Guttenberg im Weissen Bräuhaus:Die Show ohne Lederhose

Lesezeit: 2 min

Public-Guttenberg-Viewing im Weissen Bräuhaus: Die Münchner wollen den beliebtesten Politiker des Landes sehen - bekommen aber nur eine halbherzige Guttenberg-Show.

Lisa Sonnabend

An diesem Abend läuft es nicht nach Plan für Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Jetzt soll er - der beliebteste Politiker des Landes - auch noch durch einen Scherbenhaufen gehen. Das Lächeln weicht aus dem Gesicht des 37-Jährigen, zögernd steigt er zur Bühne empor.

Anzug statt Lederhose: Guttenberg im Weissen Bräuhaus in München. (Foto: Foto: Sonnabend)

Eben hat dort Georg Schneider, Brauereichef und Hobbykünstler, ein goldenes Kalb zerschlagen. Es staubt fürchterlich im Saal. Schneider hat am Montagabend ins Weisse Bräuhaus im Zentrum von München geladen, um seine eigene Ausstellung zu eröffnen. Der Titel: "Fantasie schlägt die Krise".

Hunderte Münchner drängen sich in den Gängen der Gaststätte - doch wegen der Bilder sind nur die wenigsten gekommen. Sie wollen den CSU-Politiker Guttenberg sehen. "Er ist ein richtiger Senkrechtstarter", sagt eine Dame in Dirndl. Ein anderer Gast meint: "Er versteht es, gut aufzutreten." Es geht so eng zu, dass der Auftritt von Guttenberg auf Bildschirmen in die hinteren Ecken übertragen werden muss. Statt zum Fußballschauen versammelt man sich an diesem Abend eben zum Public-Guttenberg-Viewing.

Doch zunächst heißt es: Warten. Der Wirtschaftsminister sei noch in einer wichtigen Sitzung im Landtag, erklärt der Moderator. Die Menge wird unruhig. Menschen mögen es nicht, wenn man sie versetzt. Um Punkt 20:37 Uhr soll es los gehen, heißt es auf der Einladungskarte, um 21:10 Uhr fährt endlich der Wagen von Guttenberg vor.

An diesem Abend in München wirkt der Hoffnungsträger der CSU zunächst ungewöhnlich reserviert. Vielleicht ist es die heiße, drückende Luft im Saal, vielleicht liegt es aber auch an Gastgeber Schneider, der begleitend zur Ausstellung seine Thesen zur Rettung der Finanzkrise aufzählt, die nicht nur einem Wirtschaftsminister naiv vorkommen dürften. Warum Selbstvermarktungskönner Guttenberg hier erschienen ist, bleibt unklar. Zumal die heiße Phase im Wahlkampf noch gar nicht begonnen hat.

Guttenberg steht als Zuschauer vor der Bühne - hinter ihm Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, eine Gruppe Burschenschaftler und grauhaarige Weißbierfreunde. Guttenberg blickt während Schneiders Rede ins Leere, atmet tief durch und wippt mit dem Oberkörper. Doch dann besinnt er sich, gibt den Nachdenklichen, indem er mit der Hand sein Kinn stützt. Einige Male klatscht er - allerdings recht zaghaft.

Nachdem das Kalb zerschlagen ist, darf Guttenberg endlich auf die Bühne. Für fünf Minuten ist er wieder der Guttenberg, der sich mit weit geöffneten Armen auf dem New Yorker Time Square ablichten lässt. Der Guttenberg, der zu PR-Zwecken Kindern Märchen vorliest oder das AC/DC-Konzert im Münchner Olympiastadion in Rockerkluft besucht.

"Es ist wichtig, dass man etwas aus eigenen Kräften schafft, meine Damen und Herren", sagt der Adlige, den Alt-Kanzler Gerhard Schröder einmal als "dieser Baron da aus Bayern" verspottete. Er plädiert dafür, wieder mehr Wert auf Werte zu legen.

Über Gastgeber Schneider meint Guttenberg: "Diese Veranstaltung ist doch nur ein PR-Gag für seine Firma - aber das ist doch besser so als mit Steuermitteln!" Seine Rede rundet Guttenberg mit einem Strahlen ab. Es ist endlich die Show, die die Zuschauer sehen wollen.

Am Ende seiner Ansprache verweigert Guttenberg ein Wasserglas und nimmt stattdessen ein frisch gezapftes Bier entgegen. Die Gäste johlen. Der Wirtschaftsminister springt von der Bühne und wischt sich den Schweiß mit einem Handtuch, das ihm eine Hostess reicht, aus dem Gesicht. Mit einer beiläufigen Bewegung streicht er seinen schwarzen Sommeranzug glatt.

Eines ist überraschend an der Guttenberg-Show an diesem Abend: Der Wirtschaftsminister ist nicht wie die anderen männlichen Gäste in Lederhose ins Bräuhaus gekommen. Auch dem beliebtesten Politiker Deutschlands läuft ab und an die Zeit davon. Wahrscheinlich hatte er schlicht keine Gelegenheit mehr gehabt, sich nach der langen Sitzung im Landtag noch umzuziehen.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Guttenberg im Weissen Bräuhaus
:Die Show ohne Lederhose

Public-Guttenberg-Viewing im Weissen Bräuhaus: Die Münchner wollen den beliebtesten Politiker des Landes sehen - bekommen aber nur eine halbherzige Guttenberg-Show.

Lisa Sonnabend

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: