch für einen Großteil der 16 000 Quadratmeter großen Halle, in der zuvor Güterzüge repariert worden waren. Allerdings ist bei der Aufteilung offenbar eine Teilungserklärung vergessen worden.

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Bereits seit 1953 hat der ESV mit dem Bundeseisenbahnvermögen (BEV) einen Überlassungsvertrag zur Miete geschlossen für einen hundert Meter langen, zwölf Meter breiten Abschnitt am Ostrand. Darin ist die Sporthalle, das Vereinsheim, Kegelbahnen, ein Gymnastiksaal. Im Rest, abgetrennt durch eine Ziegelmauer, schraubten die BMW-Monteure. Der Konzern war bis 2010 auch Mieter, kaufte aber dann die Halle - und hat damit wegen der fehlenden Teilungserklärung den ESV-Anteil mitgekauft.

Angst vor den Baggern

Nun plant BMW, das Hallensegment platt zu machen und dafür einen Neubau zu errichten; der ESV-Gebäudeteil soll stehen bleiben. Doch Neumann und die 1537 Mitglieder des ESV stellen sich die Frage, ob die Stadt und BMW ihre Versprechen einhalten und die Kosten für den Umbau der Halle übernehmen. Denn jene Wand, die den ESV von BMW abtrennt, muss dann zu einer tragenden, für die Statik essenziellen Außenmauer umgebaut werden - 600 000 Euro kostet das laut Neumann. Er befürchtet nun, dass BMW die Bagger anrücken lässt, bevor die Übernahme der Kosten juristisch sicher geklärt ist. "Wir sollen am 17. März eine Vereinbarung mit BMW unterschreiben. Doch wir haben überhaupt keine schriftliche Zusicherung über die Kostenübernahme."

Bisher gibt es nur eine mündliche Absprache, getroffen im Frühjahr 2014: Bei einem Treffen schlossen BMW und städtisches Sportamt den Kompromiss, sich die Kosten für die Mauer zu teilen. "Wir wollen dem Verein helfen", versichert eine Sprecherin des Sportamtes; doch erst müsse der Stadtrat die Summe freigeben. Das soll im Sommer geschehen: "Bis dahin gibt es keinerlei Handlungsdruck. Bevor die Kostenübernahme nicht in trockenen Tüchern ist, wird auch BMW nichts abreißen."

Teure Sanierungsarbeiten

Den ESV dürfte auch dieses Versprechen nicht beruhigen. Denn der Kompromiss sieht auch vor, dass der ESV als Bauherr auftritt - und Eigentümer seines Geländes samt Gebäude wird. BMW war und ist noch immer bereit, dem Verein den Hallenteil zu schenken. Doch davor scheut der ESV zurück. Als Eigentümer müsste er für alle Sanierungsarbeiten an der 1916 erbauten Halle aufkommen; schon jetzt ist klar, dass marode Abwasserleitungen erneuert werden müssen.

Unwägbar ist zudem, ob BMW sein Großprojekt an der Lilienthalallee überhaupt durchzieht. In der BA-Sitzung wurde deutlich, dass der Konzern von der Stadt die Lösung einiger Verkehrsprobleme erwartet. Gemäß einer Verkehrsprognose soll das Fahrzeugaufkommen in der Heidemannstraße und auf dem Frankfurter Ring drastisch ansteigen. Einberechnet seien dabei auch die Belastungen durch die Neubauprojekte Bayernkaserne und Domagkpark. BMW dringt darauf, die U-Bahn-Tangente vom U 2-Bahnhof Am Hart zum U 6-Halt Freimann zu realisieren; weiter sollen mehrere Kreuzungsbereiche ausgebaut werden.

Die Abstimmung mit der Stadt läuft bereits. Ob sie fruchten wird, ist offen. "Es werden noch andere Standorte außerhalb Münchens geprüft", hieß es zuletzt von einem BMW-Sprecher.

© SZ vom 06.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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