Vor dem Amtsgericht:Heiratsschwindler aus dem Netz

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Ein Münchner verspricht seiner Germeringer Internetbekanntschaft die Ehe und schwatzt ihr 27 000 Euro ab. Dann lässt er sie fallen.

Ariane Lindenbach

- Einem Heiratsschwindler, den sie beim Chat im Internet kennen gelernt hatte, ist eine 44 Jahre alte Germeringerin zum Opfer gefallen. Innerhalb eines Vierteljahres lieh die dreifache, allein erziehende Mutter ihrem angeblich vermögenden neuen Freund knapp 27 000 Euro. Dafür machte sie Schulden, gab ihm ihren Schmuck und plünderte das Sparbuch ihres Sohnes. Am Donnerstag verurteilte ein Richter am Amtsgericht in Fürstenfeldbruck den in München lebenden, nicht vorbestraften 46-Jährigen wegen Betrugs in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Der Münchner und die Germeringerin, beide stammen aus Italien, trafen sich erstmals im Sommer 2011. Laut Anklage gab ihm die 44-Jährige das erste Geld, 900 Euro, Ende August. Bis zum 9. Dezember 2011 lieh sie ihm bei 22 Gelegenheiten insgesamt 24 630 Euro, zusätzlich bekam er Schmuck im Wert von 2000 Euro. Diesen Vorwürfen trat die Pflichtverteidigerin beherzt entgegen: Ihr Mandant bestreite die Anklage - mit Ausnahme jener Zahlungen, die auf sein Konto überwiesen worden seien. Dabei ging es um vier Überweisungen über insgesamt 6000 Euro am Anfang ihrer Bekanntschaft. Davon habe er schon circa 1000 Euro zurückbezahlt. Allerdings habe er, genau wie die Germeringerin, keine Belege, da er alles bar bezahlt habe. Die Anwältin unterstrich, dass ihr Mandant damals eine Anstellung hatte und etwa 3500 Euro im Monat verdiente.

"Das stimmt nicht", widersprach Richter Martin Ramsauer, die Kontoauszüge des 46-Jährigen durchblätternd. Darin fand er für August 2011 nur einen Eingang von 1300 Euro, seit Oktober hatte er gar nicht mehr gearbeitet. Überdies sei schon Anfang 2011 wegen seiner Schulden der Gerichtsvollzieher bei dem Angeklagten ein- und ausgegangen, entnahm er den Akten. Er sei einfach mit seinen Zahlungen, etwa für Kindergarten und Telefon, "etwas in Verzug" geraten, erklärte der Münchner, der die Beziehung zu der 44-Jährigen als rein platonisch beschrieb.

Für die Geschädigte hatte sich das offenbar anders dargestellt: Sie berichtete, wie ihr der Angeklagte vor ihrem Sohn einen Heiratsantrag gemacht und immer wieder von einer gemeinsamen Zukunft gesprochen habe. Über ihre Herkunft sowie mittels seiner drei und fünf Jahre alten Kinder habe er sich ihr Vertrauen erschlichen und von seiner rachsüchtigen Ex-Freundin erzählt, wegen der nun all seine Konten mit mindestens 30 000 Euro gesperrt seien. Begründet hatte der 46-Jährige seinen hohen finanziellen Bedarf mit seiner soeben begonnenen Selbständigkeit. Die Germeringerin pumpte sich für den neuen Mann in ihrem Leben von ihren Eltern Geld, ließ ihren Dispokredit erhöhen und lieh sich schließlich noch 6000 Euro von ihren Kindern - bis sie ihre Miete nicht mehr bezahlen konnte und der Angeklagte sie zum wiederholten Mal versetzte. Selbst zu ihrer Geburtstagsfeier, an der sie ihn ihren Eltern vorstellen wollte, war er nicht gekommen. Also begann sie, im Internet nach seiner Festnetznummer zu forschen. Bis dahin hatte er ihr diese unter einem Vorwand vorenthalten. Die 44-Jährige wählte die Nummer und sprach plötzlich mit der angeblichen Ex-Freundin des Münchners, die seinerzeit noch mit diesem zusammen war. Bei einem Treffen habe sie von ihr erfahren, dass "er diese Masche bei mehreren Frauen durchgezogen hat". Die Germeringerin, deren Aussage von ihrer volljährigen Tochter gestützt wurde, hatte sich jede ihrer Zahlungen auf einer langen Liste notiert, welche sie nun dem Gericht vorlegte.

Die Staatsanwältin war von der Schuld des Münchners vollkommen überzeugt. Sie warf ihm vor, dass er "das Vertrauen der Frau erschlichen und dann maßlos für sich ausgenutzt hat", und beantragte eine Bewährungsstrafe von 22 Monaten, die Verteidigerin einen Freispruch. Der Vorsitzende sah den 46-Jährigen zweifellos als Betrüger überführt. Er verhängte neben der Bewährungsstrafe die Auflage zur Schuldenwiedergutmachung und zu 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

© SZ vom 11.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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