Ortsentwicklung in Türkenfeld:Ein Dorf muss zum Streitschlichter

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In Türkenfeld trauen sich Lokalpolitiker und engagierte Bürger nicht mehr über den Weg. Deshalb steht der Ortsentwicklungsprozess vor dem Aus. Eine Klausur ist die letzte Chance.

Manfred Amann

Die Dorferneuerung in Türkenfeld steht zum zweiten Mal vor dem vorzeitigen Aus. Das von der Gemeinde Türkenfeld in Zusammenarbeit mit dem Amt für ländliche Entwicklung (ALE) angestrebte Projekt könnte an heftigen Streitigkeiten unter den Akteuren aus der Bürgerschaft und den Ortspolitikern scheitern. Einen Antrag von CSU-Gemeinderat Manuel Müller, die Maßnahme bis nach den Kommunalwahlen 2014 auszusetzen, hat der Gemeinderat am Mittwochabend mit zwölf gegen vier Stimmen abgelehnt. Nun soll eine für das letzte Januar-Wochenende angesetzte moderierte Klausurtagung in Eresing verhindern, dass die Dorferneuerung im Sande verläuft.

Idyllische Fassaden und viel Misstrauen: die Ortsmitte von Türkenfeld. (Foto: Günther Reger)

Wie Bürgermeister Pius Keller (CSU) aus einer Besprechung mit Vertretern des Amts für ländliche Entwicklung berichtete, müssen sich die Kontrahenten zusammenraufen, "sonst ist es aus". Ziel der Klausurtagung sei es, die zwischenmenschlichen Beziehungen zu verbessern und die Organisationsstruktur zu überarbeiten. "Sollte dies nicht gelingen, dann wird die ALE in Türkenfeld keine Dorferneuerung durchführen", mahnte Keller und appellierte an Gemeinderäte und beteiligte Bürger, die Chance zu nutzen, in der Klausur zu einer gemeinsamen Linie zu kommen.

Müller indes ist überzeugt, dass das Treffen nichts bringen wird. "Sicher wird dort ein Kompromiss gefunden und man wird sich wieder einmal gegenseitig zusichern, fair miteinander umzugehen", sagte der Christsoziale, "aber Wochen später wird wieder gestritten wie vorher, weil keiner aus seiner Haut raus kann." Ein "Weiter so" könne es mit der jetzigen personellen Konstellation und Organisationsstruktur nicht geben. Es fehle an gegenseitigem Vertrauen.

Während des laufenden Prozesses sei es zu vielen Vorwürfen und Unterstellungen gekommen, die man nicht so einfach vom Tisch wischen könne. Daher sei es ratsam, Ruhe reinzubringen. Müller schlug vor, die Dorferneuerung vorerst nicht weiter zu verfolgen und erst wieder anzupacken, wenn sich nach den Wahlen 2014 der neue Gemeinderat konstituiert hat. Bis dahin sollten sich die Lokalpolitiker mit Themen wie Kinderkrippe und DSL-Versorgung befassen.

Er habe sich als Gemeinderat zur Verfügung gestellt, um das Dorf voranzubringen, nicht aber, um sich anfeinden zu lassen oder von manchen zur "persona non grata" erklärt zu werden, nur weil er eine andere Meinung vertrete, sagte Müller. Er schlug vor, die Arbeitskreise, die konstruktive Vorarbeit geleistet hätten, aufzulösen und die Ideen zu übernehmen. "Manchmal ist es besser, einen Schritt zurück zu machen, um dann zwei Schritte weiter zu kommen", argumentierte er. Sein Antrag solle nur verhindern, dass die Dorferneuerung kippt.

Diese Gefahr sah Vizebürgermeisterin Claudia Glas (SPD) durch Müllers Antrag heraufbeschworen. Sollte der Gemeinderat diesem stattgeben, befand sie, wäre es ohnehin vorbei, weil sich die Klausur erübrige und damit die Chance vertan wäre, doch noch einen gemeinsamen Nenner zu finden. Ihr Vorschlag, vor der Entscheidung über Müllers Antrag die Klausur abzuwarten, wurde jedoch abgelehnt.

Die Mehrheit der Gemeinderäte teilte die Ansicht von Robert Müller (Dorfgemeinschaft), dass ein Aussetzen des Prozesses und die Auflösung der Arbeitskreise "jedes Engagement der Bürger für die Zukunft abtöten" würde. "Wir müssen uns disziplinieren", forderte dessen Fraktionskollege Stefan Zöllner. FW-Sprecher Helmut Hohenleitner meinte: "Wenn wir die Dorferneuerung wollen, dann müssen wird das tun, was wir sagen". Dieser Appell richtet sich an den Bürgermeister, der nach Aussage einiger der mehr als 30 Sitzungsbesucher mehrmals Abmachungen nicht umgesetzt haben soll.

Vielen Türkenfeldern, die meist dem Bürgerverein Dorfentwicklung angehören, kommt die Dorferneuerung zu langsam voran. Gemeinderäte beklagen wiederum, dass die Akteure zu viel Druck ausüben und vorschreiben wollen, wie die Dorfentwicklung auszusehen habe. Vor einigen Wochen stand das Vorhaben schon einmal auf der Kippe. Damals wollten alle Aktiven zurücktreten, weil der Gemeinderat ein Sozialforschungsinstitut hinzuziehen wollte. Der Beschluss war daraufhin wieder aufgehoben worden.

© SZ vom 11.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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