Theater:Abseits der Bühne

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Matthias Horbelt spielt den Protagonisten Dave, der vom Türsteher zum Ausstellungsaufseher wird und vom "Nipplejesus" fasziniert ist. (Foto: Ute Ville/oh)

Schaukasten inszeniert ein Hornby-Stück an mehreren Spielorten

Von Florian J. Haamann, Puchheim

Das Theater heraus zu holen aus dem Bühnenraum und neue Orte zu bespielen, das ist zwar kein neues Konzept, aber ein immer noch viel zu selten anzutreffendes. Umso mehr lohnt es sich, genau hinzuschauen, wenn ein Regisseur sich aus der Komfortzone Schauspielhaus bewegt hin zu außergewöhnlichen Spielorten. Und Johannes Kalwa hat sich nicht nur einen, sondern gleich fünf davon gesucht für seine Inszenierung von Nick Hornbys "Nipplejesus".

Der Wunsch, dieses Stück aufzuführen, schwirrt Kalwa schon seit zehn Jahren im Kopf herum, wie er erzählt. Aber da sei es noch unmöglich gewesen, die Rechte zu bekommen. "Damals gab es einen richtigen Hype um das Stück. Die Rechte lagen bei verschiedenen Tourneebühnen, die es natürlich für andere geblockt haben." Nun aber habe sich vor einiger Zeit der Verlag bei ihm gemeldet und signalisiert, dass die Rechte wieder frei werden. Gemeinsam mit Michael Kaller vom Puchheimer Kulturzentrum hat Kalwa dann das Konzept entwickelt. "Die Idee einer kleinen Tournee hatten wir schon länger, aber es nicht so richtig in Gang gekommen. Aber mit 'Nipplejesus' haben wir was spektakuläres gefunden, das Zugkraft hat. Also haben wir gesagt, wir gehen es an", sagt Kalwa.

Das gewählte Stück eignet sich bestens für dieses Projekt, spielt es doch selbst mitten im Leben. Dave, ein ehemaliger Türsteher, will sich einen seriöseren Job suchen. Als er das Angebot bekommt, Museumswächter zu werden, sagt er zu, obwohl er von Kunst keine Ahnung hat. Sein Auftrag: Das provokante Bild "Nipplejesus" bewachen. Es zeigt, wie der Name schon sagt, eine Jesusdarstellung - zusammengesetzt aus Nippeln. Nach und nach bekommt Dave einen Zugang dazu, verteidigt es mit vollem Körpereinsatz. Der Zuschauer erfährt von all dem nur durch die Erzählung des Protagonisten, der auch der einzige Schauspieler ist.

Bedingt durch die verschiedenen Spielorte und die Raumverhältnisse vor Ort, verzichtet Kalwa auf ein großes Bühnenbild und große Effekte. Der Schauspieler Matthias Horbelt soll die Zuschauer direkt ansprechen, sie in eine Dialogsituation versetzen. Das kommt Kalwas Arbeitsweise aber durchaus entgegen. "Ich gehöre eher zur abstrakten Fraktion. Ich glaube, wenn sich die Zuschauer voll auf den Schauspieler einlassen, kann er ihre Fantasie lenken. Ich arbeite deswegen lieber mit dem Raum, als mit dem Hintergrund. Es braucht ein, zwei Objekte, die den Raum definieren und die dann den Schauspieler unterstützen." Gerade bei Einpersonen-Stücken sei das besonders wichtig. Alles, was die Aufmerksamkeit vom Schauspieler weg lenkt, macht ihm das Leben schwer, ist sich der Regisseur sicher.

Das Stück komme so einer Arbeitsweise aber auch sehr entgegen. "Wenn es ein Faustmonolog wäre, bräuchte es wahrscheinlich ein ganz anderes Setting. Aber 'Nipplejesus' ist sehr zugänglich, weil Dave nichts macht, was für den Zuschauer nicht komplett nachvollziehbar ist. Jeder versteht seine Positionen. Das macht das Erlebnis für das Publikum besonders intensiv." Und so hofft Kalwa, der erst Physik und dann Theaterwissenschaft studiert hat, dass dieses Projekt auch Leute anlockt, die sich sonst (noch) nicht so für Theater begeistern. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass solche besonderen Inszenierungen Hürden im Umgang, auch mit konventionellen, abbauen können." Der Besucher könne an so einem Abend die Energie fühlen, die Direktheit, seine aktive Rolle sowie die Beziehung zwischen ihm und dem Schauspieler, die Theater etwa vom Kino unterscheidet.

"Nipplejesus", Inszenierung vom Schaukasten Puchheim, Premiere an diesem Donnerstag von 20 Uhr an, Alte Schule Puchheim. Weitere Termine: 20. Januar, Stamps/JUZ Puchheim, 18 Uhr, 25. Januar Zap, 19 Uhr, 30. Januar, Stadtbibliothek, 19 Uhr, 4. Februar, Puc, 19 Uhr.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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