Gefahren-Atlas der SZ:"Unglaublicher Handlungsbedarf"

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Der Gefahren-Atlas der SZ zeigt Probleme im Münchner Verkehrsnetz auf. Was Experten zu dem Projekt sagen - und was sie daraus lernen.

Von Melanie Staudinger

Knapp 4000 Einträge in einer Woche: Der Gefahren-Atlas der SZ scheint bei vielen Münchner Radfahren, wie es ein Leser formulierte, "einen Nerv getroffen zu haben". Doch wie kommt das Projekt bei denen an, die etwas vom Fach verstehen? Wir haben sie nach einer Einschätzung gefragt.

Martin Hänsel, Verkehrsexperte des Bundes Naturschutz: "Schon der erste Blick in die Karte zeigt, dass es einen unglaublichen Handlungsbedarf in München gibt. Zum einen entstehen Ärgernisse, weil die Verkehrsteilnehmer zu wenig Rücksicht aufeinander nehmen. Es gibt aber auch Konflikte, die sind schlicht selbst gemacht. Manche Radwege enden plötzlich mitten auf der Straße, andere sind viel zu schmal. Auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen können Sie zum Beispiel gar nicht so langsam fahren, dass Sie einen Fußgänger nicht erschrecken würden. In der Planung sind die Bedürfnisse der Radfahrer zu wenig angekommen, das muss sich ändern."

Axel Arnold, ADAC Südbayern: "Ich will gar nicht wegdiskutieren, dass es neuralgische Punkte in München gibt. An Stellen, an denen sich unterschiedliche Verkehre treffen, entstehen potenzielle Gefahrenstellen. Die Lösung muss meiner Ansicht nach aber in einem Miteinander gefunden werden, nicht in der Verkehrsorganisation an sich. In einer Großstadt mit mehr als einer Million Einwohnern müssen Verkehrsteilnehmer Rücksicht nehmen. Hier liegt der Knackpunkt, um den Verkehr sicherer zu machen. Ich finde es immer wieder kurios, dass Menschen als Radfahrer Verkehrsregeln missachten, die sie als Autofahrer oder Fußgänger nicht missachten würden."

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Traudl Schröder, ADFC München: "Die Münchner kritisieren viele Radwege aus dem Altbestand. Vor allem die großen Zubringer in die Innenstadt, die Dachauer Straße oder die Nymphenburger Straße, sind technisch völlig veraltet. Auf den Radwegen kann nicht überholt werden, schnelle und langsame Verkehrsteilnehmer sind gemeinsam unterwegs. Zu den permanenten Konflikten mit Fußgängern kommen gefährliche Situationen mit Autofahrern. In München ist schon etwas passiert, um die Lage der Radfahrer zu verbessern. Aber es muss auch noch viel passieren. Aus unserer Sicht wird sich der Radverkehr nur fördern lassen, wenn den Autos Platz genommen wird."

Michael Reisch, Polizeihauptkommissar in der Verkehrsabteilung: "Die meisten Anregungen betreffen den Straßenbau und die Planung von Radwegen. Wir haben uns bisher einzelne Fälle angeschaut, etwa den Goetheplatz oder den Bereich um das Sendlinger Tor. Eine objektive Unfallhäufung können wir dort aber nicht feststellen. Es gibt im Gefahren-Atlas auch Mitteilungen, dass viel verbotswidrig geparkt und damit der Radverkehr behindert wird. Hier können wir die Bürger nur bitten, sich an uns zu wenden. Wenn die Einsatzlage es zulässt, überprüfen wir die Falschparker. Das tun wir im Übrigen auch von uns aus, wenn wir Streife fahren."

Einer von vielen Gefahrenherden: die Laimer Bahn-Unterführung. (Foto: Robert Haas)
© Süddeutsche Zeitung vom 18.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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