Haar:Der Fliege zum Wohlgefallen

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Schön wie eine Tollkirsche: Julia Zimmermann. (Foto: C. Gieselmann/ Bez. Oberbayern (oh))

Der Bezirk Oberbayern verleiht Lore-Bronner-Preis an junge Schauspieler

Von Udo Watter, Haar

Sie stand mit 90 Jahren noch auf der Bühne und kokettierte offenbar ungeniert mit dem Unausweichlichen - dem eigenen Abgang. Die Schauspielerin und Bühnenleiterin Lore Bronner hat - wie Bezirkstagspräsident Josef Mederer in seiner Rede im Kleinen Theater Haar verriet - immer wieder mal davon gesprochen, dass sie nach ihrem Tod zurückkehren und, etwa in Form einer Fliege, genau beobachten würde, was da in ihrem Namen künftig so auf der Bühne abginge. Von wo und in welcher Gestalt auch immer Lore Bronner zugeschaut haben mag, gefreut würde sie sich wohl haben bei der diesjährigen Verleihung des Lore-Bronner-Preises, den der Bezirk seit 1996 an junge, herausragend talentierte Nachwuchsschauspieler mit Hauptwohnsitz in Oberbayern vergibt. Ausgeschrieben wird er jährlich an staatlich genehmigten privaten Schauspielschulen in Oberbayern, heuer nahmen Kandidaten von fünf Schauspielschulen teil.

Die zwei Preisträgerinnen Teresa Sperling von Theaterraum München und Julia Zimmermann von der Schauspielschule Zerboni, die je 3000 Euro erhielten und ein Engagement bei den "Weilheimer Festspielen", sowie der mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnete Nicolas Wolf, ebenfalls Zerboni, zeigten eindrucksvoll, warum die achtköpfige Jury sie ausgewählt hatte. Alle drei präsentierten sich mit bewegenden Monologen aus Dramen von Christian Friedrich Hebbel und demonstrierten zudem noch ihre Wandelbarkeit mit einer zweiten szenischen Vorstellung ihrer Wahl. Julia Zimmermanns etwa durfte bei ihrem Auftritt als Hebbels Judith betörende Sätze sagen wie: "Meine Schönheit ist die der Tollkirsche. Ihr Genuss bringt Wahnsinn und Tod." Die in München lebende Allgäuerin verströmte auch dabei enormes Charisma.

Schauspieler, Kabarettist und Autor Moses Wolff, der in der Jury saß und die Laudatio hielt, hatte nicht übertrieben, als er den drei Ausgezeichneten unter anderem starke Präsenz und Wandelbarkeit attestierte. "Für mich ist wichtig, dass ich einen Menschen da auf der Bühne sehe", erklärte Schauspielerin und Regisseurin Yvonne Brosch, die seit der Premiere vor 22 Jahren in der Jury zur Vergabe des Lore-Bronner-Preises sitzt. Voll des Lobes war auch Schauspielerin Kerstin Becke, frühere Lore-Bronner-Preisträgerin, die die Moderation des Abends übernommen hatte.

Die 1906 in Karlsruhe geborene Lore Bronner war zeitlebens der Sucht nach Intensität verfallen, als Theaterschauspielerin, als Bühnenleiterin und als Fördererin des darstellenden Nachwuchses. Von 1957 an übernahm sie auch Rollen vor der Kamera. Ihr erster Film: "Die Eintagsfliege". Das war, Gott sei Dank, kein prophetischer Titel.

© SZ vom 18.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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