SZ-Serie Energiewende (Teil 4):Kaum Geld und Platz für Energieprojekte

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Der Umweltbeirat hält den Nachholbedarf in Germering für sehr groß, viele Gebäude müssen saniert werden.

Von Andreas Ostermeier

In Germering besteht offenbar großer energetischer Sanierungsbedarf. (Foto: Johannes Simon)

Besucher des Rathauses von Germering kennen das LED-Laufband über der Aufzugstür. In gelben Buchstaben und Zahlen ist dort zu lesen, was die Solaranlage auf dem Dach des Kommunalgebäudes an Strom produziert. Seit zwölf Jahren leuchtet die Anzeige im Rathausfoyer, die Solaranlage hat in dieser Zeit einigen Strom geliefert, der ins Netz eingespeist worden ist. Ein gutes Jahrzehnt alt ist auch die Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Eislaufhalle. Vor allem die Förderung der erneuerbaren Energien durch die rot-grüne Bundesregierung zu Beginn des Jahrtausends war Anlass für die Installation vieler Solaranlagen. In den vergangenen Jahren ist allerdings wenig Neues in der größten Landkreiskommune hinzugekommen.

In Germering gebe es kaum Dächer im Besitz der Stadt, auf denen sich das Anbringen einer Solaranlage rechne, sagt Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU). Seine Aussage stützt er auf eine Untersuchung. Nur einen kleinen Lichtblick gibt es: Die Stadt wird auf dem Dach des geplanten Blockheizkraftwerks im Gewerbegebiet-Nord eine Fotovoltaikanlage installieren lassen.

Auch der Ausbau anderer Formen von erneuerbaren Energien dümpelt vor sich hin. Für die Errichtung eines Windrads steht lediglich eine kleine Fläche im Nordosten des Stadtgebiets zur Verfügung. Ob die sich eignet, das heißt, ob dort in 200 Meter Höhe genug Wind geht, das ist aber laut dem Oberbürgermeister noch nicht geklärt. Eine Zeitlang setzte die Stadt auch auf Geothermie. Doch um die Wärme aus der Erde ist es ruhig geworden. Das bestätigt auch Roland Schmid, Leiter der Stadtwerke Germering: "Der Hype ist abgeklungen." Dennoch hofft er weiterhin, einen Investor für die Bohrungen in die Tiefe zu finden. Momentan schlägt sich Schmid jedoch mit dem Vergaberecht herum, denn es ist nicht klar, ob die Suche nach einem Partner der Stadt für die Geothermie europaweit stattfinden muss. Schwierigkeiten hat nicht nur Germering. Schmid verweist auch auf den Nachbarn, die Landeshauptstadt München. Die kündige seit Jahren an, rund um die neue Heizzentrale in Freiham mit dem Bohren nach Erdwärme zu beginnen. Doch bislang sei nichts passiert, sagt der Stadtwerke-Chef.

Wenig Platz für Fotovoltaik, kein Investor für die Geothermie und kaum Platz für Windkraft: Wie will Germering seinen Teil dazu beitragen, dass der Landkreis sein Ziel erreicht, bis zum Jahr 2030 unabhängig zu sein von der Verbrennung fossiler Energieträger wie Öl oder Kohle? Norbert Knöckelmann vom örtlichen Bund Naturschutz übt Kritik an der Stadt. Die schafft seiner Meinung nach viel zu wenig Anreize für die Einwohner, Energie zu sparen, und dies, obwohl es in Germering viele Gebäude aus den Sechziger- und Siebzigerjahren gibt, die energetisch saniert gehören. So bietet das Rathaus kein nennenswertes Programm für Hausbesitzer, wie das andere Städte und Gemeinden tun. Wer die eigenen oder vermieteten vier Wände dämmen möchte, kann nicht mit einer Unterstützung durch die Stadt rechnen.

Oberbürgermeister Haas räumt dies ein und verweist zur Erklärung auf die städtische Finanzlage. Knöckelmann, der auch im Umweltbeirat der Stadt sitzt, kennt die klamme Kassenlage. Doch ebenso sicher ist er, dass eine nennenswerte Einsparung von Strom und Wärmeenergie nur zu erreichen ist, wenn die Einwohner mitmachen. Die Stadträte fordert er deshalb auf, darüber nachzudenken, ob der Etat zu Gunsten des Erreichens der Klimaziele verändert werden könne.

Doch Knöckelmann hat auch Lob für die Stadt parat. So befürwortet er die Absicht, einen Mitarbeiter der Stadtverwaltung damit zu betrauen, die Energieeffizienz der städtischen Gebäude zu prüfen. Haas verspricht sich von diesem Vorhaben ebenfalls etwas. Einen Probelauf des sogenannten kommunalen Energiemanagements gebe es bereits, sagt er, nämlich in der Kleinfeldschule. Dieses Gebäude werde daraufhin untersucht, wie die Schule mit weniger Strom und Wärmeverlust betrieben werden könne. Zudem führt der Oberbürgermeister die energetischen Sanierungen an, die beispielsweise an der Theresen-Grundschule unternommen worden sind. Die Dämmung von Wänden oder das Auswechseln von Fenstern hat sich die Stadt bislang viel Geld kosten lassen.

Mittlerweile haben sich Mitarbeiter des TÜV die Stadthalle angesehen, um Vorschläge für eine Optimierung des Energieverbrauchs zu machen. Damit entspricht die Stadt auch einer Kritik der Umweltschützer wie Knöckelmann, der die Stadthalle als "energetisch völligen Quatsch" bezeichnet. Sie ist für ihn ein Beispiel für die Gebäude, die in vergangenen Jahrzehnten errichtet wurden, ohne auf umweltpolitische Forderungen einzugehen. Nun müssten die Versäumnisse mit viel Geld ausgeglichen werden, sagte Knöckelmann.

Mit der Innenstadtentwicklung versucht Germering, den Autoverkehr zu verringern. Ein paar Mobilitätsangebote werden gemacht: So soll von Dezember an ein Bus die Einkaufsmeile zwischen Rathaus und dem Waldfriedhof an der Otto-Wagner-Straße befahren. Den kann benutzen, wer Besorgungen machen möchte. Auch für die Fahrradfahrer soll es attraktiver werden, in der Germeringer Mitte unterwegs zu sein. Doch vor der letzten Konsequenz scheute eine Stadtratsmehrheit aus CSU und Grünen zurück. Sie will den Kleinen Stachus nur so weit verändern, dass seine bisherige Funktion für den Autoverkehr erhalten bleibt. Die SPD hingegen setzte sich dafür ein, eine der fünf Straßen von dem Platz vor der Kreissparkasse abzuhängen, um die Durchfahrt der Stadt von Süd nach Nord (oder umgekehrt) weniger attraktiv zu machen, unterlag aber.

Germering hat noch einen weiten Weg vor sich bis zur Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Haas sieht die Stadt "in manchen Punkten gut dabei", will sich aber nicht mit anderen Kommunen vergleichen. Die Aussicht auf die Zukunft überlässt er Stadtwerke-Leiter Schmid. Der hofft auf Geothermie aus dem Süden der Stadt und Fernwärme aus dem Norden, wo das Blockheizkraftwerk entstehen soll, das man mit Biogas betreiben will. Auf diesem Projekt liegt momentan das Augenmerk der Stadtpolitiker.

© SZ vom 06.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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