Prozess um gefälschte MVV-Tickets:Fahrkarten aus dem Drucker

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Ein Busfahrer soll fast 2000 Monatsmarken im Wert von 110.000 Euro gefälscht haben, 300 Beamte der Bundespolizei waren deshalb im Einsatz. Jetzt beginnt der Prozess gegen den Mann und seine Komplizen.

Christian Rost

Fast 2000 falsche Monatsmarken für den öffentlichen Nahverkehr im Raum München soll ein Busfahrer gefälscht und über vier Komplizen in Umlauf gebracht haben. Der Schaden beläuft sich nach Schätzungen der Staatsanwaltschaft auf rund 111.000 Euro. Vom kommenden Montag an müssen sich die vier Männer und eine Frau im Alter von 23 bis 46 Jahren am Landgericht München I wegen gewerbsmäßiger Urkundenfälschung und Geldwäsche verantworten. Ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen.

300 Beamte der Bundespolizei waren am 29. Juni 2011 bei dem Schlag gegen die Fälscherbande im Einsatz. Bei einer Razzia wurden zeitgleich 27 Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht, darunter 23 Objekte in München sowie jeweils eines in Unterhaching, Freising, Zorneding und Bayersoien. Nachdem zuvor über mehrere Monate hinweg im MVV-Gebiet immer wieder falsche Monatsmarken aufgetaucht waren, hatten Bundespolizei und Staatsanwaltschaft unter anderem mittels Telefonüberwachung eine Gruppe um einen Busfahrer als wahrscheinliche Quelle ausgemacht. Bei der Durchsuchung bestätigte sich der Verdacht: Es wurden mehrere Rollen mit Blankofahrkarten der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und Fälscherutensilien sichergestellt.

Der mutmaßliche Haupttäter Sebastiano F., 46, der bei einem für die MVG tätigen Omnibusbetrieb als Fahrer beschäftigt war, soll die Blankofahrkarten bei seinem Arbeitgeber gestohlen haben. Mit einem Tintenstrahldrucker versah er die Tickets dann mit Monatskarten-Aufdrucken, wobei unterschiedliche Tarife von drei bis 16 Zonenringe aufgebracht wurden. Der Italiener verkaufte die Fahrkarten dann an seine Komplizen, die sie weit unter dem üblichen MVV-Verkaufspreis an Fahrgäste weiterreichten.

Für einen Fahrschein, der regulär 54 Euro kostet, zahlten die Endabnehmer zum Beispiel nur 35 Euro. Für Laien waren die qualitativ hochwertigen Falsifikate laut Bundespolizei nicht vom Original zu unterscheiden. Bei den Komplizen handelt es sich um zwei Pizzabäcker aus Italien und der Dominikanischen Republik, einen italienischen Koch und eine Frau aus Kolumbien. Drei der Beschuldigten befinden sich noch in Untersuchungshaft.

Für den Prozess werden umfassende Geständnisse erwartet - die zweite Strafkammer am Landgericht setzt nur einen Verhandlungstag für den Fall an. Christian Gerber, Verteidiger des Hauptbeschuldigten, will eine Erklärung für seinen Mandanten Sebastiano F. abgeben. Der Busfahrer hatte bei der Razzia noch versucht, Beweismaterial beiseitezuschaffen: Er warf, als die Polizisten anrückten, eiligst gefälschte Tickets aus dem Fenster - direkt vor die Füße einer Staatsanwältin.

Nach SZ-Informationen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen eine weitere Ticketfälscherbande, die in noch größerem Stil aktiv gewesen sein soll.

© SZ vom 24.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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