Gastronomie:Die Münchner Burgerbrater trauen sich nichts

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Lecker? Naja, eher langweilig. (Foto: Stephan Rumpf)

Anderswo wird experimentiert - aber hier reicht Avocadocreme auf weichen Brötchenhälften offenbar aus, um den Burger-Hype am Leben zu halten.

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Manche Highlights im Jahr wollen gut im Voraus geplant werden. Festivals zum Beispiel. 19500 Leute haben bei "Rock im Park" für diesen Sommer auf Facebook auf "interessiert" geklickt. Und in München gibt es im Juni ein Festival, das noch einmal 10000 Leute mehr interessiert. Nicht, weil großartige Bands ihr Kommen angekündigt haben, nein. "Burger Festival 2017" heißt das Event.

Der Burger ist der größte Star in der Stadt. Es scheint, als könne der Münchner einfach nicht genug bekommen, als wolle er sich für immer von einer Fleischscheibe zwischen zwei weichen Brotscheiben ernähren. Burger beats Fleischpflanzerlsemmel, beats Leberkassemmel, der Burger schlägt einfach alles. Der Hype zeigt bedenklich wenige Ermüdungserscheinungen. Falls denn mal ein Laden schließt, macht drei Häuserecken weiter der nächste auf. Und auch der ist wieder voll.

Für Gastronomen ist der Burger-Hype ein Segen. Weder viel Platz noch einen ausgebildeten Koch braucht's - man streiche etwas Avocadocreme auf die Buns oder schiebe etwas Chorizo dazwischen, denke sich ein paar halbwegs kreative Varianten mit klingenden Namen aus und rühme sich einer unwiderstehlichen Geheimrezeptsoße. Am besten einer nach dem Rezept von Omi oder eines New Yorker Hipsterlokals. Und schon ist es kaum mehr möglich, ohne Reservierung einen Platz im neuen Hot-Spot zu ergattern - der zumeist noch ein Klon eines anderen Burgerladens ist.

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Das Erfolgsrezept ist immer gleich. Es unterscheidet sich höchstens in Nuancen. Der Münchner weiß, was ihn erwartet, ein Burger ist ein Burger ist ein Burger; und offenbar liebt es der Münchner zu wissen, was ihn erwartet. Je nach Laune ist das eine Variation mit Wagyubeef oder Trüffelöl oder ein vegetarischer Patty aus Oliven und Nüssen. Den Käse dazu hat ein Alm-Öhi persönlich von den Bergen heruntergebracht. Der Gluten-Hysteriker lässt das Brötchen weg, selbst die vegane Begleitung findet noch was auf der Karte. Das alles bekommt der Burgerkunde instafotogen angerichtet und in einem finanziell überschaubaren Rahmen. Zuweilen vielleicht etwas überteuert für das, was es ist; aber wir sind immer noch in München.

Und so neigen die Burgerbrater natürlich nicht zu großen Experimenten. In den USA, Heimat der Burger und auch des Hypes, gibt es solche, deren Patties aus Mac'n'Cheese, einem beliebten Kindereessen, gemacht sind. Mac'n'Cheese werden auch gebacken oder frittiert und als Buns verwendet, wieder andere pressen das Nudel-Käse-Gericht als Füllung in das Hackfleisch hinein, bevor sie es braten. Für den Ramen-Burger, der aus den Zutaten einer japanischen Nudelsuppe besteht, - ohne Flüssigkeit, versteht sich - standen die New Yorker Schlange. Und natürlich gibt es mittlerweile auch einen Pho-Burger, der der vietnamesischer Suppe nachempfunden ist.

Die Burgerbrater dort langweilen sich, und um das zu ändern, experimentieren sie, schaffen neue Kreationen. Kleine neue Hypes innerhalb des großen. Und in München? In München nichts Neues. Außer einer neuen Klon-Filiale.

Wenigstens ein kleiner Schweinsbraten zwischen zwei Knödelhälften. Wenigstens das müsste doch langsam mal drin sein. Aber so lange der Münchner die Hans-im-Glück-Filialen ausreserviert, hat er es wohl nicht anders verdient.

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