Gärtnerjahrtag:Flower-Power erobert die Stadt

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Tropisches Wetter mit viel Regen hat in diesem Jahr so manchem Gemüsebauern Schwierigkeiten bereitet. Doch beim Umzug zum Gärtnerjahrtag sind Traktoren und Anhänger mit Selbstangebautem und Blumen gut bestückt

Von Andreas Schubert

Für Wolfgang Richter muss der Dienstag ein noch besonderer Tag gewesen sein, als er es ohnehin schon gewesen wäre. Denn: Kurz bevor sich der Umzug zum Gärtnerjahrtag in Bewegung setzte, hat es dann doch ein bisschen geregnet. Vorher hatte Richter, der Vorsitzende des Münchner Gärtnervereins, gerade erzählt, Regen habe er am Jahrtag in den vergangenen 50 Jahren noch nicht erlebt.

Okay - viel Wasser kam nicht von oben. Außerdem weiß ein Gärtner den Regen schon von Berufs wegen zu schätzen. Sollte halt nicht zu viel sein. Denn das tropische Wetter hat heuer so manchem Gemüsebauern Schwierigkeiten bereitet, wie Tobias Kreuzinger von der Junggärtnergruppe Moosach erzählt. Die Erde sei vom Regen so aufgeweicht gewesen, dass die Traktoren auf den Feldern eingesunken seien. Außerdem begünstige die tropische Witterung Schimmel. Trotzdem haben Kreuzinger und seine Kollegen es geschafft, einen Anhänger für den Umzug mit selbstangebautem Gemüse zu bestücken.

Für Leute wie Tobias Ulrich ist der Umzug auch ein Mittel, seinen Berufsstand zu repräsentieren. Ulrich ist Vize-Chef des Landesverbands Bayerische Junggärtner und nimmt jedes Jahr am Umzug teil. Seine Gruppe, die Münchner Junggärtner, hat einen herauspolierten, historischen Traktor aus der Schweiz vor den mit Dahlien, Hortensien, Gerbera und anderen Blumen bewehrten Anhänger gespannt.

30 Gruppen haben diesmal am Gärtnertag teilgenommen. Darunter waren unter anderem natürlich Gärtnereien, der Botanische Garten und Gartenbauvereine. Das Fest findet jeweils am ersten Dienstag im August statt. Seinen Ursprung hat es im 17. Jahrhundert. Nach dem Ende der Pest verteilten Klostergärtner Gemüse und Blumen an die überlebenden Bürger der Stadt, um ihnen wieder Zuversicht zu spenden. Die Mönche legten zudem vor der heiligen Gertrud von Nivelles, der Schutzpatronin der Gärtner, ein Gelübde ab. Seither finden jährlich ein Festumzug und ein Dankgottesdienst in der Kirche Sankt Peter statt, bei dem das Gelübde erneuert wird. Dann folgt ein Umzug Richtung Hofbräuhaus, wo dann weitergefeiert wird.

Dieses Jahr war es zwar für die großen und bunt geschmückten Traktoren - darunter auch ein paar Oldtimer - und Pferdegespanne mit ihren Anhängern angesichts der Menschenmassen und der Baustelle am Hugendubel-Haus ein bisschen eng. Umso leichter taten sich die in Gärtnerschürzen oder Tracht gewandeten Teilnehmer des Umzugs, an die umstehenden Zuschauer ihre Blümchen zu verteilen. Wer günstig stand, hatte nach ein paar Minuten einen hübschen Strauß beieinander. Derweil lieferten sich die Dieselmotoren der Traktoren mit den Blaskapellen einen Wettstreit, wer wohl das lautere Blech hat.

Der Münchner Gärtnerverein richtet das Fest schon seit 148 Jahren aus. Diesmal, sagte Wolfgang Richter mit leisem Bedauern, sei niemand aus der Politik der Einladung des Vereins gefolgt. Er freute sich dennoch, dass wieder Tausende Münchner und Touristen den Umzug verfolgten. Immerhin sei die Veranstaltung eines der letzten deutschen berufsständischen Feste dieser Größenordnung.

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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