Hadern:Friede im Hörsaal

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Immer langsam: Gewünscht wird ein besserer Hinweis auf "Tempo 30". (Foto: Christian Endt)

Die Bürgerversammlung in Hadern zeigt, dass die Menschen dort derzeit nicht viel zu nörgeln haben

Von Berthold Neff, Hadern

Da der Ansturm der Haderner zu ihrer Bürgerversammlung im vergangenen Jahr so stark war, dass die neue Sporthalle der Canisiusschule wegen Überfüllung geschlossen werden musste, versuchte man es diesmal eine Nummer größer. Einen Nachteil hatte der große Hörsaal der Ludwig-Maximilians-Universität im Haus F an der Butenandtstraße jedoch, wie die CSU-Stadträtin Evelyne Menges als Leiterin der Versammlung gleich zu Beginn zugab: "Es war eine Herausforderung, den Saal zu finden."

Etwa 250 Haderner hatten diese Aufgabe am Donnerstagabend gemeistert, verloren sich allerdings in dem steil ansteigenden Chemie-Hörsaal, dessen Wand eine Büste von Justus von Liebig ziert und in dem vorne die Bunsenbrenner darauf warten, für ein Experiment zu entflammen. Die Bürger ließen sich von der ungewohnten Atmosphäre nicht irritieren und hielten es wie sonst auch. Sie stimmten diesmal mehrheitlich allen sieben Anträgen zu - darunter auch einem, der weniger auf Probleme im Viertel, sondern auf die Stadt insgesamt abzielt. Eugen Kuntze, der vor Jahren schon mit der Agenda 21 in Hadern ökologisches Gedankengut voranbrachte, erzielte eine breite Mehrheit für seine Forderung, die Stadtwerke sollten ihr "schmutziges Geschäft mit Kohle und Atom möglichst bald stoppen" und sich noch mehr der Erdwärme widmen.

Positive Bürger-Resonanz gab es auch für den Ruf nach einer besser Beleuchtung an der Ecke Ludl-/Menaristraße, für das Verschwinden des provisorischen Teerbelags an der U-Bahn-Station Haderner Stern vor der Kirche St. Ignatius - eine "krasse Verunstaltung" - sowie für die Forderungen nach einem absoluten Halteverbot in der Franz-Kendler-Straße sowie nach Parkverboten an der Einmündung der Eichen- in die Würmtalstraße.

Wie schon im vergangenen Jahr, stand auch diesmal die Situation am Stiftsbogen im Fokus. Es wurde mit großer Mehrheit beschlossen, die Autofahrer mit Folien auf der Fahrbahn daran zu erinnern, dass dort Tempo 30 gilt. Die Chancen dafür, dass diese Aufkleber tatsächlich kommen, stehen aber eher schlecht, wie Stefan Schmidt vom Kreisverwaltungsreferat ausführte. Er sagte, es handele sich hier um die "meistgemessene Straße in Hadern". Vergangenes Jahr sei hier 35 Mal kontrolliert worden, insgesamt 51 Stunden. Dabei wurden lediglich 13,2 Prozent der Autofahrer wegen zu hoher Geschwindigkeit beanstandet. Bei den bisher 26 Messungen in diesem Jahr sei die Quote bei 12,6 Prozent noch niedriger. Laut Stadtratsbeschluss sei es aber erst bei einer Quote von mehr als 20 Prozent möglich, solche Fahrbahnmarkierungen anzubringen.

Das alles ging reichlich flott über die Bühne. Die meiste Zeit nahm der Bericht von Peter Gloël ein, Leiter der für Hadern und Laim zuständigen Polizeiinspektion 41. Eine halbe Stunde lang demonstrierte der Erste Polizeihauptkommissar anhand von viel Zahlenmaterial, dass man in Hadern besonders sicher lebt.

Die Zahl der Verkehrsunfälle ging leicht zurück, wobei die Zahl derjenigen steigt, die sich unter Drogeneinfluss ans Steuer setzen. Die Straßenkriminalität geht weiterhin zurück, 365 Fälle wurden im vergangenen Jahr angezeigt; auch die Raubstraftaten bewegten sich "nach wie vor auf einem niedrigen Niveau". Rückläufig ist zudem die Zahl der Wohnungseinbrüche, sie fiel von 51 Fällen 2012 auf nur noch 35 Fälle im vergangenen Jahr.

Probleme bereitet der Polizei jedoch nach wie vor der Trickbetrug. Erst vor Kurzem, am 7. September, brachten Ganoven, die sich als Polizisten ausgaben, eine um Mitternacht durch einen Anruf überrumpelte Frau um 13 000 Euro. Der Anrufer hatte sich als "Kriminalbeamter Hoffmann von der Abteilung Bankbetrug" ausgegeben und dann an seinen "Chef" weiterverbunden. Dieser untersagte der Frau, irgendjemanden anzurufen, da ihr Telefon überwacht werde. Peter Gloël wies im Übrigen darauf hin, dass es die Täter durch Manipulationen sogar schaffen, dass auf dem Display der angerufenen Person die Nummer "110" aufleuchtet. Genau dies sei aber bei einem Anruf der echten Polizei nie der Fall.

Eingangs hatte der CSU-Stadtrat Johann Stadler, Vorsitzende des Bezirksausschusses Hadern, einen Überblick über die Situation im Viertel gegeben: der Parkdruck, die Belastung durch die Lindauer Autobahn oder die Nachverdichtung. Alles in allem jedoch sei Hadern ein sehr attraktiver Stadtteil: "Wir leben hier eigentlich fast wie auf dem Dorf." Dass die Bürgerversammlung dann "richtig schnell" zu Ende war, wie Evelyne Menges nach zwei Stunden konstatierte, sei ein gutes Zeichen. Menges: "Es zeigt, dass die Menschen zufrieden sind."

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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